Massa am Scheideweg: Noch gut genug für Ferrari?

, 24.07.2012

Felipe Massa nimmt allmählich wieder an Fahrt auf, aber reicht diese Steigerung aus, um das Ticket für einen neuen Ferrari-Rennvertrag zu lösen?

Schnell war Felipe Massa schon immer. Doch in den vergangenen Jahren hat sein Ruf sehr gelitten. Vor allem, seit Fernando Alonso sein Teamkollege bei Ferrari ist. Der zweimalige Weltmeister stellte Massa rasch in den Schatten und eroberte die Herzen der Tifosi im Sturm - durch gute Leistungen auf der Rennstrecke, akribisches Arbeiten und souveränes Auftreten. Ganz im Gegensatz zu Massa.

Seit seinem Unfall vor fast genau drei Jahren - Massa verunglückte im Training zum Großen Preis von Ungarn 2009 schwer, als ihm eine Stahlfeder gegen den Helm knallte - tut sich der Brasilianer schwer, an seine frühere Form anzuknüpfen. 2010 stand Massa zwar auf Anhieb wieder auf dem Treppchen, aber eben gleich hinter Neuzugang Alonso, der in seinem ersten Ferrari-Rennen siegte.

Dieser Trend hielt an: Alonso hielt Massa teamintern klar in Schach, doch Ferrari sprach Massa im Juni 2010 erneut die Treue aus und verlängerte den Vertrag mit dem Rennfahrer aus Sao Paulo um weitere zwei Jahre. Und danach kamen Hockenheim und der berühmte Satz: "Fernando ist schneller als du." So zeigte Ferrari dem damals in Führung liegenden Massa öffentlich dessen Grenzen auf.

Wenig später ging die Formkurve des Brasilianers wieder nach unten. Nur in Monza und Yeongam stand Massa 2010 noch einmal auf dem Treppchen. Und seither wartet er darauf, endlich wieder an einer Formel-1-Siegerehrung teilzunehmen. Derweil fährt Alonso von einem Erfolg zum nächsten: WM-Zweiter 2010, WM-Vierter 2011 und WM-Spitzenreiter zur Halbzeit der aktuellen Rennsaison.

Und Massa? Der langjährige Ferrari-Pilot steht dieser Tage am Scheideweg. Genauer gesagt schon vor dem Großen Preis von Ungarn, der am Wochenende bei Budapest ausgetragen wird. Ferrari hat laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' nämlich noch bis zum 25. Juli 2012 die Möglichkeit, eine Option auf Massa zu ziehen und den 31-Jährigen für eine weitere Saison an das Team zu binden.

Es geht aufwärts, aber reicht das aus?

Sofern das gewünscht ist, versteht sich. Gut möglich, dass Ferrari noch etwas abwartet und Massa zappeln lässt. Auf diese Weise könnte sich die Scuderia bei den Vertragsverhandlungen vielleicht in eine bessere Position bringen und Massa - bei weiter durchschnittlichen Leistungen - das Gehalt von derzeit geschätzten 7,5 Millionen Euro pro Saison etwas kürzen, sofern er überhaupt bleiben darf.

Der Brasilianer präsentierte sich zuletzt zwar besser als über weite Strecken der vergangenen Jahre, doch fehlerfrei ist Massa trotzdem nicht unterwegs. In Kanada und in Deutschland leistete er sich jeweils einen Schnitzer, die ihn und das Team wichtige Punkte kosteten. Im Hockenheim-Qualifying blockierte er ausgerechnet seinen eigenen Teamkollegen. Dafür überraschte Massa in Großbritannien mit dem vierten Platz sehr positiv. Wohin geht also die Reise für den Ferrari-Piloten?

Massa selbst zeigt sich zuversichtlich. Er spüre eine Steigerung, sagt er - und das seit Monaco. Es gelinge ihm endlich, mit dem Ferrari konkurrenzfähig aufzutreten. "Das ist das Wichtigste", meint der 31-Jährige. "Zu Saisonbeginn hatte ich mich nicht sehr gut gefühlt, doch nach den ersten Rennen haben sich viele Dinge verändert." Zu seinen Gunsten, denn seine Formkurve stieg kürzlich steil an.

"Eine Familie": Ferrari übt sich in Zurückhaltung

Und mit den besseren Ergebnissen kommt auch das Selbstvertrauen zurück. Oder wie es Massa ausdrückt: "Es ist einfach, mit einem schlechten Rennen umzugehen, wenn du das Tempo hast. Wenn du dich im Nirgendwo bewegst, ist es ziemlich schwierig." Jetzt, wo er endlich wieder kämpfen könne, falle ihm vieles leichter. Ob das auch Ferrari überzeugt? Dort übt man sich in Zurückhaltung.

"Wir haben von Anfang an immer gesagt, dass sich viele Fahrer bei Ferrari bewerben, aber wir haben keine Eile", sagt Teamchef Stefano Domenicali. "Wir konzentrieren uns hundertprozentig auf unsere Arbeit." Man halte "als Familie" zusammen, meint der Italiener. "Und jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um über die Zukunft zu sprechen." Zumal Massa in den vergangenen Wochen verbessert schien.

Gut möglich, dass Ferrari den Brasilianer in den kommenden Wochen noch mehr unter Beobachtung stellt als bisher, um zu sehen, wie sich dessen Formkurve entwickelt. "Wir müssen daran glauben, dass Felipe gute Arbeit für das Team leisten kann", sagt Domenicali. "Darum sagen wir stets, dass es keinen Druck gibt. Denn er ist ein Teil von uns und wir werden ihn unter allen Umständen schützen, bis..." Und bricht den Satz ab.

Massa muss Leistung bringen

Im Gegenzug erwartet Ferrari einiges von Massa - Leistung. "Ich bin mir sicher, dass er uns das zurückgeben wird", meint Domenicali und verweist auf das Rennen in Hockenheim. Dort hatte Massa seinen Teamkollegen Alonso im Qualifying behindert, am Rennstart fuhr er sich den Frontflügel ab. "Seine Leistung war aber nicht schlecht", betont Domenicali. Punkte gab es dafür allerdings nicht.

Dabei ist es genau das, was Massa an der Schwelle zur zweiten Saisonhälfte liefern muss. Und dessen ist sich der Brasilianer bewusst: "In einer solchen Meisterschaft ist es sehr wichtig, zwei Autos zu haben, die Punkte einfahren. Jedes einzelne Ergebnis ist wichtig, weil es 2012 so eng zugeht. Schon ein Punkt könnte am Ende den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeuten."

"Von jetzt an ist einfach jedes einzelne Rennen wichtig", sagt Massa. Und das sehr wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht: Sollte Ferrari die Option auf Massa nicht ziehen, bleibt dem Formel-1-Routinier nur noch eine recht kurze "Galgenfrist", um Maranello von seinen Fähigkeiten zu überzeugen. Ein Platz auf dem Treppchen käme Massa da sicherlich gelegen. In Ungarn hätte dies sogar Symbolcharakter.

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