Monza: McLaren und Ferrari auf Augenhöhe

, 08.09.2012

Lewis Hamilton schiebt sich im Abschlusstraining um eine Tausendstelsekunde vor Fernando Alonso: Bei Mercedes Sorgen mit der Technik, bei Red Bull ebenso

Die Formel-1-Fans dürfen sich auf eine enge Zeitenjagd im Highspeed-Tempel Monza einstellen. Das dritte Freie Training am Samstagmorgen gab einen Vorgeschmack auf das, was am Nachmittag wohl folgen wird: ein Kampf um Tausendstelsekunden. Die Aussichten für britische und italienische Fans sind gut. Lewis Hamilton (McLaren) war auch in der letzten Session vor der wichtigen Qualifikation der schnellste Mann im königlichen Park.

Der Brite markierte kurz vor dem Ende der Session in 1:24.578 Minuten die schnellste Runde. Bis zu jenem Zeitpunkt hatte der Held der italienischen Fans das Feld angeführt. Fernando Alonso und Ferrari haben die technischen Gebrechen vom Vortag abgehakt und strahlen mit der Sonne um die Wette. Der Spanier war in der Endabrechnung nur 0,001 Sekunden langsamer als Hamilton. Dieser Rückstand könnte im Zweifel von einem niesenden Eichhörnchen am Streckenrand ausgelöst worden sein - es ist nahezu nichts.

Die beiden Piloten von McLaren und Ferrari dürften auch die Favoriten im Kampf um die Pole-Position sein. Schon im Freien Training ging es verbissen und eitel zur Sache. Als Hamilton von der zwischenzeitlichen Bestzeit seines Ex-Teamkollegen hörte, fragte er sofort per Funk beim Team nach, wie weit der Spanier die Strecke am Ausgang der letzten Schikane ausgereizt habe. "Er war etwas über der weißen Linie", lautete die Antwort. Hamilton erweiterte den Kurvenradius an dieser Stelle fortan auf gleiche Weise.

Tolles Duell: Hamilton gegen Alonso

Während die beiden Protagonisten dieses Zweikampfes nun intensiv überlegen, wie sie den jeweils anderen im Qualifying besiegen könnten, geht die Führungsebene auf Kuschelkurs. Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo stattete McLaren-Boss Ron Dennis einen Besuch in dessen Garage ab. Beide hatten sichtbar Freude an dem engen Duell an der Spitze. Der Kampf wird aber nicht über Politik entschieden, sondern über freie Runden ohne Verkehr und beste Ausnutzung der Reifen.

Die Pneus stellen bislang das größte Fragezeichen dar. Während die Topteams mit Mühe und Not die weichere Medium-Mischung oft erst im zweiten Versuch im Betriebsfenster hatten, kamen andere Teams besser mit den sogenannten Option-Gummis zurecht. Force-India-Pilot Paul di Resta knallte gleich im ersten Umlauf mit der weicheren Mischung eine Runde in 1:24.849 Minuten auf die Bahn. Der Schotte war damit schnellster Verfolger des Topduos. Di Resta dürfte Wut im Bauch haben, denn nach einem Getriebewechsel wird er an diesem Wochenende um fünf Startplätze strafversetzt. Teamkollege Nico Hülkenberg (9./+0,711) blieb im Verkehr hängen.

Die "zweite Garde" in Reihen von McLaren und Ferrari hielt sich vornehm zurück. Felipe Massa (4./+0,331 Sekunden) hielt den Rückstand auf Alonso halbwegs gut in Grenzen, Jenson Button (5./+0,416) haderte mit seinem Wagen. Der Spa-Sieger ließ seinen McLaren im dritten Training noch einmal umbauen, aber der Erfolg blieb aus. In Sachen Topspeed war Button an der Spitze, aber seine Zeit im dritten Sektor (samt der schnellen Parabolica) machte vieles kaputt.

Bei besten Bedingungen mit sommerlichen Temperaturen (Luft: 25-28° C/Strecke: 32-35° C) und reichlich Sonnenschein herrschte im Lager von Mercedes eher Gewitterstimmung. Nico Rosberg (6./+0,458) war mit den härteren Reifen solide unterwegs, aber bei Michael Schumacher (14./+0,985) ging es nicht voran. Der Rekordchampion musste wieder einmal mit technischen Problemen kämpfen. "KERS geht nicht und kann nicht innerhalb der Session repariert werden", funkte man ihm früh ins Cockpit.

Red Bull kommt nicht auf Tempo

Im Lager von Lotus darf man sich wohl auf eine Art One-Man-Show gefasst machen, weil bislang nur Kimi Räikkönen das große Potenzial des Autos zu nutzen weiß. Der Finne (8./+0,677) fuhr mit Hilfe von Windschatten das höchste Tempo am Samstagmorgen. Die Radarfalle blitzte Räikkönen mit Tempo 345 km/h. Sein Aushilfsteamkollege Jerome d'Ambrosio (17./+1,395), der in Monza den gesperrten Romain Grosjean vertritt, war meilenweit weg.

Während man bei Sauber nach einer guten Darbietung von Sergio Perez (7./+0,582) auf einen Startplatz in den Top-10 hoffen darf, findet beim Weltmeisterteam Red Bull noch das große Rätselraten statt. Mark Webber (11./+0,811) und Sebastian Vettel (12./+0,828) kommen mit ihrem RB8 einfach nicht auf Tempo. Am Samstagmorgen kamen auch noch technische Sorgen hinzu. Vettel rollte zwei Minuten vor dem Ende der Session mit defekter Lichtmaschine aus.

Red Bull befindet sich aktuell auf dem Niveau von Williams. Pastor Maldonado (10./+0,805) und Bruno Senna (13./+0,833) fuhren auf eine schnelle Runde fast die gleichen Zeiten wie Webber und Vettel. Der Williams machte allerdings auf Longruns bisher den stärkeren Eindruck. Am Ende des Feldes gab es trotz eines verbesserten Caterham keine Überraschungen. "Das Auto ist super. Wir müssen nichts mehr ändern", erklärte Heikki Kovalainen, der dennoch nur 19. wurde. Timo Glock (22./+3,150) rangierte hinter seinem Marussia-Teamkollegen Charles Pic (21./+2,876).

Die Qualifikation in Monza wird mit Spannung erwartet. Jene Piloten, die mit dem Kampf um die Pole-Position nicht unbedingt etwas zu tun haben, werden sich bei ihrem letzten Run in der Zeitenjagd wohl für die härteren Reifen entscheiden. Diese halten bei starker Belastung mit vollen Tanks im Rennen deutlich besser, bieten aber im Kampf um die letzten Hundertstelsekunden im Qualifying keine erheblichen Nachteile.

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