Rennleiter Eric Boullier meint, dass in der Antriebsfrage bei McLaren "alles möglich sei" und räumt Probleme bei der Zusammenarbeit ein
© Foto: xpbimages.com
Eric Boullier schließt es nicht mehr aus, dass McLaren und sein Antriebspartner Honda am Saisonende getrennte Wege gehen. Wie der Rennleiter des Formel-1-Traditionsteams im Gespräch mit 'La Derniere Heure' erklärt, sei die Zukunft der Zusammenarbeit offen: "Alles ist möglich", sagt Boullier und spricht davon, dass seine Truppe in eine "Position, in der tun können, was wir tun wollen", gelangen wolle. Das könnte bedeuteten, dass man einen Ausweg aus den Honda-Verträgen sucht.
Gerüchteweise ist zu hören, dass es in den Vereinbarungen leistungsabhängige Klauseln gäbe, die McLaren von seinen Pflichten entbinden, wenn es sich die Misere auf der Rennstrecke fortsetzt - dann hätten Zak Brown und Co. leichtes Spiel. In einem anderen Fall rechtlich gegen die Japaner vorzugehen sei nicht McLarens Wunsch, betont Boullier: "Bevor wir uns an einen Anwalt wenden, setzen wir uns an den Verhandlungstisch und versuchen, eine Lösung zu finden", so der Franzose.
Er unterstreicht ebenfalls, dass eine weitere Zusammenarbeit mit Honda im eigenen Interesse liegen würde: "Unsere Absicht ist es nicht, uns scheiden zu lassen. Am Ende treffe aber nicht ich die Entscheidung, sondern die McLaren-Inhaber." Der staatliche Investmentfond des Königreichs Bahrain, der 50 Prozent hält, sowie die TAG-Gruppe und der entmachtete Ex-Boss Ron Dennis (jeweils mit einem Viertel der Unternehmensanteile beteiligt) müssen also über Hondas Galgenfrist richten.
Solange die Zukunft offen ist, versucht McLaren zu retten, was zu retten ist. "Ich pendele zwischen Großbritannien und Japan, um mich einzubringen, aber es ist schwierig", stöhnt Boullier über die Zusammenarbeit mit dem Autogiganten. Mentalitätsunterschiede und Sprachbarrieren machen die Aufgabe nicht einfacher. "Es fällt schon Europäern allgemein schwer, sie zu verstehen", sagt Boullier über die Denke der Japaner, "aber für einen Motorsportler aus Europa ist es extrem knifflig."
Im Land des Lächelns kommt es nicht infrage, den Weg, den Branchenprimus Mercedes technisch eingeschlagen hat, zu kopieren. Es geht um eigene Lösungen. Sie sollen so gut und raffiniert sein, dass man selbst ein nicht zu kopierendes Produkt erhält: "Ihr Formel-1-Ansatz ist: Wenn alle Osten gehen, gehen wir nach Westen", erläutert Boullier. Der Grundsatz gelte für das ganze Land: "Es ist außergewöhnlich, scheint aber zu funktionieren, denn Japan ist noch immer eine große Weltmacht."
Es gibt eine zweite Übergangslösung, an der McLaren hinter den Kulissen basteln könnte: Wie im Fahrerlager erzählt wird, ist es denkbar, dass die Autos ab 2018 solange mit anderen Motoren ausgestattet werden, bis sich Honda mit seinem Neukunden Sauber in Form gebracht hat. Dazu passt eine weitere Andeutung Boulliers: "Statt der erwarteten drei Jahre könnten es sechs oder sieben werden. In der Zwischenzeit muss man überleben." Eventuell mit einem Mercedes-Kundendeal?
Die Gemütslage in Woking deutet darauf hin. "Solange wir Fortschritte erkennen, ist es in Ordnung. Aber rückblickend ist es so, dass es schwieriger wurde, uns zu motivieren und zu überzeugen, dass wir es schaffen", meint Boullier vor dem Hintergrund, dass der V6-Hybride Hondas in der laufenden Saison noch unzuverlässiger wirkt.
Dass McLaren die Reißleine zieht, könnte letztlich am Geld scheitern: "Man darf nicht vergessen: Wir zahlen nichts für diese Motoren", so Boullier. Im Gegenteil, Honda subventioniert das Team, während Mercedes es zur Kasse bitten würde. Dass die Frist der FIA zur Nennung eines Antriebsherstellers für die Saison 2018 seit Mitte Mai verstreichen ist, scheint da die kleinere Hürde.