Der frühere FIA-Präsident Max Mosley und der ehemalige Rennfahrer Gerhard Berger legen der Formel 1 nahe, alsbald die Kosten-Reißleine zu ziehen
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"Es ist allerhöchste Zeit für ein Umdenken." Das sind die Worte von Max Mosley. Der ehemalige Präsident des Automobil-Weltverbands (FIA) ist nämlich der Meinung, dass die Formel 1 dringend die Kosten-Reißleine ziehen muss. Der Sport müsse in dieser Hinsicht auf die Bremse treten, sagt Mosley im Gespräch mit der 'Welt am Sonntag'. Und er warnt: "Wenn nichts passiert, wird die Formel 1 schrumpfen."
Dabei handelt es sich laut dem 73-Jährigen um eine Entwicklung, die sich "schon vor Jahren" abgezeichnet hat. "Da nicht eingegriffen wurde, war es aus meiner Sicht unvermeidlich, dass es so weit kommen würde", sagt Mosley. Sein eigener Vorstoß zur Kostendeckelung in der Formel 1 habe zu wenig Gehör gefunden. Mosley: "Niemand konnte oder wollte sich dem Vorschlag anschließen."
Was folgte, sei nicht viel mehr als eine Scheinlösung gewesen. "Die Teams haben eine eigene Regelung der Kostengrenze eingeführt, die aber in Wirklichkeit nie gegriffen hat. Es war am Ende nur eine unverbindliche Absichtserklärung, nur eine Art Lippenbekenntnis. Es blieb praktisch wirkungslos, auch weil mein Nachfolger Jean Todt nie ein Freund der Kostenbremse war", erklärt Mosley.
Jean Todt und die FIA nicht konsequent genug?
Und seither sei das Kostenthema durch die FIA sträflich vernachlässigt worden, weshalb die Formel 1 jetzt "ein großes Problem" habe, wie es Mosley ausdrückt. Der ehemalige Grand-Prix-Fahrer Gerhard Berger stimmt zu: "Das Ungleichgewicht der Giganten und der finanziell schwachen Kleinen muss korrigiert werden." Außerdem sei der technische Aufwand zuletzt "ins Uferlose" geschossen.
Das wiederum bezeichnet Berger als "Grundübel" der Formel 1, will aber eine Panikreaktion und mögliche Schnellschüsse seitens der Verantwortlichen vermeiden. Es gebe "viele Stellschrauben", so der Österreicher im Gespräch mit 'Bild.de'. "Ich bin gegen schnelle Insellösungen." Vielmehr sollte ein konstantes Reglement her, das den Formel-1-Teams nicht immer wieder neue Ausgaben aufbürdet.
"Die ständigen technischen Veränderungen sind verwirrend und mit wahnsinnigen Kosten verbunden", erklärt Berger. "Gleichzeitig ist der Markt für Sponsorengelder in den letzten Jahren zurückgegangen. Diese Schere tut der Formel 1 nicht gut." Und das heißt? Alles eine Nummer billiger? Berger: "Natürlich könnte man eine Null weglassen und auch für 40 oder 50 Millionen eine spannende Formel 1 hinstellen."
Zu viel technischer Aufwand bei den Teams?
Berger kritisiert vor allem den Aufwand, den die Spitzenteams derzeit betreiben. Und er verweist auf den "Endkunden", den Fan an der Strecke oder vor dem Fernseher: "Es interessiert keinen einzigen Fan, dass durch x Versuche in teilweise zwei Windkanälen mit hunderten Leuten x verschiedene Bremsbelüftungen für ein Heidengeld entwickelt werden." Ein Punkt, der auch Mosley wichtig ist.
Der Ex-FIA-Präsident glaubt: Die Formel 1 würde eine drastische Kostenreduzierung verkraften. "Sie würde sich nicht in der Substanz verändern, wenn weniger Geld von allen Teams ausgegeben würde. Sie würde nur fairer für alle werden", so Mosley. Und Berger merkt an: "Die Regeln müssen klarer und nachhaltiger werden und dürfen nicht dauernd geändert werden." Das schade nur der Wahrnehmung.
"Beim Fußball könnte man ja auch den Platz größer machen, kleiner machen, mit 15 Mann spielen, mit zehn Mann spielen, das Tor größer oder kleiner machen. Macht man aber nicht. Fußball ist leicht verständlich, die Formel 1 im Moment schwer", meint Berger. Was sowohl er als auch Mosley nicht Formel-1-Chef Bernie Ecclestone anlasten. "Ohne ihn sähe es düster aus", sagt etwa Mosley.
"Er hält die Formel 1 kommerziell am Leben. Es ist sicher nicht seine Schuld, wenn die Teams über ihre Verhältnisse leben", erklärt Mosley und fügt hinzu: "Von Bernie Ecclestone profitieren alle." Oder wie es Berger ausdrückt: "Bernie hat diesen Sport über Jahrzehnte mit einer Perfektion, Weitblick, Gefühl, Schlitzohrigkeit und harter Arbeit zu einem grandiosen Erfolg geführt, wofür ihm alle danken müssen."