Eric Boullier beschreibt die unpolitische Atmosphäre in der Fabrik in Enstone und will sich dafür hüten, seinem Piloten irgendwelche Vorschriften zu machen
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Mit großer Sicherheit gibt es im Motorsport-Geschäft pflegeleichtere Angestellte als Kimi Räikkönen. Der Finne, der mit seiner teilweise eigenwilligen Art schon bei Ferrari aneckte, ist auf der Strecke zweifellos ein Ass - das hat er nicht erst beim Formel-1-Saisonauftakt am Sonntag in Melbourne unter Beweis gestellt. Zum Gesamtpaket gehört aber auch ein Räikkönen, der sich im Team heimisch und verstanden fühlt. Eric Boullier will herausgefunden haben, wie er dieses Ziel erreichen kann.
Der Lotus-Teamchef erklärt die Philosophie in Enstone: "Es stimmt, dass die Umgebung, die wir ihm bieten, eine ist, bei der wir die Leute in ihrer Kreativität und ihrer Selbstentfaltung fördern", meint er im Gespräch mit 'Autosport' über die Stimmung in der britischen Formel-1-Fabrik, in der alle Angestellten in der selben Kantine essen. Boullier sieht den Schlüssel zum Erfolg auch darin, sich aus den politischen Scharmützeln der Formel 1 herauszuhalten. Sie haben in der jüngeren Vergangenheit zugenommen.
Der Franzose ergänzt eine wichtige Maßnahme: "Und für Kimi beschränken, was er hasst." Das sind wohl in erster Linie Fremdbestimmung und Vorschriften, wie Boullier ausführt: "Ich glaube nicht, dass es auf der Erde irgendjemanden gibt, der Kimi erzählen kann, war er zu tun und zu lassen hat. Ich bin bestimmt derjenige, der damit anfängt." Narrenfreiheit für den Starpiloten also, die für alle Mitarbeiter gilt: "In Enstone wissen sie, was sie machen müssen. Wir haben gute Leute und es funktioniert", spricht Boullier seinen Mitarbeitern das Vertrauen aus.
Er weiß auch, dass Räikkönen sich am besten selbst aus dem Schamassel zieht, wenn es mal nicht läuft: "Kimi hat sich im vergangenen Jahr selbst aufgebaut", erinnert der Teamchef an eine starke zweite Saisonhälfte. "Er beginnt das Jahr so, wie er das vergangene beendet hat. Wir können von ihm Stärke erwarten", prognostiziert Boullier, der mit seinen Aussagen sonst eher zurückhaltend geworden ist: Er zählt Lotus (noch) nicht zu den Topteams und ist auch bei den WM-Ambitionen vorsichtig.