Der Weltmeister dreht im Qualifying auf und besiegt Nico Rosberg - Hat der Deutsche bei den Reifen etwas in petto? - Ferrari komplett abgehängt
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Der Weltmeister hat sich eindrucksvoll zurückgemeldet. Lewis Hamilton schnappte sich beim Qualifying zum Großen Preis von Spanien in einer Zeit von 1:22.000 Minuten den begehrten ersten Startplatz. Für die Mercedes-Doppelpole sorgte Nico Rosberg mit einem Rückstand von 0,280 Sekunden auf den Briten. Der Vorsprung auf die Konkurrenz ist auch beim Update-"Festival" in Barcelona nach wie vor beträchtlich: Der erste Verfolger hat bereits 0,680 Sekunden Rückstand auf Hamilton. Überraschenderweise ist dies jedoch keiner der Ferrari-Piloten, sondern Red-Bull Fahrer Daniel Ricciardo.
Der vierplatzierte Max Verstappen verlor im Red Bull schon über eine Sekunde auf den Weltmeister, während die Ferraris nach Formel-1-Maßstäben "unter ferner liefen" beim Barcelona-Qualifying performten. Als Sechstplatzierter verlor Sebastian Vettel 1,334 Sekunden auf den Polesetter. "Die Ferraris haben es heute nicht auf den Punkt gebracht. Man hat gesehen, dass ihr Auto viel gerutscht ist", kommentiert Mercedes-Teamchef Toto Wolff das italienische Desaster.
Bei den Silbernen herrscht nach der Doppelpole dagegen einmal mehr eitel Sonnenschein. "Die Runde von Lewis war wirklich unglaublich. Er war schon in seinem ersten Versuch in Q3 unfassbar schnell und fuhr in den beiden ersten Sektoren Bestzeit, hatte dann aber einen Fehler in Kurve zehn. In der letzten Runde hat er es hinbekommen und eine beeindruckende Zeit abgeliefert", freut sich Wolff auf 'RTL'.
Hamilton übernimmt am Samstag Rosberg-Änderungen
Für Hamilton kommt die Pole-Position einer Wiederauferstehung gleich. Nach dem verpatzten Saisonstart in den ersten vier Rennen schien es, als habe der dreifache Weltmeister auch auf dem Circuit de Catalunya Probleme mit seinem Teamkollegen Rosberg. In allen drei Freien Trainings war der Engländer langsamer als der Deutsche, kämpfte mit der Abstimmung seines W07. "Auch im ersten Teil des Qualifyings hatte er noch 0,212 Sekunden Rückstand auf den WM-Führenden, drehte den Spieß dann aber eindrucksvoll um.
Der Grund, warum er plötzlich die Nase vorn hatte, liegt laut Hamilton in kleinen Änderungen beim Setup. Offenbar orientierte sich der Weltmeister in Sachen Abstimmung im Laufe des Wochenendes immer mehr an seinem Teamkollegen Rosberg. "Gestern war fast ein verschenkter Tag für mich. Ich musste heute bei null beginnen. Nico fühlte sich von Anfang an wohl im Auto, also sind wir mehr in seine Richtung gegangen." Zwar habe man bei der Abstimmung nicht weit auseinandergelegen, letztendlich seien die Veränderungen in Sachen Balance aber entscheidend gewesen. "Es war eine große Erleichterung, als es wieder passte."
Hamilton: Mercedes-Startprobleme sind erkannt und behoben
In Q2 ging der Champion erstmals aufs Ganze und nahm Rosberg stolze 0,600 Sekunden ab. Auch in Q3 war er schließlich nicht mehr zu schlagen und sicherte sich die 52. Pole-Position seiner Karriere. "Ich bin sehr glücklich heute. Nico war hier das ganze Wochenende sehr stark, also musste ich es Schritt für Schritt anpacken. Am Ende habe ich die Runde zusammenbekommen." Das wäre ihm fast schon im ersten Versuch in Q3 gelungen - dank des Fehlers am Ende durfte sich Rosberg zunächst aber noch Hoffnungen auf die dritte Pole in Folge machen.
"Nach meiner ersten Runde in Q3 musste ich lachen. Die war so gut, sie hätte locker gereicht, aber ich hatte diesen Fehler. Das hat mich für die letzten Minuten ein wenig unter Druck gesetzt, aber ich habe es hinbekommen", verrät Hamilton und schickt eine Ansage an Rosberg hinterher: "Das ist eigentlich meine dritte Pole im dritten Versuch dieses Jahr. Die letzten zwei Qualifyings konnte ich ja ganz offensichtlich nicht kämpfen", wies er nochmals ausdrücklich auf die Probleme mit der MGU-H an seinem Dienstwagen hin, die für ein vorzeitiges Ende seiner Samstage in China und Russland sorgte.
Rosbergs Reifen-Trick: Warum war er in Q2 so viel langsamer?
Wie berichtet, war Mercedes mit einer neu designten MGU-H für das Auto mit der Startnummer 1 nach Barcelona gereist, die unter strengen Bedingungen in den vergangenen beiden Wochen in England produziert wurde. "Ein großes Dankeschön ans Team. Sie haben viel Arbeit reingesteckt. Hoffentlich hält morgen alles zusammen", so Hamilton und blickt auf Sonntag, 14 Uhr: "Wir haben in den vergangenen Wochen an unseren Starts gearbeitet. Die Probleme, die wir hatten, sind definitiv behoben", so der Weltmeister, der erstmalig in dieser Saison als Führender aus der ersten Runde kommen möchte.
Bei den beiden ersten Rennen der Saison in Australien und Bahrain verlor Hamilton jeweils das Duell an der Startampel gegen seinen Teamkollegen. Darauf hofft Rosberg, der zuletzt makellose Starts ablieferte, auch diesmal: "Lewis war heute schneller, aber morgen zählt's. Der Start ist eine gute Möglichkeit, ihn zu schnappen. Oder über die Strategie, das könnte aber schwieriger werden." Zu Beginn könnte ihm ein Vorteil gegenüber Hamilton in die Karten spielen: Nachdem er bis zu diesem Zeitpunkt immer schneller als sein Teamkollege war, nahm Rosberg in Q2 merklich Gas raus und schonte den Reifensatz, mit der er morgen ins Rennen starten wird.
"Wir haben ihn gefragt, ob das volle Pulle war und er sagte Ja. Aber das war es natürlich nicht", grinst Wolff. "Man muss jetzt mal sehen, wie die beiden vom Start wegkommen. Nico hat da natürlich eine Chance mit einem Reifensatz, der 0,6 Sekunden langsamer gefahren wurde", sieht der Mercedes-Boss ein Spannungselement für Sonntag. Ob weitere hinzukommen, ist jedoch mehr als fraglich, da das Überholen auf dem Circuit de Catalunya traditionell schwierig und die Konkurrenz nach wie vor zu weit weg ist.
Und so herrscht bei Mercedes nach der 58. Pole-Position der Teamgeschichte naturgemäß gute Laune. Damit überholten die Silberpfeile das Red-Bull-Team, das bisher auf 57. Poles kommt. "Sie haben uns aber schon ein wenig überrascht, dass sie heute so schnell waren. Genauso wie es uns überrascht hat, dass Ferrari so weit weg ist", gibt Rosberg offen zu. "Es ist viel Bewegung drin - die einzige Konstante sind wir", so der Deutsche abschließend. Wenn das auch am Rennsonntag so bleibt, steht dem fünften Mercedes-Sieg im fünften Rennen nichts mehr im Weg.