Mosley nach FIA-Urteil: "Formel 1 ist kein gewöhnlicher Sport"

, 22.06.2013

Max Mosley spricht unter anderem über "Grauzonen" bei Regelwerken, das Urteil aus Paris und Ross Brawn, einen der "cleversten Leute in der Formel 1"

Nach dem Urteil von Paris im Zuge der "Testgate-Affäre" meldet sich auch der ehemalige FIA-Präsident Max Mosley (von 1993 bis 2009 im Amt) zu Wort. Der Brite hielt sich als Gast bei 'The F1 Show' auf 'Sky Sports' in einigen Dingen zurück, vertrat dennoch gewohnt seine Meinung in der Runde. So betont er zum Beispiel, dass bei einem Regelbruch auch eine Strafe erwartet werde.

Zwischendrin verteidigt er Renndirektor Charlie Whiting, obwohl "seine Meinung nicht das Gesetz ist" und lobt Mercedes-Teamchef Ross Brawn als einen "der cleversten Leute in der Formel 1". Abschließend blickt Mosley auf das kommende Rennen in Silverstone, wo er einen Landsmann auf der Rechnung hat.

Das Urteil des FIA-Tribunals möchte Mosley zu Beginn nicht anfechten. "Ich mag es nicht, so etwas zu kritisieren. Das habe ich auch nie getan", betont er gegenüber 'Sky Sports' und fügt hinzu: "Aber wenn du die sportlichen Regeln brichst, und zwar deutlich, und man bekommt dadurch einen Vorteil - dann würde man eine Bestrafung oder so etwas Ähnliches erwarten", sagt er mit einem Lächeln.

Mosley verweist auf Testverbot

Hat er mit einer höheren Bestrafung gerechnet? "Das hat das Tribunal zu entscheiden", entgegnet Mosley kurz, "aber ich war überrascht", sagt er und verweist auf die "klare Regel, dass man nicht testen darf": "Du darfst nicht nur mit einem aktuellen Auto von 2013 nicht testen, sondern auch nicht mit einem, das im Wesentlichen gleich ist."

"Wenn du etwas machen willst, was gegen die Regeln ist, dann brauchst du das Einverständnis von allen anderen Teams", erklärt der 73-Jährige. Man kann es machen, so Mosley, aber nur, "wenn alle anderen Teams und die FIA zustimmen". Die Zustimmung der FIA hat nicht vorgelegen, sondern lediglich eine Meinungsäußerung des Renndirektors Charlie Whiting. Mosley dazu: "Die erste Sache ist: Charlie hat immer eine Meinung abgegeben - aber seine Meinung ist nicht das Gesetz", sagt er und verweist später darauf, dass Whiting klar zum Ausdruck gebracht habe, dass es sich lediglich um eine Meinung handle.

"Die zweite Sache: Wenn jemand sagt, dass Pirelli lediglich alle Teams informieren muss, dann liegt er falsch", sagt er. "Wenn ein Team nicht zustimmt, kann man den Test nicht machen, weil man die komplette Zustimmung braucht." Die Nachfrage bei Whiting sei legitim, aber "wenn es um eine Regel geht, dann muss man zu den Stewards gehen", stellt der ehemalige FIA-Präsident klar.

Beispiel Spionageaffäre

Von einem kolportierten Rauswurf von Mercedes-Teamchef Ross Brawn oder einer Gefährdung seinen Arbeitsplatzes hat Mosley nach eigenen Aussagen nichts gehört: "Ich wusste nicht, dass dies der Fall war", sagt er und lobt seinen Landsmann: "Ross Brawn ist einer der cleversten Leute in der Formel 1, als Ingenieur und generell." Was passiert, wenn Paddy Lowe zu Mercedes kommt, ist noch unklar und kann momentan lediglich spekuliert werden.

Nach dem Urteil könne Brawn nach Mosley aber erst mal durchatmen. "Er ist damit davongekommen, das zählt am Ende", sagt er. Ist Brawn das erste Mal davongekommen oder war dies schon mal in der Vergangenheit der Fall? Mosley zögert bei der Frage des Moderators, antwortet dann: "Ich bin nicht sicher, ich weiß es nicht", sagt er und lacht über die Anspielung auf Skandale der Formel 1 aus der Vergangenheit.

Wenn es um Skandale geht, darf ein Beispiel nicht fehlen: Die Spionageaffäre von McLaren im Jahr 2007. "Es war klar, dass sie von Ferrari Daten geklaut haben", betont Mosley. Für den Briten bedeutete dies: "Ausschluss von der Weltmeisterschaft - wenn wir das aber gemacht hätten, dann hätte es das Ende des Kampfs zwischen Räikkönen und Hamilton bedeutet. Es hätte auch ernsthafte Konsequenzen für McLaren geben können. Ich fand: Es ist eine sportliche Strafe und sie sollten ausgeschlossen werden." Wer hat dann die 100-Millionen-Dollar-Strafe vorgeschlagen? "Es war Bernie (Ecclestone; Anm. d. Red.), nicht ich", so Mosley.

In Silverstone setzt Mosley auf Hamilton

Das Ausloten von Grenzbereichen und Regelwerken gehört in der Königsklasse des Motorsports inzwischen dazu wie der der Heckflügel an die Boliden. "Das fundamentale Problem bei der Formel 1 ist, dass es kein gewöhnlicher Sport ist wie Fußball oder Tauchen", vergleicht Mosley. "Es gibt die technische Seite bei den Autos und die FIA versucht, die Performance der Autos einzuschränken - aus Sicherheitsgründen", wie er hinzufügt.

Die Ingenieure versuchen dementsprechend im Umkehrschluss, die Grenzen des Regelwerks und der Einschränkungen auszuloten. "Die Leute machen dann natürlich die ganze Zeit Druck. Wo es sich dann abspielt - von einfallsreichen bis zu, wie wir sagen, unlauteren Methoden - ist eine Grauzone. Es ist schwierig. Jeder, der einmal involviert war, hat eine Idee davon, wie schwierig es wirklich ist."

Nicht ganz so schwer fiel Mosley zum Abschluss der Sendung der Tipp für das Rennen im "Home of British Motorracing". Beim kommenden Grand Prix in Silverstone (28. bis 30. Juni 2013) freut er sich besonders auf die "Atmosphäre, die absolut einzigartig ist" und er nennt auf Nachfrage umgehend einen Landsmann als ersten Anwärter auf den Sieg: Lewis Hamilton. "Er wird der Favorit sein. Aber Rosberg, der andere Mercedes-Pilot, ist auch sehr schnell", so Mosley, der für die in den vergangenen Wochen vielgescholtenen Schwaben aufgrund der Fahrerpaarung am Ende noch ein Lob parat hat: "Deshalb ist es so ein gutes Team."

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