Markus Duesmann : KERS-Unfall geklärt

, 21.08.2008

Nach dem KERS-Testzwischenfall hat BMW Sauber die entsprechenden Untersuchungen abgeschlossen. Markus Duesmann, Leiter Antrieb, erklärt die Zusammenhänge.

Was ist in Jerez genau passiert?

Markus Duesmann: Der Mechaniker hat beim Berühren des Seitenkastens und des Lenkrades einen Stromschlag erhalten. Es hat eine hochfrequente Wechselspannung zwischen diesen Berührpunkten bestanden. Die Ursache lag im KERS-Steuergerät, in dem es sporadisch ein Übersprechen [Unerwünschte Übertragungen von elektrischer Spannung
zwischen zwei Übertragungsmedien aufgrund induktiver oder kapazitiver Kopplung] vom Hochvolt- in das 12-Volt-Netz gegeben hat. Über die Leitungen des 12-Volt-Netzes ist die Spannung zum Lenkrad und über das Karbon-Chassis zurück zum Steuergerät gelangt.

Bestand für den Mechaniker und den Fahrer eine ernsthafte Gefährdung?

Markus Duesmann: Nein, da die übertragbare Energie bei diesem Übersprech-Effekt gering ist. Die Energie reicht jedoch aus, um eine sehr schmerzhafte Reaktion hervorzurufen. Der Fahrer war durch seinen Rennanzug und die Handschuhe gegen das Fahrzeug isoliert und somit nicht gefährdet.

Warum hat die Untersuchung so lange gedauert?

Markus Duesmann: Der Übersprecheffekt war zunächst am Fahrzeug nicht reproduzierbar, da es sich um einen sporadisch aufgetretenen Fehler des Steuergerätes handelt. Aufgrund der sehr hohen Frequenz der sich ergebenden Spannung am Lenkrad erkannten die Sicherheitsmechanismen und Datenaufzeichnungen den Fehler nicht. Mangels Daten mussten somit alle theoretischen Möglichkeiten systematisch untersucht und durch Versuche analysiert werden. Ferner äußert sich der Effekt nur unter bestimmten Rahmenbedingungen, die ohne erneutes Fahren des KERS-Versuchsfahrzeuges von Jerez reproduziert werden mussten. Außerdem musste ein Modell entwickelt werden, welches zwischen Lenkrad und Seitenkasten installiert wurde um die Eigenschaften des menschlichen Körpers als elektrisches Übertragungselement nachzubilden.

Welche Maßnahmen werden jetzt ergriffen, um das Problem zu beheben?

Markus Duesmann: Die sehr umfassende Analyse, die wir gemacht haben, hat neben den konkreten Maßnahmen auch weitere Empfehlungen ergeben, die für die Konzeption elektrischer KERS-Systeme sehr wertvoll sind. Zu den konkreten Maßnahmen gehören konstruktive Änderungen im Steuergerät zur Vermeidung von Übersprecheffekten, erweiterte Überwachungsfunktionen im Bereich hoher Frequenzen und eine leitende Verbindung der Chassis-Bauteile zur Vermeidung jeglicher Spannungspotenziale.

Was geschieht nun mit diesen Erkenntnissen?

Markus Duesmann: Wir haben die Sicherheitsanalyse inklusive Maßnahmen und Empfehlungen bereits der FIA zur Verfügung gestellt und werden die Erkenntnisse beim nächsten Meeting der Technical Working Group auch den anderen Teams zugänglich machen.

Wann findet der nächste KERS-Test auf einer Rennstrecke statt?

Markus Duesmann: Sobald alle erforderlichen Ergänzungen des Sicherheitskonzeptes umgesetzt sind, wird das Testprogramm fortgesetzt. Dies wird voraussichtlich im Herbst der Fall sein.

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