Mercedes' Doppelsieg: Schwierig war's nur für Nico Rosberg

, 13.11.2016

Während Lewis Hamilton in Sao Paulo an der Spitze "entspannte", kämpfte der Deutsche mit Aquaplaning, Max Verstappen und der Waage - und wollte abbrechen

Der Brasilien-Grand-Prix am Sonntag bedeutete für Lewis Hamilton Freud und Leid zugleich: Er fuhr zwar den im Titelduell mit Nico Rosberg dringend benötigten Sieg ein und erhielt die vollen WM-Punkte, weil kein Rennabbruch vor Runde 54 erfolgte. Abgeschüttelt hat er seinen deutschen Stallrivalen aber auch nicht, da Red Bulls Strategiepatzer Rosberg auf Rang zwei spülten. Der Rückstand in der Gesamtwertung beträgt nun zwölf Punkte, doch das juckte Hamilton erst mal nicht.

Über seinen ersten Sieg in Interlagos jubelte er ausgelassen: "War nicht schlecht, oder?", so der Brite, der die Führung nach Start von der Pole-Position trotz der Safety-Car-Phasen nie abgegeben hatte. Kein Dreher, kaum ein Quersteher und mit freier Fahrt meistens die schnellsten Runden. "Ich habe mich größtenteils an der Spitze ausgeruht", meint Hamilton flapsig. "Regen ist immer gut für mich. Es war aber schwierig für alle, da jeder irgendwann im Rennen mal Aquaplaning hatte."

Toto Wolff lobt den "verdienten Sieger" Hamilton, der ein Problem hatte: den gelben Spezialhelm für Brasilien, angelehnt an Jugendvorbild Ayrton Senna. Bis zur ersten Rennunterbrechung lief Wasser hinter das Visier, was seine Sicht trübte. Dann wechselte er gezwungenermaßen zurück zum gewohnten Design in Weiß. "Der Helm war das einzige Drama heute. Interessant, wie viele sich hinter mir gedreht haben. Bei mir war alles gut", zuckt Hamilton amüsiert mit den Schultern.

Verstappen-Dreher: Rosberg durfte wegen gelber Flagge nicht überholen

"Für mich war es nur deshalb der schwierigste Sieg, weil ich schon seit zehn Jahren versuche, hier zu gewinnen. Das Rennen war eines der einfachsten für mich", so Hamilton. Er erinnerte sich auf dem Podest an das Jahr 1991, als eben jener Senna seinen Heim-Grand-Prix gewann. "Ich habe immer gedacht: Das will ich eines Tages auch. Ich habe die Emotionen gespürt, als ich ihn damals auf dem Podium gesehen habe. Jetzt kann ich richtig nachvollziehen, wie großartig es sich anfühlt."

Deutlich mehr zu erzählen hatte Rosberg, der ebenfalls lobende Worte für Hamilton findet: "Er hat einen unglaublichen Job gemacht. Ich kann mit dem zweiten Platz gut leben." Sicher auch deshalb, weil der Silberrang schon futsch war, als Max Verstappen kurz nach der Rennfreigabe vorbei sowie auf und davon war. "Ich sah, wie er auf die Mauer zuhält! Ich dachte: 'Was zur Hölle?'", staunt er über die Aktion in Kurve 3, als der Red-Bull-Pilot auf unorthodoxer Regenlinie außen überholte.

Konservative Taktik: Rosberg fuhr doch nicht auf Sieg

Zu diesem Zeitpunkt sah es so aus, als würden Rosberg die Probleme aus den übrigen Regenrennen der laufenden Saison einholen. Doch er fing sich und legte zu. Den enteilten Verstappen überholte er nach dessen Abflug im Knick vor Start und Ziel fast wieder. "In dem Moment war Gelb und er durfte nicht", erläutert Wolff. Wenig später unterlief Rosberg später das gleiche Malheur, doch auch er fing das Auto akrobatisch ab. "Bei meinem Dreher bin ich glücklicherweise auf der Strecke geblieben. Ich hatte da überhaupt keine Zeit, es kam völlig unerwartet. Danach bin ich aber nicht anders gefahren", pustet Rosberg durch und resümiert: "Ist schon in Ordnung mit dem zweiten Platz."

Denn es war Red Bull zu verdanken, dass er ihn sich zurückeroberte. Hätten Verstappen und Daniel Ricciardo nicht auf Intermediates gewechselt, als es kurz darauf wieder stärker zu regnen anfing, wären sie für Rosberg zu starke Gegner gewesen. Hamilton wundert sich über die Taktik: "Red Bull hat einen großen Fehler gemacht. Nach dem nächsten Safety-Car (nach dem Massa-Unfall; Anm. d. Red.) gab es keinen Moment mehr, an dem man an Intermediates auch nur hätte denken können. Als mir das Team gesagt hat, dass manche wechseln, habe ich gedacht: 'Die sind verrückt.'"

Entgegen seiner gebetsmühlenartig vorgebrachten Prämisse, er würde trotz WM-Führung stets auf Sieg fahren, bekennt sich Rosberg doch zu einer konservativen Taktik: "Ich kann mir die Risiken nicht erlauben, die sie eingehen. Ich war aber froh, als ich gesehen habe, dass sie auf Sieg pokern", sagt er. Eine gewagte Strategie mit Intermediates wäre zu diesem Zeitpunkt auch für ihn die einzige Option gewesen, den längst enteilten Hamilton abzufangen. "Er tut eben alles, was er tun muss, und er kommt immer ins Ziel", ist auch dem Rivalen aufgefallen.

Tausch des Überrollbügels: Mechaniker brauchten Waage

Sein Vorsprung wäre größer geblieben, hätte sich die Rennleitung dazu entschlossen, vor Runde 54 abzubrechen - dann hätte es laut Reglement nur halbe Punkte gegeben. Dass Rosberg in eben jenem Umlauf und nach dem Unfall Felipe Massas mit Nachdruck im Funk die rote Flagge forderte, ist als Taktikspielchen zu werten: "Wie viele Unfälle wollen sie noch sehen? Es gibt totales Aquaplaning beim Geradeausfahren. Speziell auf Intermediates ist es unmöglich hier zu fahren."

Zu der Behauptung, dass die Bedingungen extrem knifflig gewesen wären, steht Rosberg nach der Zieldurchfahrt. Übrigens: In der ersten Rennunterbrechung wurde am Auto der Überrollbügel getauscht. "Wir wollten ein Regensetup. Aber das Auto war eigentlich schon sehr gut, viel konnte man da nicht verbessern", sagt er. Weil das Reglement es verbietet, Gewicht zuzuladen, mussten die Teile von Mechanikern und FIA-Offiziellen mit einer Waage kontrolliert werden. Rosberg, dem in Abu Dhabi bei einem Hamilton-Sieg der dritte Platz zum Titel reicht, spricht von einer "guten Chance" und von dem Wunsch, die Saison mit einem Sieg zu beenden. Also doch.

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