Beim Start von Ferrari überflügelt, im Rennen die Bremstemperaturen am Limit: Warum Mercedes in der Frühphase der Formel-1-Saison 2016 nachlegen muss
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Mercedes hat zum Auftakt der Formel-1-Saison 2016 einen Doppelerfolg gefeiert. Nico Rosberg konnte den Grand Prix von Australien in Melbourne für sich entscheiden, Weltmeister Lewis Hamilton kam nach einer Aufholjagd noch auf Rang zwei. Also alles wie immer? Die Dominanz aus den beiden Vorjahren setzt sich also nahtlos fort? Auf dem Papier mag dieser Eindruck belegt sein, aber die Realität sieht dennoch etwas anders aus. Rosbergs Melbourne-Sieg hing am seidenen Faden, denn die vorderen Bremssättel überhitzen.
"Ich weiß gar nicht, ob ich darüber überhaupt viel sagen will. Es war so ein gutes Wochenende", erklärt Rosberg nach erfolgreicher Zieldurchfahrt. "Offenbar war Gummi in der Kühlung. Es war schwierig, das hinzubekommen und kritisch. Es bestand die Gefahr, abstellen zu müssen." Nach rund zwei Dritteln der Renndistanz signalisierten die Daten am Kommandostand große Gefahr. "Man darf es ihm nicht sagen", schildert Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff eine Auswirkung der neuen Einschränkungen beim Funk.
Rosbergs Renningenieur Tony Ross waren am Kommandostand die Hände gebunden. Der Fahrer konnte die Probleme in den Verzögerungsphasen spüren, nicht aber die Ursachen bekämpfen. Instinktiv reagierte der Rennsieger mit einer veränderten Bremsbalance auf die neue Problemstellung. "Es würde im Notfall im Cockpit einen Alarm geben. Wir waren wirklich extrem nah dran", so Wolff. Im Falle eines solchen Alarms hätte Rosberg seinen Wagen sofort abstellen müssen.
"Da sind uns die Temperaturen durch die Decke gegangen, wegen irgendeinem Mist, den wir da in der Bremse hatten. Es hat sich dann aber einigermaßen stabilisiert", berichtet der Mercedes-Rennleiter. "Es war ein Rennen, das für beide Piloten von Problemen bestimmt war", sagt der Österreicher weiter. Eine der größten Mercedes-Baustellen wurde beim Start in den Grand Prix deutlich sichtbar. Die Kupplung im Silberpfeil verhindert offenbar gute Beschleunigung aus dem Stand.
Kupplung im Ferrari beißt früher zu
"Wir müssen es genau anschauen. Wir hatten vor dem Rennen die Befürchtung, dass wir etwas mit der Kupplung haben. Ich weiß nicht, ob sich das dann beim Start bewahrheitet hat, oder ob es etwas anderes war", so Wolff über ein Problem, das schon in der Saison 2015 mehrfach zutage getreten war. "Ja. Das ist unsere Schwachstelle. Das müssen wir in Ordnung bringen." Kurios: Beide Piloten empfanden ihre Starts als "sehr gut".
"Ich stand halt auf der schmutzigen Seite", argumentiert Rosberg. Von der sauberen linken Seite habe Ferrari-Pilot Sebastian Vettel "einen Raketenstart" machen können. Warum gelang dies Lewis Hamilton nicht, der auf eben jener Seite auf der Pole-Position gestanden hatte? "Da gab es kein spezielles Problem. Ferrari ist einfach sehr, sehr stark", erklärt der amtierende Champion die Situation beim Start, die Vettel sofort die Führung im Rennen bescherte.
"Sie haben es schon in der zweiten Jahreshälfte 2015 geschafft, die Kupplung schneller kommen zu lassen. Es muss jetzt ganz oben auf unserer Agenda stehen, sicherzustellen, dass Ferrari nicht die besseren Starts hat", fordert Hamilton eine schnelle Reaktion auf den vermuteten technischen Nachteil. Der vergleichsweise schwache Start der Silberpfeile hat nach Aussage des Briten "rein gar nichts damit zu tun, dass wir nur noch einen Kupplungshebel bedienen".
"Sein Start war letztlich um einige Meter - so messen wir das - schlechter als der von Nico", ist Wolff aufgefallen. Hamilton war in Folge des Getümmels in der ersten Kurve, die er trotz Pole-Position nicht als Erster durchfahren konnte, auf Rang sieben zurückgefallen. Der Mercedes-Motorsportchef fordert technische Nachbesserungen: "Ich bin ehrlich gesagt aber nicht ganz sicher, ob es sich dabei um ein Hardware- oder Software-Problem, die Kalibrierung oder die Reaktion handelt."