Auslagerung von Windkanal- und CFD-Tests bei einem Kunden? Dieses mögliche Regelschlupfloch wollen die Silberpfeile schließen - Ferrari und Haas im Verdacht?
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Das für das kommende Jahr erwartete Duell zwischen Mercedes und Ferrari wirft beim Saisonfinale in Abu Dhabi seine Schatten voraus. Am Samstagmittag veröffentlichte die FIA ein im "Dokument Nummer 17" als "Anfrage" deklariertes Schreiben der Silberpfeile, in dem es um eine Klarstellung bezüglich der durch das Reglement limitierten Windkanal- und CFD-Supercomputer-Nutzung der Teams geht. Hintergrund könnte die Befürchtung sein, dass Ferrari sich über seinen Technikpartner Haas Vorteile erschleicht.
Konkret geht es Mercedes um die so genannten "gelisteten Teile", die ein Team selbst designen und als Baupläne geheim halten muss sowie nicht einkaufen darf. So unterbinden die Bestimmungen Kundenautos. Was ist jedoch, wenn es nur um die Aerodynamik dieser Teile geht? Ist bei nötigen Windkanaltests eine Auslagerung möglich und wirkt sie sich auf das Kontingent an Stunden in der benannten eigenen Anlage aus? Was ist mit Komponenten, die laut Reglement keine "gelisteten Teile" sind?
Handelt es sich hierbei um ein Schlupfloch, könnte Ferrari seine Teile an Haas weitergeben und im eigenen Windkanal, den die US-Amerikaner als ihre Anlage benannt haben, testen. Die Überlegung ist nicht neu und wurde von Teamchef Günther Steiner gegenüber 'Motorsport-Total.com' schon im Juni dementiert. Er betonte damals , die Sache sei "nicht sein Business" und er entspannt "Von unserer Seite gibt es nichts zu verheimlichen", so Steiner über eine durchgeführte FIA-Inspektion in Maranello.
Doch Mercedes' Bedenken gehen noch weiter. Gefordert wird eine Klarstellung dessen, was unter einer "verbundenen Partei" und einem "signifikanten Einfluss" zu verstehen ist. Entsprechende Unternehmen fallen nämlich ebenfalls unter die Beschränkungen, könnten aber ein mögliche Lücke im Reglement darstellen.
Erschwerend kommt hinzu: Haas ist noch kein WM-Teilnehmer und damit den Buchstaben der Bestimmungen zufolge kein Team. Müssen Tests solcher im gleichen Windkanal oder auf dem gleichen CFD stattfinden? Wem werden die Stunden angerechnet? Was ist, wenn ein bestimmter Mitarbeiter mit der Aufgabe betraut ist, das Team wechselt und beim neuen Arbeitgeber von den Informationen Gebrauch macht?
Mercedes relativiert seine Eingabe am Rande des Abu-Dhabi-Grand-Prix: Von den Silberpfeilen heißt es, es handele sich nur um eine "allgemeine Klarstellung" der Formel-1-Regularien. Die Sache sei keine Beschwerde gegen ein bestimmtes Team und drehe sich auch nicht um einen bestimmten Vorfall. Die FIA hat unterdessen alle Teams dazu aufgerufen, im Laufe des Samstags verwandte Anliegen schriftlich oder mündlich vorzutragen. Eine offizielle Reaktion ist noch vor Rennstart am Sonntag angekündigt.
Der Zeitpunkt der Anfrage ist kein Zufall. Nachdem Rennleiter Charlie Whiting bereits vor einigen Wochen in Reaktion auf einen Fragenkatalog des Mercedes-Technikchefs Paddy Lowe erklärte, er könne aufgrund seiner Zuständigkeiten keine Antworten liefern, mussten sich die Stuttgarter im Rahmen einer Rennveranstaltung an die FIA wenden, weil die Sportkommissare nur bei diesem Anlass tagen und entscheiden können.