Marko: Vettel unter Druck stärker

, 26.09.2012

Der Red-Bull-Motorsportkonsulent lobt die geistigen Kapazitäten von Sebastian Vettel, sieht bei den Leistungen aber noch "Spielraum nach oben"

Mit dem Sieg in Singapur hat sich Sebastian Vettel zum größten Herausforderer von WM-Leader Fernando Alonso herauskristallisiert. Der Titelverteidiger liegt nach 14 von 20 Rennen nur noch 29 Punkte hinter dem Spanier, der seit Hockenheim nicht mehr gewinnen konnte. "Wenn wir die mentalen Fähigkeiten der beiden vergleichen, dann muss man feststellen, dass Sebastian mit Alonso einsam an der Spitze steht", stellt Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko gegenüber der 'FAZ' fest. "Je größer der Druck, desto besser reagiert er darauf, desto besser werden seine Ergebnisse."

"Er weiß, was er will, und er weiß, wie man das erreicht. Wenn er einen Schwachpunkt entdeckt, dann arbeitet er intensiv daran, bis der Schwachpunkt beseitigt ist", lobt Marko, der nach der Kritik für Vettels Qualifyings nun versöhnlichere Aussagen macht. Besonders die geistigen Kapazitäten von Vettel begeistern den Österreicher: "Natürlich hat er ein außergewöhnliches Talent bei der Beherrschung des Autos. Aber es gibt einige, die sehr gut fahren können. Die Unterschiede spielen sich im Oberstübchen ab."

"Mit Sebastian kann man in jeder Situation über Funk reden. Wir hatten schon Fahrer, da musste man auf Antworten warten, bis die Strecke wieder schnurgerade war, bis der mal mitgekriegt hat, was wir wollten, und er antworten konnte. Wenn Sebastian mit 300 durch eine Kurve fährt, dann liegt diese Situation für ihn gedanklich schon in der Vergangenheit. Er fährt seinem Auto voraus", schildert Marko.

"Andere müssen alles an fahrerischem Können und Konzentration aufbringen, um überhaupt durch die Kurve zu kommen. Die haben keine Kapazität mehr für Gedankenspiele im Kopf", fügt er hinzu. Bei Red Bull wird bereits in einem frühen Stadium die psychische Belastbarkeit der Probanten auf die Probe gestellt: "Wir machen Reaktions- und psychologische Tests. Krass ausgedrückt muss man sagen: Der Dumme hat keine Chance."

Doch neben dem vielen Lob für Vettel erinnert sich Marko auch an Schwächen des Deutschen: "In der Anfangsphase war er zu ungeduldig. Ihm, aber auch uns als Team, hat die Reife gefehlt, etwa in Spa 2010, wo er bei einem Überholmanöver in Jenson Buttons McLaren hineingefahren ist. Wäre es ihm gelungen, dann wäre er zweifellos der Held gewesen. Es gab auch Situationen wie in Ungarn, als er souverän in Führung liegend nach einer Safety-Car-Phase einen Fehler machte, noch doller Dritter wurde trotz einer Durchfahrtsstrafe."

"Aber dann schaute er auf dem Podium so verdrießlich drein. Da habe ich ihm gesagt, dass viele hundert Leute für ihn arbeiten, dass für die meisten Fahrer so ein Ergebnis das Größte in ihrer Karriere wäre. Er müsse so viel Disziplin aufbringen und seinen Ärger hinunterschlucken", berichtet Marko. "Das hat er verstanden. Er hat schon Ehrgeiz, aber der muss produktiv sein."

In den 95 Formel-1-Rennen stand Vettel bisher 23 Mal ganz oben. Zudem durfte er sich bereits zwei Mal zum Weltmeister küren lassen. Marko sieht dennoch nach Luft nach oben: "Denn jetzt kommt noch die Erfahrung dazu. Er wird sich steigern können, ohne das Risiko erhöhen zu müssen, ohne das Material mehr zu strapazieren. Anders gesagt: Er wird in Zukunft noch schneller fahren können und gleichzeitig die Reifen mehr schonen. Da ist noch Spielraum nach oben."

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