Mercedes feiert ein gutes Ergebnis in Malaysia: Der viertplatzierte Nico Rosberg wird eingebremst, Lewis Hamilton darf unbedrängt auf das Podium fahren
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Die gute Nachricht vorab: Mercedes ist mit dem neuen W04 ein erheblicher Sprung nach vorne gelungen. Lewis Hamilton und Nico Rosberg konnten dies mit den Rängen drei und vier im Grand Prix von Malaysia deutlich unterstreichen. Das Team war Red Bull eindeutig auf den Fersen. Nun zur schlechten Nachricht des Tages im Lager der Silbernen: Der Haussegen hängt etwas schief, weil sich Rosberg nach einer Ansage von Teamchef Ross Brawn hinter Hamilton anstellen musste.
"Das Team hat einen tollen Job gemacht. Eigentlich müsste Nico an meiner Stelle stehen, denn er hatte das bessere Tempo. Er ist wirklich ein toller Teamkollege. Ich musste über viele Runden Benzin sparen, daher konnte ich das Tempo der Spitze nicht mitgehen. Ich habe den Podestplatz ins Ziel gerettet", kommentiert Hamilton seinen ersten Podestrang in Diensten von Mercedes. "Auch die Jungs in der Fabrik haben super gearbeitet. Ich bin stolz, dass ich hier oben stehen darf."
"Ich kann nicht behaupten, dass ich mit dem besten Gefühl hier oben stehe", gibt der Brite offen zu. Rosberg saß seinem Teampartner direkt im Nacken, er durfte aber nicht überholen. Dabei war der gebürtige Wiesbadener in einigen Phasen nicht nur schneller als Hamilton, sondern auch schneller als die beiden Red-Bull-Piloten an der Spitze. Wäre er frühzeitig am britischen Kollegen vorbeigekommen, hätte womöglich die Jagd auf Mark Webber und Sebastian Vettel beginnen können.
"In ein paar Stunden wird das Gefühl positiv sein", gibt sich Rosberg im Interview mit 'RTL' gefasst. "Es waren sehr interessante Runden. Für das Team war es ein toller Tag. Wir waren in Schlagdistanz zur Spitze - ein tolles Gefühl. Das Auto war gut, da geht richtig etwas. So freue ich mich auf die nächsten Rennen", rückt der Deutsche die positiven Aspekte eines ereignisreichen Tages in den Vordergrund. Schon wenige Minuten nach Rennende kann Rosberg wieder lächeln.
Rosberg zeigt Verständnis
"Für mich ist es etwas schwierig zu verdauen, dass das Team entschieden hat, wir sollen die Positionen halten. Aber das ist auch normal, das macht man so. Wir kommen aus einer schwierigen Phase. Wenn wir dann ein solch tolles Ergebnis haben, dann ist es verständlich, dass das Team alles Risiko herausnehmen will - langsam, Reifen schonen, damit nichts mehr schiefgehen kann. Das ist okay so", sagt Rosberg."Für mich ist es schade, denn es wäre am Ende viel mehr drin gewesen. Wenn es in Zukunft mal andersherum ist, dann weiß ich, dass es wieder so gehandhabt wird. So gesehen ist es okay."
"Ich verstehe es nicht hundertprozentig, aber ich verstehe deren Meinung. Ich bin Rennfahrer und will so schnell wie möglich von A nach B. Für mich ist es deswegen etwas schwieriger. Aber ich akzeptiere es und habe deswegen meine Position gehalten", sagt der Weltmeistersohn. Rosberg spielte beim Teamplay mit, bemerkte aber per Boxenfunk, dass er "sich dies merken" werde. "Ich möchte, dass sie sich daran erinnern. Ich habe Fairplay gespielt und will, dass man sich das merkt."
"Wenn es besser läuft, dann kommen bald noch ein paar Teamduelle. Irgendwann kann man dann auch mal fighten", lautet die Kampfansage des Deutschen aus Monaco. "Die Fahrer wissen, dass so etwas in beide Richtungen funktioniert. Wir haben diese Dinge vor dem Rennen besprochen. Natürlich ist Nico ein Wettkampftyp und jetzt ein wenig enttäuscht. Doch wie gesagt: Es läuft in beiden Richtungen so", verspricht Teamchef Brawn gegenüber 'Sky Sports F1'.
Brawn erklärt die Taktik
"Wir waren mit dem Sprit knapp dran, da unser Tempo im Rennen deutlich höher war als vorausberechnet. Wir wollten dann sicherstellen, dass wir es nicht übertreiben, denn als die Chance einmal weg war, konnten wir nichts mehr gewinnen", sagt der Brite. Man habe die Chancen auf einen möglichen Sieg beim letzten Boxenstopp verloren. "Der Prime funktionierte für uns im dritten Stint auf trockener Strecke nicht so gut. Da haben wir den Anschluss verloren."
Im Zuge der Diskussionen um die Stallorder mahnt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zur Ruhe. "Wir dürfen es uns nicht schlecht reden. Die Plätze drei und vier sind solide, wenn man mal das vergangene halbe Jahr betrachtet. Zuallererst sind wir mal happy", sagt er. "Die Plätze drei und vier zu halten war die Ansage des Teamchefs. Aus Fahrersicht kann man das vielleicht anders sehen. So etwas kann aber schiefgehen und dann sind wir die Deppen, wenn wir die Punkte verlieren."
"Wenn beide Autos stranden, dann sieht es ganz schlecht aus. Das wollte Ross um jeden Preis vermeiden. Deswegen muss man das entschuldigen", erklärt Wolff. Der Österreicher fügt hinzu: "Aus sportlicher Sicht ist es nicht so, wie wir es gern gespielt hätten. Aber aus Teamsicht kann man es akzeptieren und verstehen. Nico hat mit Verständnis reagiert. Wir werden ihm erklären, dass auch er am Ende eventuell in Probleme gekommen wäre. Das ist mein Job. Ich werde offen mit den Jungs darüber sprechen."
Lauda kritisiert den Teamchef
"Ich denke, dass es sportlicher Sicht falsch war", spricht Wolffs Landsmann Niki Lauda bei 'RTL' Klartext. Der Aufsichtsratschef des Mercedes-Formel-1-Teams stellt seine Sicht der Dinge klar dar. Lauda ist mit der Entscheidung von Teamchef Brawn nicht einverstanden: "Die sind allein gefahren, von hinten kam niemand. Ich hätte sie fahren lassen, wie sie es wollen - aber natürlich mit Hirn. In dem Fall wäre der Nico natürlich Dritter geworden."
"Wir müssen mit dem Ross reden, ob diese Politik in Zukunft immer angewandt wird, oder ob man nach Mercedes-Art den schnelleren Fahrer aus sportlicher Sicht gewinnen lassen kann. Das ist der springende Punkt", kündigt Lauda ein interessantes Gespräch mit Brawn an. Auch 'Sky'-Experte Markus Winkelhock wundert sich über die von Brawn gewählte Taktik: "Es überrascht mich, dass das Team jetzt schon solch eine Stallorder ausgibt. Dann ist ja fast klar, dass ein Fahrer die Nummer eins ist."
Bei Mercedes ist man bemüht, das gute Ergebnis in den Vordergrund zu stellen. Der W04 lässt Podestplätze, vielleicht sogar Siege zu. Diese Erkenntnis ist wichtiger als die persönlichen Ambitionen einzelner Piloten. "Wir müssen weiter Druck machen", sagt Wolff. "Red Bull hatte zwar heute einige Probleme mit den Reifen, aber sie haben trotzdem gewonnen. Nicht vergessen: Auch andere Teams werden wieder nach vorne kommen: McLaren und Lotus."
Neben guter sportlicher Leistung und umstrittener Stallorder bot Mercedes am Rennsonntag in Malaysia auch noch etwas Slapstick. Lewis Hamilton sorgte bei seinem ersten Stopp für Verwirrung, als er bei seinem langjährigen Team McLaren anhielt. "Ich habe es wie Jenson gemacht, dem das vor ein paar Jahren genauso passiert ist. Ich bin so viele Jahre zu McLaren zum Boxenstopp gefahren. Ich weiß nicht genau, warum mir das passiert ist", lacht der Brite. "Entschuldigung an mein Team."