Im Lager von Mercedes ist man nach den ersten Formel-1-Trainings zum Grand Prix von Kanada guter Dinge - Hamilton rutscht im Regen, Helfer beschädigen das Auto
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Mercedes hat auch den ersten Tag des Grand-Prix-Wochenendes in Kanada bestimmt. Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton sicherte sich in den beiden Sessions jeweils die Bestzeit, sein Teamkollege Nico Rosberg belegte jeweils mit einem Rückstand von rund vier Zehntelsekunden die Plätze zwei und vier. Obwohl Ferrari vor allem bei den Versuchen auf den Supersoft-Reifen nahezu auf Mercedes-Niveau fahren konnte, ist man im Lager der Silberpfeile voller Zuversicht.
"Ich fühle mich gut im Auto. Ich bin guter Dinge. Genauso wie beim vergangenen Rennen", sagt Hamilton, dem in 1:15.988 Minuten die schnellste Runde des Tages im zweiten Training am Nachmittag gelang. Der Brite wuchtete sich an die Spitze - und wenig später in die Reifenstapel der Spitzkehre (Kurve 10). Als es etwas zur Halbzeit der Session zu regnen begann, schickte Mercedes beide Piloten auf Intermediates auf die Bahn. Großes Pech: Aus dem leichten Regen wurde schnell ein Wolkenbruch.
"Es war dann plötzlich wie auf Eis, total rutschig", beschreibt der amtierende Formel-1-Weltmeister die Fahrt im plötzlichen Starkregen. "Es war nicht unbedingt meine Entscheidung, bei diesen Bedingungen herauszufahren." Allerdings hatten somit die Fans an der Strecke wenigstens noch etwas Action. "Wir waren uns eigentlich einig, dass es nicht die beste Entscheidung war, nochmal zu fahren. Aber egal - es hat letztlich unsere Arbeit nicht sonderlich beeinflusst", meint Hamilton.
Wann kommt die Flut? Früher als gedacht!
Binnen weniger Sekunden stand das Wasser auf der Zufahrt zur Spitzkehre. Hamilton, der nicht einmal schnell unterwegs war, schaffte es nicht mehr, seinen Silberpfeil zu verzögern oder zu lenken. "Ich denke, wir waren alle überrascht, wie schnell der Regen kam. Man hat gesehen, dass man unter diesem Bedingungen dann nur noch ein Passagier ist", beschreibt Sebastian Vettel jene Situation, in der Hamilton überhaupt nichts mehr gegen einen Einschlag in die Reifenstapel tun konnte.
"Ich war auch draußen, ich war direkt hinter ihm. Wir sind herausgefahren, um ein paar Starts zu proben. Wir wollten gar nicht schnell fahren, sondern nur Startübungen absolvieren", erklärt Rosberg, der wenig später in langsamen Tempo an der Unfallstelle vorbeikam, ohne in gleiche Probleme zu geraten. Beim Aufprall in die Reifenstapel wurde der Mercedes von Hamilton an der Front beschädigt. "Nicht so schlimm, es wurde danach ohnehin abgebrochen und nicht mehr gefahren", so Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.
"Das Erproben von Rennstarts gehört zu unserem normalen Programm an Freitagen", sagt Teamchef Paddy Lowe. Die Startübungen werden genutzt, um möglichst optimale Einstellungen für die Kupplung zu finden. "Wir hatten die Hoffnung, dass wir noch zwei oder drei Starts schaffen, bevor der große Regen kommt. Leider verschlechterten sich die Bedingungen schneller als erwartet. Lewis wurde davon kalt erwischt. Für morgen ist das aber kein Problem", so Lowe.
Weitere Schäden durch unprofessionelle Bergung
Der Mercedes, der anfangs durch den Einschlag nur leichte Beschädigungen am Frontflügel davongetragen hatte, war nach der Rückkehr per LKW ins Fahrerlager stärker lädiert als angenommen - den wenig professionell agierenden Streckenposten sei Dank. Die Helfer ließen den Wagen beim Verladen wild am Bergekran pendeln. "Wir haben das mit Sorge betrachtet", sagt der Teamchef, "aber ich habe mir das Auto in der Garage angeschaut. Es gibt leichte Schäden am Heck durch die Bergung, aber nichts Schlimmes."
Im Lager von Mercedes hakt man den Zwischenfall schnell ab und blickt auf die sportlich relevanten Daten. "Die Longruns sind stark. Ich hoffe, dass wir das morgen bestätigen können - und ich hoffe, dass ich das mitnehmen kann, was ich mir vorgenommen habe", gibt sich Hamilton nach seinem Pech von Monaco äußerst kämpferisch. "Das Wetter ist heute nicht so toll. Morgen und Sonntag ist es hoffentlich gut", meint der Brite. Die Vorhersagen zeigen trockene Bedingungen an den kommenden zwei Tagen.
Wie nahe kann Ferrari den Silberpfeilen kommen?
"Wir haben viel gelernt. Wir sind auch mal mit weniger Benzin und mit den weichen Pneus gefahren. Es war schwierig, die Reifen auf Temperatur zu bringen, denn es war ganz schön kühl", fasst Rosberg seine Eindrücke vom Freitag zusammen. Der Deutsche war im Tagesklassement hinter Hamilton und den beiden Ferraris mit einem Rückstand von 0,452 Sekunden auf Rang vier. "Ferrari scheint recht nahe dran zu sein. Das müssen wir im Auge behalten."
Im Gegensatz zu Mercedes hat Ferrari vor dem Grand Prix von Kanada sogenannte Token eingesetzt, um an der Performance des Antriebs arbeiten zu können. Das deutsche Werksteam hat hingegen keine Joker gezogen, sondern nur im erlaubten Rahmen im Hinblick auf die Zuverlässigkeit nachgebessert. Die neue Konstellation könnte Ferrari auf der Vollgasstrecke in Montreal etwas näher herangebracht haben. Die Wahrheit kommt allerdings nicht am Freitag, sondern frühestens Samstag ans Licht.
"Ich habe noch nicht mit den Ingenieuren gesprochen. Wir können genau sehen, wie viel Sprit sie fahren und wie sehr sie den Motor hochgedreht haben. Daraus ergibt sich ein Bild, das viel mehr aussagt als die Zeitenliste. Mal sehen, wo wir in Relation zu denen stehen", sagt Rosberg. Hamilton fügt an: "Der Mercedes-Antrieb ist unter allen Bedingungen zuverlässig. Wir können die Leistung hoch- oder herunterdrehen, wann immer wir es brauchen." Klartext: Mercedes kann definitiv mehr als am Freitag zu sehen war.