Mercedes: Formel-1-Projekt pro Jahr drei Milliarden Euro wert

, 11.01.2016

Sportchef Wolff erklärt, warum Hybrid-Motoren besser sind als ihr Ruf, die Startzeit um 14 Uhr fallen könnte und die MotoGP in Sachen "Maulkorb" ein Vorbild sein kann

Die Formel 1 darf oder muss langfristig mit Mercedes planen. Wie Motorsportchef Toto Wolff im Gespräch mit der 'Tiroler Tageszeitung' erklärt, steht der Daimler-Konzern nicht nur wegen seiner sportlichen Dominanz und seiner Geschichte, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen hinter dem Engagement in der Königsklasse. "Wir haben in der letzten Saison drei Milliarden US-Dollar (rund 2,7 Milliarden Euro; Anm. d. Red.) an Werbegegenwert generieren können", rechnet Wolff vor.

Der Österreicher verweist darauf, dass die gleiche Summe in Fernseh- oder in Printwerbung hätte fließen müssen, um das Formel-1-Projekt zu ersetzen - ein schwindelerregender Wert. Um weiter kommerziell so erfolgreich zu sein, wünscht sich Wolff eine Mischung aus dem klassischen Erleben der Beletage und einem neuen Ansatz unter Berücksichtigung sozialer Medien. Erbgut der Serie sei "der Grand Prix am Sonntagnachmittag", der "nicht über Bord geworfen" werden dürfe, macht er klar.

Wolff weiß auch: "Die Welt verändert sich in immer schnelleren Zyklen. Das klassische 'Um-14-Uhr-vor-dem-TV-Gerät-sitzen' gibt es nicht mehr." In Zusammenarbeit mit Fernsehsendern müsse deshalb ein Konzept erarbeitet werden, um die Formel 1 auch auf mobile Endgeräte zu bringen, wobei die traditionelle Startzeit nicht unumstößlich wäre. "Die Übertragung direkt auf Handy und iPad muss kommen", fordert Wolff klar und glaubt, dass Bernie Ecclestone solche Pläne verfolgen würde.

Die Gleichgültigkeit des Formel-1-Zampano bezüglich Facebook, Twitter und Co. sei ein Manöver für die Öffentlichkeit: "Ich bin ebenso überzeugt, dass Bernie nur so tut, als würde ihn das alles nicht tangieren." Kein Problem erkennt Wolff dagegen in den V6-Hybrid-Motoren: "In Mexiko sind wir 364 km/h gefahren. Aber wir verkaufen das Produkt einfach schlecht. Das liegt daran, dass einige Mitbewerber und auch Bernie vereinzelte Male, aus Eigeninteresse heraus, diese Technologie schlechtmachen."

Wolff würdigt die Technologie nicht nur als zukunftsweisend, sondern auch als effizient. Dass vor rund zehn Jahren mit hubraumstärkeren Triebwerken, viel Aerodynamik und ohne Einheitsreifen Rundenrekrode erzielt worden sein, die jetzt annähernd erreicht würden, sei Beweis für die Güte der Technik. "Klar darf die Technologie nicht überhandnehmen, es geht immer noch um den Fahrer", schränkt Wolff ein und sieht in diesem Punkt einen Vorteil der Motorrad-Königsklasse MotoGP, die der Formel 1 von vielen Experten als Vorbild angepriesen wird.

Die Einschaltquoten böten Grund, die Forderung zu hinterfragen. "Man muss hier Äpfel mit Äpfel und Birnen mit Birnen vergleichen. Die Formel 1 hat ein TV-Publikum, das ein Vielfaches der MotoGP darstellt", moniert Wolff, wünscht sich aber eine exponiertere Rolle und mehr Freiheiten für die Piloten: "Wo die MotoGP reüssiert, das ist das Live-Event. Sie füllen die Strecken und haben gute Action. Die Fahrer sind nicht ferngesteuert, die Aerodynamik spielt fast keine Rolle - davon könnten wir lernen."

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