Lewis Hamiltons Silverstone-Zauber reicht für die Pole-Position - Red Bull in Lauerstellung - Paul di Resta und Daniel Ricciardo mit überraschenden Leistungen
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Die britischen Formel-1-Fans wurden für den wenig unterhaltsamen Trainingsfreitag in Silverstone heute ordentlich entschädigt: Nicht nur, dass das Wetter diesmal mitspielte, stand am Ende mit Lewis Hamilton auch einer der vier "Local Heroes" vorne. Der Mercedes-Pilot entschied das teaminterne Pole-Position-Duell gegen Nico Rosberg überraschend klar für sich.
"Es ist unglaublich, genauso schön wie 2007!", jubelt Hamilton. "Das Auto wird immer besser. Ich habe an diesem Wochenende ein hundertprozentiges Vertrauen in mein Auto. So konnte ich diese Runde fahren." Dem Briten gelang das Kunststück, in allen drei Sektoren Bestzeit zu erzielen - und noch dazu, genau wie auch Rosberg, mit gerade mal zwölf Runden (also sehr reifenschonend) durch das Qualifying zu kommen.
Nachdem Rosberg in den Freien Trainings Bestzeit erzielt hatte, deutete Hamilton schon mit seiner Bestzeit in Q1 an, dass er beim Heimspiel Großes vorhat. Das konnte er im entscheidenden Moment auch umsetzen: Bereits nach dem ersten Q1-Run lag er in Führung - und auf seine Pole-Position-Zeit von 1:29.607 Minuten hatte im Finish keiner mehr eine Antwort. Auch nicht Sebastian Vettel, dem als Dritter 0,604 Sekunden fehlten.
Vettel im Qualifying gegen Mercedes chancenlos
"Mehr als der dritte Platz war heute nicht drin", meint der Red-Bull-Pilot anerkennend. "Die zwei Mercedes hatten einen unglaublichen Speed - irgendwas haben die, was geht wie die Feuerwehr! Aber ich bin eigentlich ganz zufrieden." Vor allem im Hinblick auf den Rennsonntag, denn: "Die Rennsimulationen haben gepasst und mit den Reifen haben wir auch ganz gut hausgehalten. Vielleicht können wir ja einen Mercedes gleich am Start schnappen."
Vettels Teamkollege Mark Webber schob sich mit seinem letzten Run kurzzeitig auf Platz zwei, wurde aber noch von Rosberg und Vettel auf Rang vier verdrängt. Dahinter kam es zum erwartet engen Kampf um die weiteren Plätze. Bester Top-4-Verfolger: Paul di Resta auf Force India, eine halbe Sekunde hinter Webber - und nur 21 Tausendstel vor Daniel Ricciardo (Toro Rosso), dem großen Überraschungsmann des heutigen Tages.
So weit vorne stand ein Toro Rosso in dieser Saison noch nie. "Dieser sechste Platz ist die bisherige Krönung des Wochenendes", jubelt der Australier, der ein nachdrückliches Empfehlungsschreiben in Richtung Red Bull abliefert. Besonders wichtig für ihn, dass er Teamkollege Jean-Eric Vergne (13.) klar geschlagen hat. Der Franzose hatte Pech: "Ich bin beim entscheidenden Versuch in einer schnellen Kurve zu weit nach außen und von der Strecke abgekommen."
Lotus und Ferrari unter ferner liefen
Verlierer im teaminternen Duell, aber trotzdem guter Siebter wurde Adrian Sutil, der in der Entscheidung nur um eineinhalb Zehntelsekunden langsamer war als di Resta. Hinter sich ließ der drittbeste Deutsche das Lotus-Duo Grosjean/Räikkönen und Fernando Alonso im Ferrari, der schon das ganze Wochenende keinen Speed findet. "Der Lotus und der Ferrari sind gut im Rennen, aber hier sind sie einfach nicht schnell genug", analysiert Experte Marc Surer.
Für Kimi Räikkönen wurde sogar der Q3-Einzug zur Zitterpartie, als er sich mit seiner letzten Runde im zweiten Abschnitt gerade noch auf Platz zehn retten konnte und somit Jenson Button (McLaren) verdrängte. Auch Felipe Massa, bei dem Ferrari vor dem Qualifying noch den Motor gewechselt hatte, musste als Zwölfter frühzeitig die Segel streichen. Button-Teamkollege Sergio Perez belegte nach Reifenschaden im Abschlusstraining Platz 14.
Ein Ergebnis, mit dem McLaren eigentlich nicht zufrieden sein kann, momentan aber zufrieden sein muss: "Ich stehe weiter vorne als gedacht", gibt Button zu. "Wir sind nicht wirklich schnell, aber immerhin eine halbe Sekunde näher dran als zuvor. Wenn ich es ins Q3 geschafft hätte, wäre ich ohnehin Zehnter geworden - wahrscheinlich wäre ich gar nicht rausgefahren. Auf Platz elf bin ich nicht weit davon entfernt. Außerdem stehe ich nun auf der sauberen Seite."
Hülkenberg nach Platz 15 entmutigt
Schlechtester Deutscher (aber immerhin Sieger im Sauber-Stallduell) war Nico Hülkenberg auf P15. "Das ist die Realität", seufzt er. "Das wissen wir aber nicht seit gestern, sondern schon seit ein paar Wochen - eigentlich schon die ganze Saison. Es war mehr oder weniger das Maximum. Das Auto ist schwierig zu fahren, speziell auf dieser Highspeed-Strecke hier mit ein bisschen Wind. Da reagiert das Auto sehr sensibel. Wir haben einfach nicht genug Speed. Mehr war nicht drin."
Valtteri Bottas, in Montreal noch umjubelte Qualifying-Sensation, sicherte sich für den 600. Grand Prix des Williams-Teams nur den 17. Startplatz, wurde am Ende von Q3 ausgerechnet von seinem Teamkollegen Pastor Maldonado (16.) knapp verdrängt. Technische Probleme hatte Giedo van der Garde (Caterham), der erst lange an der Box stand, aber nur eine einzige Runde benötigte, um Max Chilton (Marussia) auf den letzten Platz zu verweisen.
Was den Kampf um den Sieg angeht, wähnt sich Mercedes übrigens trotz besetzter erster Startreihe nicht in der Favoritenrolle: "Ich denke nicht, dass wir Sebastian im Rennen halten können. Ich hoffe, dass es nicht zu warm wird und dass unsere Reifen halten werden", gesteht Polesetter Hamilton, und Rosberg nickt zustimmend: "Wir wissen, dass morgen unsere Schwäche ist. Ob es reicht, um unsere Position zu halten, weiß ich nicht."