Luca di Montezemolo vergleicht Kimi Räikkönen mit Lauda und erklärt, warum er nun anders über ihn denkt, warum Alonso profitiert und was gegen Hülkenberg sprach
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Ferrari geht in der kommenden Saison auf's Ganze: Mit Kimi Räikkönen engagierte man neben Fernando Alonso einen zweiten Weltmeister - das hat es bei der "Scuderia" seit den 1950er-Jahren nicht mehr gegeben. Die Entscheidung ist aber pikant, denn der Finne und Ferrari-Boss Luca di Montezemolo sind 2009 nicht gerade im Guten auseinander gegangen - man bezahlte den Weltmeister 2007, der einen Vertrag für 2010 mit Ferrari hatte, fürs Nichtstun. Jetzt holt man ihn zurück.
Und das, obwohl man weiß, wie Alonso in der Vergangenheit auf starke, gleichgestellte Teamkollegen reagiert hat - Lewis Hamiltons Sensationseinstieg 2007 sorgte zwischen den beiden für einen heftigen Stallkrieg, auch Renault-Insider behaupteten immer wieder, dass sich der Mann aus Asturien von starken Performances seiner Ex-Teamkollegen Jarno Trulli und Giancarlo Fisichella entnerven ließ.
Alonso war laut Montezemolo eingebunden
War die Verpflichtung Räikkönens nach den Unstimmigkeiten zwichen Alonso und Ferrari in den vergangenen Wochen nun also ein Schuss vor den Bug, um dem zweifachen Weltmeister die Grenzen aufzuzeigen und für klare Verhältnisse zu sorgen? Ferrari-Boss Luca di Montezemolo relativiert dies in einem Interview mit der 'Gazzetta dello Sport': "Wir sind nicht solche Masochisten, dass wir einen Fahrer holen ohne Alonso zu informieren. Fernando war bewusst, dass wir Räikkönen auswählen - auch, weil uns die Möglichkeit, einen Jungen auszuwählen, in Anbetracht der komplexen WM 2014 zu unsicher erschien."
Eine Erklärung, warum man sich schließlich gegen den hoch eingeschätzten Nico Hülkenberg entschieden hat. Wegen des neuen Reglements wollte man sich auf keine Experimente einlassen. Und mit Räikkönen setzt man nun auf eine fixe Größe, die man aus der Vergangenheit gut kennt - und auf einen der verlässlichsten Fahrer der Formel 1.
"Heute ist Räikkönen der Beste - gemeinsam mit Alonso, Vettel und Hamilton", streut Montezemolo seinem neuen alten Fahrer Rosen. "Und Alonso war der Erste, der sich über Räikkönens Ankunft erfreut gezeigt hat", spielt er darauf an, dass der Spanier womöglich in den vergangenen Jahren von Felipe Massa nicht ausreichend gefordert wurde.
Räikkönen soll Weltmeister werden
Offensichtlich hat sich die Meinung Montezemolos über Räikkönen gravierend geändert - doch was war der Auslöser für diesen Meinungsumschwung? Der Italienier verweist auf das gelungene Comeback seines Ex-Piloten und vergleicht dies mit der Rückkehr der Formel-1-Legende Niki Lauda 1982.
"Der Fall Räikkönen ist mit Lauda fast identisch", sagt er. "Auch Niki hatte zu einem gewissen Zeitpunkt genug, weil er nicht mehr wollte. Ich spreche aber nun vom Zwillingsbruder von Kimi, denn der Fahrer, der für uns (2009, Anm.) fuhr, war nicht der Fahrer, den wir engagiert hatten. Die Pause hat ihm aber gut getan, er ist zu alter Klasse zurückgekehrt, hat Rennen gewonnen, hat viele Rennen beendet. Ich wollte einen Fahrer holen, der mich die Trennung von Massa nicht bedauern lassen würde - und jetzt habe ich einen."
Montezemolo kann es sich gut vorstellen, dass Räikkönen 2014 sein Kunststück von 2007 wiederholt und gleich im ersten Jahr nach dem Wechsel den Titel für Ferrari holt - auch wenn dies auf Alonsos Kosten geht: "Ich verlange von Räikkönen Siege, Konstanz, Podestplätze. Und Alonso wird davon am meisten profitieren. Ich komme noch einmal auf Lauda zurück: Als er zurückkam, da hat er Prost im Kampf um den WM-Titel geschlagen."
Montezemolo relativiert Kritik an Räikkönen
Dass er mit der Räikkönen-Wiederverpflichtung im Grunde einen Fehler der Vergangenheit eingesteht, sieht er heute mit Humor. "Das bringt mich ganz schön in Schwierigkeiten", lacht er. "Sagen wir es mal so: Hoffentlich kostet es mich weniger, als wir durch die Ergebnisse gewinnen. Und in der Formel 1 gibt es nichts, was nichts kostet."
In einem Punkt, der Montezemolo stets am Herzen lag, dürfte sich der Finne aber nicht geändert haben: das mediale Auftreten. Der Ferrari-Boss kritisierte ihn einst für seine Schweigsamkeit - nun zeigt er sich bereit, darüber hinwegzusehen, wenn die Ergebnisse passen: "Ich hoffe, dass sein PR-Beitrag Siege sein werden - neben der Arbeit mit dem Team und der ständigen Anwesenheit in Maranello. Die Last kann nicht nur auf Alonsos Schultern liegen." Abschließend gibt er zu, dass nicht er, sondern Teamchef Stefano Domenicali hinter dem Räikkönen-Comeback "die treibende Kraft" war.