Nach sechs Motorenproblemen in zwölf Rennen macht Max Verstappen seinem Ärger Luft: Warum er nicht an Siege glaubt und wie sehr er unter der Lage leidet
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Max Verstappen hat die Nase voll. Nach seinem sechsten Ausfall in zwölften Saisonrennen wegen eines Motorproblems hat er das Vertrauen verloren, bald ein siegfähiges Auto zu haben. "Ich komme mit dieser Situation nicht mehr länger klar und bin kurz davor, dass es mir reicht", sagt der 19-jährige Red-Bull-Pilot. "Bei einem Topteam sollte so etwas nicht passieren. Ich habe nicht den Eindruck, dass es für diese Probleme eine schnelle Lösung gibt."
Alles, was er fordere, sei ein Paket, mit dem Siege möglich sind. "Aber das ist derzeit nicht möglich, und es wird noch eine ganze Weile dauern, ehe es möglich ist." Dem Niederländer ist bewusst, dass Red Bull diesbezüglich Antriebspartner Renault ausgeliefert ist und die Defekte nicht in den Bereich des Teams fallen. "Das Problem kommt nicht von Red Bull", nimmt er seinen Rennstall in der niederländischen TV-Sendung 'PetTalk' in Schutz. "Ich bin aber vom Paket abhängig."
Auch die Entschuldigungen von Renault will er nicht länger akzeptieren. Renault-Berater Alain Prost hat sich nach dem Ausfall für 70.000 niederländischen Fans in Spa persönlich entschuldigt. "Sie entschuldigen sich schon das ganze Jahr lang bei mir, aber das bringt mir nichts", zeigt sich Verstappen genervt. "Natürlich wollen sie, dass ich guter Dinge bleibe und weiter an sie glaube."
Warum Verstappen nicht an eine Renault-Lösung glaubt
Verstappen hält aber all das für schöne Worte und fürchtet weitere Probleme: "Wenn man den Grund kennt, dann kann man es auch lösen. Aber es ist jedes Mal etwas anderes, das kaputt geht. Und daher gibt es keine Lösungen."
Dazu kommt, dass die Probleme stets bei ihm auftreten, während Daniel Ricciardo einen Podestplatz nach dem anderen einfährt. "Das verstehe ich nicht", seufzt Verstappen. Die starken Ergebnisse des "Aussies", der in Baku sogar siegte, machen all das noch fustrierender. "Es ist schon das ganze Jahr lang so." Zumal der Youngster oft zeigt, dass er der schnellere Mann ist, wie Rennfahrer-Vater und Manager Jos Verstappen gegenüber 'Ziggo Sport' einwirft: "Er ist im Qualifying eine halbe Sekunde schneller als sein Teamkollege."
Doch welche Alternativen hat Verstappen nun? Während Teamkollege Daniel Ricciardo noch bis Ende der kommenden Saison unter Vertrag steht, gilt der Kontrakt des Niederländers sogar noch bis Ende 2019. Andererseits kann man einen Piloten, der nicht mehr fahren will, nicht dazu zwingen. Und der Frust ist enorm.
Marko: Verstappen kämpft mit der Motivation
Auf die Frage, ob er Alternativen habe, antwortet Verstappen: "Ich weiß es nicht. Es kümmert mich auch nicht so sehr. Es hat aber auch keinen Sinn, so weiterzumachen wie bisher." Auf die Frage, ob er Alternativen habe, zuckt er mit den Schultern: "Ich muss gar nichts tun." Um dann aber eine Kehrtwende vorzunehmen: "Was soll ich denn außerhalb der Formel 1 tun? Und ich habe immer noch Spaß, ich will nur nicht ständig ausfallen."
Dass Red Bulls Versprechen für die Zukunft die Hoffnung verliert, ist auch den Entscheidungsträgern beim einstigen Weltmeisterteam bewusst. Motorsportkonsulent und Fädenzieher Helmut Marko weiß, dass der Hut brennt. "Es wird immer schwieriger, ihn zu motivieren", gibt der Österreicher gegenüber 'Sky' zu. Verstappen wisse aber, dass Red Bull alles tue, um die Trendwende einzuleiten. "Vom Chassis her passt es ja, aber es ist keine angenehme Situation."
Red Bull trotz Vertrag mit Verstappen enorm unter Druck
Und auch Teamchef Christian Horner versucht Verstappen, bei Laune zu halten und bezeichnet die Situation als charakterbildend. "Das kann man immer sagen", ärgert sich Verstappen. "Aber irgendwann ist es genug. Ich brauche das nicht." Stattdessen würden ihn Siege stärker machen.
Läuft Red Bull trotz Vertrags Gefahr, seinen Piloten zu verlieren? "Erstens haben wir einen Vertrag mit ihm, zweitens ist bei Ferrari alles voll, drittens ist bei Mercedes alles voll", analysiert Marko die aktuelle Lage und sieht keine akute Gefahr. "Wo soll er hin? Derzeit sind wir das Beste, was übrig bleibt. Aber natürlich: Wenn es sich nicht ändert und er sich nach Vertragsende woanders umsieht, ist das mehr als verständlich."
Das bedeutet: Spätestens Anfang 2019, wenn sich die Weichen für die Zukunft stellen, muss Verstappen der absoluten Überzeugung sein, mit Red Bull Siege und Titel herausfahren zu können. "Ich will keine Glückssiege, ich will verdient gewinnen", stellt er klar. "Wir werden ihm nächstes Jahr ein gutes Auto geben", verspricht Teamchef Horner gegenüber 'Sky Sports F1'. Aber hilft das angesichts der Renault-Probleme überhaupt? "Red Bull müsste ein Auto bauen, das um sieben Zehntel schneller ist als alle anderen", denkt Verstappen laut. "Wie soll das gehen?"
Verstappen plant keinen vorzeitigen Absprung
Auch bei Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz schrillen längst die Alarmglocken. "Wir wissen, dass wir Max nicht werden halten können, wenn wir ihm in Zukunft kein siegfähiges Auto hinstellen können", sagt der Österreicher gegenüber 'Speedweek'. Er sieht aber in der Motorenfrage keine rasche Lösung: "Es hat sich für uns nichts geändert. Mercedes oder Ferrari bekommen wir nicht, Honda hilft uns nicht weiter."
Immerhin scheint Verstappen aber gewillt zu sein, den Red-Bull-Vertrag einzuhalten. Denn auf die Frage, wie es nun langfristig weitergehen solle, meint er schlicht: "Das sehen wir, wenn mein Vertrag ausläuft."