Obwohl Lewis Hamilton und Nico Rosberg Reifen und Antrieb schonten, dominierten sie den Trainingstag in Monza - Warum die Bremsbalance ein Pokerspiel ist
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Mercedes ist beim Italien-Grand-Prix in Monza das Team, das es zu schlagen gilt: Die Silberpfeile bestimmten im Freien Training am Freitag nach Belieben das Tempo. Am Vormittag führte Nico Rosberg das Klassement an, am Nachmittag übernahm Lewis Hamilton das Zepter und spulte mit einer Runde in 1:22,801 Minuten den besten Umlauf des Tages ab. "Wir haben noch eine Baustelle, aber es geht in die richtige Richtung", sagt er. Kann Mercedes also wieder einmal noch zulegen?
Hamilton wittert eine Neuauflage des Teamduells, worauf ein intensives Duell um die Bestzeit in Monza einen Vorgeschmack gab. Rosberg geht es mit reichlich Selbstvertrauen an: Er hat ein besseres Gefühl als in Spa-Francorchamps, weil das Grundsetup ein besseres war. "Einmal war er schneller, dann wieder ich", frohlockt der Deutsche. "Es hat sich da draußen richtig gut angefühlt."
Hamilton sieht seine Farben im Vergleich mit der Konkurrenz gut aufgestellt und rechnet offenbar nicht damit, wie in Belgien mit den Red Bull kämpfen zu müssen: "Es ist schon merkwürdig, wie man als Team auf einmal an einem Wochenende stärker ist", lässt der Brite die Muskeln spielen, tappt aber auch teilweise im Dunkeln, wenn es um Ferrari geht: "Ich weiß nicht, wie groß ihr Rückstand morgen sein wird, aber heute sah er schon gewaltig aus verglichen mit anderen Rennen."
Schonen der Pirelli-Reifen: Gretchenfrage Bremsbalance
Dass die Scuderia mit ihrem Antriebsupdate einen Schritt nach vorn gemacht hat, liegt für Rosberg auf der Hand. Er betont aber seinen Optimismus und erwähnt, dass Mercedes Pfeile im Köcher hätte: "Wir haben unsere Motoren zurückgedreht, also lässt sich das nicht direkt vergleichen." Wenn überhaupt sollten seinem Teamkollegen Lewis Hamilton eher zahlreiche Verbremser zu denken geben, die er zu verzeichnen hatte. Er sieht die Ausrutscher als Nebenwirkung der Pirelli-Reifen.
"Man versucht, die Reifen zu schonen", erklärt Hamilton das Pokerspiel mit Hebeln im Cockpit. "Also muss man abwägen, wie weit nach vorne man die Bremskraftverteilung verstellt. Wenn man sie weiter nach hinten verlegt, dann halten die Pneus nicht so lange. Man befindet sich auf der Vorderachse also während des gesamten Bremsvorgangs an der Grenze, was den Grip betrifft." Bleibt das Rad stehen, kann es in Monza teuer werden, weil die Notausgänge in den Schikanen viel Zeit kosten und für die häufig gewählte Boxenstrategie mit einem Reifenwechsel alles passen muss.
Allzu besorgt ist Hamilton wegen der Haltbarkeit der Reifen aber nicht und glaubt, der Supersoft würde im Renntempo 26 Runden mitmachen, weil die Highspeed-Kurven in Monza nicht extrem seien. "Es kommt darauf an, wie man die Kurve anfährt. Ob man sie schnell angeht, um schlecht rauszukommen oder ob man sie langsam angeht, um schnell rauszukommen. Aber es geht schon besser als beim vergangenen Rennen", so der WM-Führende, der niedrigere Streckentemperaturen als Erklärung ins Spiel bringt. Laut Rosberg überhitzen sie nicht so stark wie noch in Belgien.
Hamilton spekuliert schon darauf, am Samstag in Q2 den Soft-Reifen zu nutzen, weil er ihn am Rennstart für die bessere Wahl hält. Für den Schlussabschnitt will er gewappnet sein und sich die Pole-Position gegen Rosberg sichern: "Denn Überholen ist hier nicht so einfach. Im Vorderfeld wird es wenige Manöver zu sehen geben."