39. Grand-Prix-Sieg für Lewis Hamilton, siebter Doppelerfolg in der laufenden Formel-1-Saison 2015 - Niki Lauda jubelt: "Mercedes ist wieder da!"
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Lewis Hamilton hat im Grand Prix von Belgien 2015 seinen sechsten Saisonsieg gefeiert. Der amtierende Weltmeister war am Sonntag in Spa-Francorchamps unschlagbar. Der Brite führte ab der ersten Runde und kontrollierte seinen zweitplatzierten Teamkollegen Nico Rosberg jederzeit nach Belieben. Mit dem 80. Podestplatz seiner Formel-1-Karriere hat Hamilton in der Statistik zu seinem großen Idol Ayrton Senna aufgeschlossen.
"Mit fünf Jahren habe ich begonnen, die Rennen von Ayrton begeistert zu schauen. Dass ich nun genauso viele Podestplatzierungen erreicht habe wie er ist für mich geradezu unwirklich", wundert sich der Mercedes-Superstar nach der Triumphfahrt. "Erst die besten Sommerferien aller Zeiten, dann das starke Qualifying und schließlich dies in einen Sieg umgesetzt - ich fühle mich rundherum wohl." Hamilton hatte sich genau dies für die zweite Saisonhälfte vorgenommen: Pole-Positions konsequent in Siege ummünzen.
"Lewis hat das Tempo an der Spitze so kontrolliert, wie er es in der jeweiligen Situation brauchte", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Der Sieg des aktuellen WM-Führenden, der seinen Vorsprung auf Rosberg auf 28 Punkte ausbauen konnte, geriet nur ein einziges Mal annähernd in Gefahr. Kurz nach dem Start tauchte plötzlich der anfangs bärenstarke Sergio Perez (Force India) nach Raidillon neben dem führenden Silberpfeil auf.
Und plötzlich ist dort ein Perez
"Lieber er als an anderer. Er war vorsichtig, es war alles fair", sagt Hamilton, der davon ausgeht, dass es in einem Duell gegen Teamkollege Rosberg "vielleicht anders ausgegangen" wäre. "Es war knapp gegen Sergio, denn ich musste ihn regelrecht ausbremsen. Glücklicherweise bin ich vorn geblieben und konnte an der Spitze abhauen." Bei Mercedes hatte man sich auf ein solches Szenario vorbereitet. Man hatte geahnt, dass der Force India in Spa-Frrancorchamps auftrumpfen könnte.
"Das hatten wir am Morgen in unserer Simulation. Perez hatte einen Topspeed-Vorteil von 16 km/h. Wenn er also gut durch Eau Rouge kommt, dann wird er uns überholen - das war ganz klar. Das Szenario hatten wir durchgespielt", erklärt Toto Wolff. "Wenn Perez vorbeigekommen wäre, dann war klar, dass wir im zweiten Sektor Vorteile haben. Wir hätten aber wohl Ruhe bewahrt und zwei oder drei Runden lang auf das DRS-Fenster gewartet, um ihn zu überholen."
Dieses Szenario trat nicht ein - unter anderem auch deshalb, weil Hamilton im Gegensatz zu Rosberg einen guten Start erwischte. "Ich habe bei der zweiten Einführungsrunde versucht, alles an meinem Auto halbwegs gut zu kühlen. Beim Start habe ich dann einfach die Abläufe abgespult. Ich habe speziell darauf geachtet, dass die Kupplung nicht zu heiß wird. Es hat sich herausgestellt, dass es gut war. Ich hatte durchdrehende Räder - genau wie Nico -, aber ich habe es etwas besser kontrollieren können."
Rosberg: "Habe Start versemmelt"
Bei Rosberg waren vermutlich die Temperaturen der Kupplung zu hoch. Der erste Start hatte wegen eines Defekt am Force India von Nico Hülkenberg abgebrochen werden müssen. "Alles wird heißer, wenn es eine zweite Einführungsrunde gibt. Daher habe ich den Start versemmelt. Das war hart", so Rosberg, der nach der ersten Ecke nur noch Fünfter war. "Als ich durch den Verkehr war, hatte ich schon acht Sekunden Rückstand auf Lewis."
"Der Nachteil, als Zweiter starten zu müssen, ist groß. Ein Start, wie er ihn hatte, hilft dann natürlich nicht. Wir wissen noch nicht, was dort passiert ist", sagt Wolff. "Es ist für die Fahrer alles etwas komplizierter geworden. Im Briefing am Morgen habe ich zu Paddy Lowe gesagt: 'Das ist so viel, dass ich mir das gar nicht alles merken könnte'. Aber die Jungs sind natürlich sehr erfahren im Cockpit. Wir wollten durch die neue Prozedur etwas mehr Unvorhersehbarkeit. So ist es gekommen."
Rosberg schnappte sich Valtteri Bottas (Williams), kam in Runde 13 zum ersten Stopp und wehrte sich in der Outlap erfolgreich gegen Perez. Fortan war der zweite Rang für den Deutschen zementiert. "Ich habe gekämpft wie sonst was, um wieder nach vorn zu kommen. Jede Runde war eine Qualifyingrunde - alles was geht, um Lewis zu jagen. Er konnte immer antworten, wenn ich schneller gefahren bin. Ich kam deshalb nur sehr langsam an ihn heran. Ich dachte, ich könnte am Ende noch einmal angreifen, aber es ging nicht."
Hamilton hatte seinen ersten Boxenstopp in Runde 14 gemacht, zum zweiten Halt in Runde 31 musste er regelrecht überredet werden. "Warum? Meine Reifen sind noch gut", lautete seine Ansage im Funk nach der Aufforderung zum Stopp. "Wenn du nicht kommst, dann kommt der andere", lautete die Antwort des Teams. Und siehe da: Ganz schnell bog der Brite zum Service ab, um in jedem Fall vor dem Teamkollegen abgefertigt zu werden. Im "Cruisingmodus" fuhr Hamilton seinen letzten Stint und siegte letztlich mit einem Vorsprung von 2,058 Sekunden auf Rosberg.
Spa-Francorchamps: Lewis' neue Liebe?
"Es war ein gutes Wochenende für das Team. Das Auto, das man uns gibt, ist der Wahnsinn. Es fährt wie auf Schienen. Es war sehr schön, damit im Rennen zu fahren. Es hat viel Spaß gemacht", formuliert Rosberg eine weitere teaminterne Niederlage positiv. Der Deutsche hatte nach dem Rennen vermutlich anderes im Sinn. Seine hochschwangere Frau Vivien erwartet dieser Tage das erste gemeinsame Kind. Also flog Rosberg schnell ab in Richtung Monaco, während Hamilton die Ardennen liebgewinnen konnte.
"Ich hoffe, dass es der Beginn einer Freundschaft mit der Rennstrecke in Spa ist", sagt Hamilton, der zuvor erst einmal (2010) in Belgien hatte gewinnen können. "Es gibt Strecken im Kalender, von denen man weiß, dass sie einem taugen - und es gibt andere, wo es eher nicht so ist. Spa gehörte bisher zu jenen Pisten, die mir nicht ganz so gelegen haben. Ich habe hier nicht allzu oft gewonnen. Es ist hier nie einfach. An diesem Wochenende war ich mit der Performance aber sehr, sehr zufrieden."
"Mercedes ist wieder da! Wir waren nach Budapest etwas geknickt, aber sind wieder an der Spitze. So sollte es sein", jubelt Niki Lauda über den jüngsten Erfolg seiner Mannschaft. "Ein Doppelerfolg in dominanter Manier - richtig gut. Ich war gestern schon richtig happy, wie das Qualifying gelaufen ist. Nach dem unglücklichen Wochenende in Ungarn war jetzt alles super", stimmt Wolff zu. Der Österreicher fügt mit Blick auf das kommende Rennen hinzu: "In Monza gibt es viel Unterstützung für den Sport - und ganz speziell für Ferrari. Ich werde mich ducken, wenn ich reingehe..."