Feurige Ausgangslage in Mexiko: Die Teambosse lassen ihren Piloten eine harte Gangart durchgehen und wollen keinen Nicht-Angriffspakt, aber auch kein Kleinholz
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Rückblickend war der Belgien-Grand-Prix 2014, bei dem sich Lewis Hamilton und Nico Rosberg gegenseitig um den Sieg brachten, für Mercedes ein Flügelsalat mit heilsamer Wirkung: Interne Teamregeln wurden aufgestellt, seitdem ist im Duell der beiden Silberpfeile nichts mehr zu Bruch gegangen. Ein Friede auf Zeit? Niki Lauda und Toto Wolff glauben, dass es nicht lange dauert, ehe die Rivalen für Kleinholz sorgen. Schon am Sonntag in Mexiko-Stadt könnte es Kabale in Silber geben.
Der Mercedes-Sportchef macht aus seinen Sorgen keinen Hehl: "Ja, sie werden sich irgendwann wieder ins Auto fahren, aber das gehört dazu", so Wolff. Schließlich ist Rosberg laut Lauda nach dem US-Grand-Prix angespitzt. Der Österreicher betont am 'RTL'-Mikrofon, dass das Thema interner Zweikampf unangetastet bleiben sollte: "Das Problem zwischen den beiden Fahrern ist: Am besten nichts mehr mit ihnen reden, denn Nico ist hoch aufmunitioniert - und Lewis ist das ohnehin immer."
Trotzdem suchte Wolff nach Austin die Aussprache und fällt nach anfänglicher Hamilton-Kritik ein mildes Urteil über seinen Weltmeister, der Rosberg in der Startkurve von der Bahn zwängte. "Ich habe es mir 40 Mal angesehen, um mir eine Meinung zu bilden", sagt er und verweist auf den Regen sowie die Kurscharakteristik mit ansteigender Start- und Zielgerade: "Beide fahren hart bei kniffligen Bedingungen in einer schwierigen Kurve, Seite an Seite, auch wenn Nico einen kleinen Vorteil hatte."
Toto Wolff will "nicht den Oberlehrer spielen"
Unter dem Strich bleibt für Wolff die Erkenntnis, dass eine lange Leine das richtige Mittel ist, wenn sich ein drohender Teamcrash eines Tages ohnehin nicht mehr verhindern lässt. "Wir sind da, um sie Rennen fahren zu sehen - nicht, damit sie sich abstimmen, wer als Erster und wer als Zweiter durch die erste Kurve fährt", pocht der Österreicher darauf, die Formel 1 und die millionenschwere Marketingplattform attraktiv zu halten. Doch die Freiheiten haben Grenzen: "Wir unterstützen sie dabei, hart Rennen zu fahren, aber darf es nicht zum Zwiespalt im Team kommen", macht Wolff klar.
Das ist der Fall, wenn die Autos kollidieren oder wenn es zu heftig zur Sache geht. Wolff akzeptiert das Risiko: "Wie viele Regeln brauchen wir denn, um jede Situation abzudecken?", fragt er und will weder Hamilton noch Rosberg mit erhobenem Zeigefinger eine Predigt halten, um ihrer Klasse als Rennfahrer gerecht zu werden: "Ich bin nicht der Oberlehrer, der sie ins Klassenzimmer zitiert. Das sind die beiden besten Fahrer, die es gibt. Die Emotionen kochen hoch. Sie sind Gegner und das verstehen wir."
Wenn Wolff von "wir" spricht, meint er offenbar auch Lauda. Die Wiener Rennlegende wirkt eher erfreut über die Rivalität zwischen seinen Schützlingen und rudert in Sachen Austin ebenfalls zurück. "Die Berührung ist für mich keine Berührung, weil ja nichts passiert ist" meint Lauda und erwähnt nicht die Plätze, die Rosberg infolge des Manövers an "echte" Konkurrenten verlor. Die kritische Linie sei erst erreicht, wenn es Blechschäden zu verzeichnen gäbe - nicht bei harten Bandagen: "Solche Dinge können passieren. Sie sollen nicht passieren, aber damit habe ich kein Problem".
WM-Entscheidung verändert Herangehensweise nicht
Lauda sagt klipp und klar, dass in Mexiko wieder Crashgefahr droht. Denn Rosberg hat trotz des verlorenen WM-Titels neben Frust auch neuen Mut geschöpft. "Jetzt ist der ganze Bullshit vorbei, jetzt ist er wieder vorne", erklärt der Aufsichtsratsboss des Teams Debatten über die Qualität des Deutschen für beendet. "Die Pole-Position erobern, gegen seinen Erzfeind Lewis, das ist für seinen Kopf genau das Richtige. Wenn er das Rennen gewinnen könnte, besonders gegen Lewis, hat er den nächsten Schritt getan."
Dafür braucht Rosberg allerdings einen besseren Start als in Suzuka oder in Austin, wo er auf dem Weg zur ersten Kurve jeweils von Hamilton kassiert wurde. Auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez ist die Anfahrt besonders lang, was dem von Position zwei kommenden Briten zusätzliche Chancen eröffnet. "Vielleicht ist es deshalb etwas schwieriger als auf anderen Strecken, aber kein riesiger Unterschied", schätzt Rosberg und sieht im Trockenen trotz des neuen Kurses wenig Unbekannte.
In einem Punkt sind sich die entzweiten Kumpel dann doch einig: Die WM-Entscheidung wird ihr Vorgehen nicht beeinflussen. "Es war eine große Enttäuschung für mich, aber ich bin gekommen, um das Rennen zu gewinnen. Es ändert sich nicht viel. Ich bin super motiviert. Volle Attacke!", tönt Rosberg. Hamilton stimmt ein: "Ich werde die Sache nicht anders angehen. Ich kenne Nico sehr gut. Ich kann mir das auch bei ihm nicht vorstellen." Lauda werden dann längst die Schweißperlen auf der Stirn stehen, schließlich rechnet er mit einem von Platz zwei aus attackierenden Hamilton: "Wenn es umgekehrt ist, wird es noch ärger, weil Nico ihm natürlich zeigen will, dass er der Herr im Ring ist."