Mercedes-Probleme: Warum Baku zum großen Prüfstein wird

, 19.06.2017

Hat Mercedes seine Probleme gelöst? Wieso das Baku-Wochenende die Antwort liefern wird und eine viel größere Herausforderung als Montreal ist

Ist Mercedes über den Berg und wieder zu alter Stärke zurückgekehrt? Der Montreal-Doppelerfolg deutet darauf hin, doch die wahre Bestätigung müssen die Silberpfeile am kommenden Wochenende beim Grand Prix von Aserbaidschan in Baku erbringen. Denn: Es gibt Indizien, wonach das starke Ergebnis in Kanada auf die Umstände zurückzuführen war. Ferrari war nach Sebastian Vettels Kollision mit Max Verstappen in der ersten Kurve keine Gefahr mehr, außerdem konnte Valtteri Bottas nicht mit Lewis Hamilton mithalten und brachte die Reifentemperatur nicht in das gewünschte Fenster. Das macht die Mercedes-Ingenieure misstrauisch.

War die perfekte Kombination der Abstimmung mit Hamiltons Fahrstil also eher ein Glückstreffer? Trotz identischem Set-up habe sich ein Fahrer in Kanada "super-wohl gefühlt und der andere gar nicht", gibt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff gegenüber 'Sky' zu bedenken. "Das ist also immer noch ein bisschen ein Mysterium."

Der Mercedes F1 W08 funktioniert bekanntlich nur in einem sehr kleinen Set-up-Fenster, wodurch das Auto eher hart abgestimmt werden muss. Auf dem Stadtkurs in Monaco kam man kaum in Schuss, weil die Abstimmung zu weich war. Da das Auto aber nur in einem schmalen Set-up-Bereich funktioniert, fehlt dem Team die Flexibilität, die heiklen Pirelli-Reifen auf die richtige Temperatur zu bringen.

Mercedes-Ingenieur: Baku wird schwieriger als Montreal

Ein Mercedes-Ingenieur warnt gegenüber 'auto motor und sport': "Was wir in Montreal gemacht haben, war korrekt. Aber Baku wird schwieriger. Dort wird sich zeigen, wie viel wir wirklich verstanden haben." Die Herausforderung auf den High-Speed-Stadtkurs stellen der Asphalt, die Reifenmischungen (Supersoft/Soft/Medium) und die Temperaturen, die im Bereich der 30-Grad-Marke erwartet werden. "Letztes Jahr haben einige der Reifensätze nur sechs Runden gehalten", erinnert sich der Mercedes-Mann.

Immerhin ist in Baku eine härtere Abstimmung ohnehin von Vorteil, wie Hamilton klarstellt: "Die Strecke ist viel flacher als Montreal, und ein effizienter Abtrieb spielt eine wichtige Rolle." Man müsse das Auto daher nicht so weich abstimmen wie in Kanada, wo es viele Bodenwellen gibt. "Am kniffligsten wird der Umgang mit den Reifen", prognostiziert der WM-Zweite. "Es wird schwierig, sie auf so einem glatten Belag in das Fenster zu bekommen."

Dazu kommt, dass Hamilton mit Baku auch noch eine persönliche Rechnung offen hat: Während Ex-Teamkollege Nico Rosberg dort im Vorjahr bei der Premiere zum Sieg flog, kam er nicht zurecht und musste sich mit Platz fünf begnügen. "Ich war schnell, aber ich habe die Leistung einfach nicht abgeliefert", zuckt Hamilton mit den Schultern. "Wir müssen also schauen, dass das dieses Jahr anders wird."

Vettel: Ferrari in Kanada klar unter Wert geschlagen

Hamilton ist zuversichtlich, dass die Erkenntnisse, die Mercedes nach Monaco machte, auch in Aserbaidschan eine Hilfe sein werden: "Was wir gelernt haben, wird sich auf jeden Fall auf Baku auswirken." Auch Teamkollege Bottas rechnet in Baku übrigens mit einer "Herausforderung". Und Wolff fordert gegenüber 'Sky', dass sich sein Team "nicht von der Meisterschaft ablenken" lässt, sondern von Rennen zu Rennen schaut: "Wir müssen jedes Rennen verstehen, weil es jedes Mal anders ist."

Doch wie groß wird die Konkurrenz in Aserbaidschan sein? WM-Leader und Hauptrivale Vettel warnt Mercedes, sich nach dem Montreal-Erfolg in Sicherheit zu wähnen, obwohl er auf der Ile de Notre Dame nur Platz vier erreichte. "Der Speed war im Rennen da, um das Tempo mitzugehen, aber man kann es nicht vergleichen, weil ich das ganze Rennen lang alle Hände voll zu tun hatte", verweist er seine Aufholjagd und die vielen Zweikämpfe. "Dass man dann mit den Reifen nicht so gut umgeht wie an der Spitze liegend, wenn man sich das Rennen ein bisschen einteilen kann, ist klar."

In Kanada wäre daher mindestens Platz drei möglich gewesen. "Wie es mit den Top 2 ausgesehen hätte, kann man nicht sagen", meint der Heppenheimer. Und was wird nun in Baku passieren? "Wir waren erst einmal dort, und Baku ist eine ganz eigene Strecke", blickt der Ferrari-Star zurück und erinnert sich daran, dass damals die Reifen überhitzten. Das will er aber nicht überbewerten: "Dieses Jahr sind die Voraussetzungen glaube ich ein bisschen anders - es sollte schon gehen."

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