Wieso Lewis Hamilton überzeugt ist, dass ihn Rivale Sebastian Vettel mehr hasst als umgekehrt, und wer ihn bei seiner psychologischen Kriegsführung inspiriert
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Nach dem Rammstoß von Baku ist klar: Lewis Hamilton und Sebastian Vettel werden in diesem Leben keine Freunde mehr. Dennoch will der Brite von seiner Seite nicht von einem Hassduell sprechen. "Ich denke, dass er mich manchmal mehr hasst als ich diese Gefühle für ihn hätte", beschreibt der Mercedes-Star, der in Mexiko seinen vierten WM-Titel holte und so mit dem großen Rivalen gleichzog, die Beziehung zu Vettel.
Er selbst wolle negative Gefühle wie Hass nicht in sein Leben lassen. "Ganz egal, was geschrieben wird oder was die Leute sagen, habe ich es geschafft, eine Mauer aufzubauen, wo all das Negative abprallt", erklärt Hamilton seine Herangehensweise. "Ich bin der Meinung, dass am Ende die Liebe und das Positive über alles siegt."
Tatsächlich hatte Hamilton dieses Jahr nach Vettels Rammstoß in Baku seine Emotionen im Griff und wirkte mental ausgeglichen, was in früheren Karrierejahren kaum jemand für möglich gehalten hätte, denn gerade Hamiltons Nervenkostüm galt lange als fragil. Trotz allem macht der 32-Jährige kein Hehl daraus, dass er auch mit mentalen Tricks arbeitet, denn der Kampf auf der Rennstrecke spielt sich seiner Ansicht nach im Kopf ab.
Psychokrieg: Wovon sich Hamilton inspirieren lässt
"Sebastian und ich sind keine 20 mehr, und wenn man Tennis oder Golf schaut und die großen Spieler sieht, dann wird klar, dass sich alles im Kopf abspielt", sagt Hamilton. "Den Kopf kannst du kontrollieren, nicht die Dinge rundherum. Es gibt da dieses berühmte Sprichwort aus 'Art of War' (Die Kunst des Krieges von Sunzi, ältestes Buch über Strategie 500 Jahre vor Christus; Anm. d. Red.): 'Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.' Ich schaue mir Sebastian an, weiß, was er in den vergangenen Jahren erreicht hat, wie konstant er war, wo seine Stärken und Schwächen und die seines Autos sind."
Hamilton bemüht sich, selbst in den Momenten der Niederlage den mentalen Krieg gegen seinen Rivalen nicht außer Acht zu lassen. "Man muss sich nur Rafael Nadal anschauen", holt er aus. "Die Gelassenheit, die diese Leute im Laufe eines Spiels zeigen, wie sie sich nach einem Sieg oder einer Niederlage geben - das sind für mich Vorbilder und das inspiriert mich."
Man darf gespannt sein, wie das Duell der beiden Rivalen in der kommenden Saison weitergehen wird. Denn nun haben Vettel und Hamilton vier Titel auf dem Konto, der Brite könnte also im direkten Duell die Führung übernehmen. Und wer Vettel kennt, der weiß, wie wichtig dem Ferrari-Piloten Statistiken und Rekorde sind.
2018 geht es um die Formel-1-Vorherrschaft
Doch auch Hamilton outet sich als Statistikfreak: "Er hat jetzt seine 50. Pole geholt, und da habe ich mir gedacht: Ich will ihm keine Poles mehr überlassen, denn er kommt mir immer näher." Zum Vergleich: Der Mercedes-Star hält derzeit bei 72 Pole-Positions. "Das insiriert mich, weiter Druck zu machen. Und das gleiche gilt für die Siege und Weltmeisterschaften. Außerdem bleibt er nun drei weitere Jahre bei Ferrari. Daher denke ich mir, dass mich Ferrari in den kommenden Jahren nicht mögen wird."
Dennoch freut er sich auf die Herausforderung - und hofft, dass andere Piloten ebenfalls in den Kampf eingreifen werden. Als ersten Kandidaten dafür sieht er den Sieger von Mexiko, Max Verstappen. "Er ist seit einiger Zeit die größte Entdeckung in der Formel 1, und wir werden noch viele Kämpfe austragen. Hoffentlich werde ich in seiner frühen Phase eine harte Nuss für ihn sein."