Wie 2015 konnte Lewis Hamilton nach dem Titelgewinn kein Rennen mehr für sich entscheiden - Ist das, was Hamilton zu verhindern ersuchte, nun doch eingetreten?
© Foto: LAT
Das Ende der Formel-1-Saison 2017 erinnerte an die Saison 2015, obwohl Lewis Hamilton eigentlich genau das verhindern wollte: In den letzten drei Rennen wollten dem Mercedes-Piloten, der sonst Triumphe am Fließband einfuhr, keine Siege mehr gelingen. Und das, obwohl er selbst angekündigt hatte, dass er genau das verhindern wollte. In Mexiko durfte er nach der Startkollision noch über seinen vierten WM-Titel jubeln, in Brasilien folgte der Fahrfehler im Qualifying, in Abu Dhabi musste er sich Rang zwei begnügen.
Haben sich die Ereignisse von vor zwei Jahren also wiederholt, als Nico Rosberg die letzten drei Rennen gewann? Toto Wolff glaubt: Nein. "Ich glaube nicht, dass hier 2015 passiert ist. Er hatte einen Unfall im Qualifying nach seinem Titelgewinn. Wo das herkam, weiß ich auch nicht, aber diese Jungs gehen bis ans Limit. In Abu Dhabi hat er sich sehr gut verkauft, bis das Qualifying auf dem Programm stand. Und dann hat es Valtteri einfach hinbekommen. Ich denke, man muss anerkennen, dass das einfach sein Wochenende gewesen ist."
Hamilton: Besser als 2015
Rosberg selbst sieht das ein bisschen anders. "An diesem Wochenende haben wir nicht den besten Lewis gesehen. Die Meisterschaft ist im Kasten und da geht die Motivation ein bisschen in den Keller. Ich habe das ja selbst erlebt", sagt der entthronte Weltmeister bei 'Sky'. Und selbst Hamilton gibt zu: "Ich habe dieses Jahr mein Bestes gegeben, nicht abzufallen, aber ich habe auch ein paar andere Dinge gemacht - ja, auch viel gefeiert."
"Ich denke, in den vorigen Jahren habe ich mehr abgebaut als jetzt", relativiert er aber sofort. "Ich denke, ich bin noch immer ziemlich gut gefahren. Ich würde nicht sagen, dass es 100 Prozent war wie vor dem Titelgewinn. Was soll ich sagen? Wenn man gewonnen hat, hat man gewonnen. Da kommt es auf die letzten beiden Rennen nicht mehr an." Wolff sieht es ähnlich: "Er hat die ganze Saison keine Fehler gemacht und dann ist es ihm in Interlagos passiert. Mir ist es lieber, wenn das nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft geschieht als zuvor."
Für Valtteri Bottas gab es in Abu Dhabi hingegen ein Licht am Ende des Tunnels. "Das ist wirklich wichtig für mich nach den Problemen, die ich nach der Sommerpause hatte" sagt der Finne. "Ich habe das Gefühl, dass ich dank harter Arbeit mit dem Team viele Dinge verbessern konnte. Ich bin unter bestimmten Bedingungen besser gefahren als zuvor. Das ist die Hauptsache für mich und das gibt mir Zuversicht für die kommende Saison. Es wäre schön, in Melbourne so wie hier weiterzumachen."
Bottas: Motivationsschub zum richtigen Zeitpunkt?
Auch Rosberg sieht gute Perspektiven für seinen Nachfolger: "Valtteri hat es wirklich nicht leicht. Er kommt ins Team gegen einen Lewis Hamilton, der in der Form seines Lebens ist. Ich denke, er hat eine gute erste Saison abgeliefert. Ja, er hatte seine Aufs und Abs, die er ausbügeln muss. Aber wenn man sich seine guten Rennen ansieht, hat er eine gute Pace gezeigt."
Gesetzt den Fall, dass Bottas seine Form wirklich ins neue Jahr mitgenommen hat, könnte es in der Formel-1-Saison 2018 zu neuerlichen Spannungen im Team kommen? Wolff bleibt gelassen: "Ich denke nicht, das wir eine solche Situation vollkommen vermeiden sollten. Wir müssen einsehen, dass es immer eine Rivalität gibt, wenn zwei Fahrer um Rennsiege um Weltmeisterschaften kämpfen können."
Er erinnert daran, dass die Formel 1 kein Kuschelkabinett ist: "Wir versuchen ja hier nicht, eine Familie aufzubauen. Wir wollen ein möglichst effektives Rennteam sein. Und ein effektives Team braucht Spannung, Stress und Zerrüttung genauso wie es Ruhe und eine positive Einstellung benötigt. Wie überall im Leben will man eine Kombination aus beidem. Das ist wahrscheinlich das beste Rezept für den Erfolg."