Vier Tage vor den ersten Testfahrten hat Renault seinen Motor für die Formel-1-Saison 2015 vorgestellt: Upgrade für verbesserte Performance und Zuverlässigkeit
© Foto: Renault Sport F1
Mit einem komplett neuen Antrieb startet Renault den Angriff auf Mercedes. Der französische Hersteller hat seine Power-Unit für die Saison 2015 generalüberholt und gibt vier Tage vor Beginn der Wintertestfahrten in Jerez einen Einblick in das neue System. Aufgrund der Homologationsregeln dürfen die Hersteller in diesem Jahr bis zu 48 Prozent an der Power-Unit aus dem vergangenen Jahr verändern.
Die dafür verfügbaren 32 Token hat Renault allerdings noch nicht vollständig aufgebraucht. Laut Cyril Abiteboul, Chef von Renault Sport F1, hat man bisher rund zwei Drittel benutzt, den Rest möchte man für einige Updates später in der Saison aufheben. Trotzdem ist der Franzose überzeugt, dass man das enorme Defizit zu Konkurrent Mercedes zumindest verringern konnte: "Wir werden vielleicht nicht die komplette Lücke geschlossen haben, aber wir sind zuversichtlich, dass wir den Abstand verkleinern konnten", sagt er.
"Wir glauben, dass wir bei der Performance einen sehr großen Schritt nach vorne gemacht haben und dass wir zuverlässiger sein werden", so der Franzose weiter. Zuletzt hatte Abiteboul erklärt, dass man in der Saison 2015 "mindestens fünf Siege" einfahren will, nachdem es in der vergangenen Saison aufgrund der Mercedes-Dominanz lediglich drei waren.
Updates in allen Systemen
Damit das Ziel auch gelingen kann, hat Renault viel Arbeit in seinen neuen Antrieb gesteckt. "Wir haben einige fundamentale Änderungen vorgenommen, um Performance und Zuverlässigkeit zu gewinnen", erklärt Technikchef Rob White. "Wir haben jedes System und Subsystem verbessert und dabei die Teile bevorzugt, die die meiste Performance bringen werden." Die größten Veränderungen wurden dabei im Verbrennungsmotor, dem Turbolader und der Batterie vorgenommen.
"Der Verbrennungsmotor wird eine neue Brennkammer, ein neues Abgassystemkonzept und variable Ansaugtrichter, die nach dem Reglement 2015 erlaubt sind, besitzen. Der Kompressor ist effizienter, während die Energierückgewinnungssysteme jetzt mit größerer Belastung umgehen können. Die Einheit 2014 hatte bereits einen guten Schwerpunkt, trotzdem haben wir das Paket noch weiter aufgeräumt, um die Integration in das Chassis weiter zu vereinfachen. Zudem wurden viele Systeme und Funktionen rationalisiert und versimpelt, um alles zu vereinfachen."
"Kurz gesagt: Es wurden nur wenige Teile von der 2014er in die 2015er-Power-Unit übernommen", so White. Und auch Einsatzleiter Remi Taffin will sich nicht lange in Details verrennen: "Wir werden nicht bei jedem einzelnen Teil, das wir verändert haben, ins Spezifische gehen, aber wir werden in Melbourne mit einem komplett anderen Motor als im vergangenen Jahr anreisen", kündigt er an.
Zuverlässigkeit muss besser werden
Und das wird auch nötig sein, will man das Jahr erfolgreicher abschließen als das vergangene. Gegen die Konkurrenz von Mercedes sah man im ersten Jahr des neuen Motorenreglements nämlich keine Stiche. Lediglich drei von 19 Saisonrennen konnten die Franzosen für sich entscheiden, die restlichen 16 schnappte sich der deutsche Hersteller. Rund 60 PS soll das Manko im Vergleich zu Mercedes betragen haben.
Doch nicht nur bei der Performance hinkte Renault hinterher, auch die Zuverlässigkeit war vergleichsweise nicht akzeptabel. Sebastian Vettel kämpfte 2014 lange dagegen an, keine sechste Komponente zu verwenden, doch in Austin tauschte der Red-Bull-Pilot dann gleich den kompletten Antrieb aus und musste somit von ganz hinten starten. Toro-Rosso-Kollege Daniil Kwjat war zuvor der erste Pilot, der über das Kontingent hinausschoss.
"Unsere Bilanz war im vergangenen Jahr nicht so, wie wir uns das erhofft hatten", muss Taffin einsehen. Und da das Kontingent um die Antriebseinheiten noch einmal verringert wurde, von fünf auf vier Einheiten pro Saison, musste Renault vor allem an der Zuverlässigkeit schrauben. "Aber wir haben schon in der zweiten Saisonhälfte hart an der Zuverlässigkeit gearbeitet und gute Verbesserungen erzielt", macht er Mut.
Neue Struktur in Viry
Als vorteilhaft könnte sich 2015 erweisen, dass Renault seine Ressourcen nun verstärkt auf ein Team konzentriert. Offiziell ist Red Bull zwar kein Werksteam, dennoch liegt der Fokus Renaults vollständig auf dem Team aus Milton Keynes. Mit Schwesterrennstall Toro Rosso stattet der Hersteller auch nur ein weiteres Team mit Motoren aus, nachdem Lotus in Richtung Mercedes abgesprungen war und Caterham wahrscheinlich nicht mehr am Start sein wird.
Gleichzeitig hat man auch die Personalstruktur zuhause in Viry umgestellt. Rob White wurde zum neuen Technikchef ernannt, während die Rolle von Remi Taffin ausgeweitet wurde, der nun auch das Geschehen in der Fabrik überwachen soll. Zudem wurde eine neue Entwicklungsabteilung installiert, die auf maximale Performance und Zuverlässigkeit ausgelegt ist und von Naoki Tokunaga geleitet wird.
"Die Formel 1 bewegt sich konstant rapide nach vorne. Der Sport entwickelt sich weiter, die Technologie entwickelt sich weiter, und die Konkurrenten schlafen niemals. Von daher muss sich auch Viry mit der gleichen Entwicklungsrate nach vorn bewegen", sagt Abiteboul. "Viry brauchte einen neuen Anstrich. 2014 mangelte es nicht an Ressourcen oder Finanzen, die Ressourcen wurden einfach nicht rechtzeitig eingesetzt oder optimal benutzt." Das soll sich ändern, wenn man 2015 den Angriff auf Mercedes starten möchte.