Adrian Newey erklärt alle Hintergründe zu Red Bulls Brasilien-Zitterpartie, den wiederholten Ausfällen der Lichtmaschine und dem Wendepunkt der Saison
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Sebastian Vettels Titelverteidigung in Brasilien hing am seidenen Faden. Nach der Startkollision mit Bruno Senna stand der Heppenheimer kurz davor, seinen Red Bull in der Garage parken zu müssen. Technikchef Adrian Newey beschreibt bei 'ServusTV' die Hintergründe zum Rennen in Sao Paulo: "Wir waren noch in der Garage, als es passierte, denn so schnell konnten wir gar nicht an den Kommandostand wechseln."
"Es gab zwei Hauptprobleme", schildert Newey. Zum einen sei dies der Anpressdruck gewesen, der aufgrund der beschädigten Karosserie verloren ging. "Das konnten wir durch die Telemetrie sehen", erklärt der Chefdesigner. "Also passten wir beim ersten Boxenstopp den Frontflügel an, um die Balance so gut es geht nach hinten zu bekommen. Das hat das Auto aus aerodynamischer Sicht langsamer gemacht."
Schwarz-orangene Flagge drohte
Das größere Problem habe hingegen der Auspuff verursacht, so Newey: "Der wird bis zu 1.000 Grad Celsius heiß, wird also sehr heiß. Die Metalle, die wir dort verbauen, sind sehr speziell, das ist alles ziemlich am Limit gebaut." Dem Team sei nichts anderes übrig geblieben, als die Motoreinstellungen zu verändern, um die Auspufftemperatur so weit wie möglich zu reduzieren. "Mehr konnten wir eh nicht tun."
In den folgenden Runden war bei Red Bull Zittern angesagt: "Von da an hofften wir nur noch, dass die Karosserie zusammenhalten würde", sagt Newey. Denn wäre der Auspuff nicht mehr intakt gewesen, hätte auch die Karosserie von der Hitze angeschmolzen werden und brechen können. "Irgendwann haben wir gesehen, dass sich tatsächlich ein Teil löste. Wenn das mehr gewesen wäre, hätte man uns vielleicht die schwarz-orange Flagge gezeigt und uns aus Sicherheitsgründen aus dem Rennen genommen."
Lichtmaschinen-Defekt seit 2005 nicht im Griff
Ein anderes Problem, das das Red-Bull-Team über weite Strecken der Saison verfolgte, war die Lichtmaschine. Ihr Ausfall nahm auch dreimal einen seiner Fahrer mit aus dem Rennen: Sebastian Vettel in Valencia und Monza, Mark Webber in Austin. Auf das Thema angesprochen, winkt Newey ab: "Zunächst einmal ist die Lichtmaschine ein Teil, das von Renault kontrolliert, von Magneti Marelli gemacht und dann von Renault auf deren Motor angeflanscht wird. Insofern bin ich nicht der ideale Ansprechpartner zu diesem Thema, um ehrlich zu sein."
Dennoch erklärt der Technikchef, wo die Schwierigkeiten des Bauteils lagen: "Wie sich herausgestellt hat, war es ein Problem mit dem Kugellager der Lichtmaschine. Renault und Magneti Marelli haben lange gebraucht, um zu verstehen, was das Problem war." 2005 sei der Defekt das erste Mal aufgetreten. Weil er so selten vorkam, habe man ihn aber nicht in den Griff bekommen.
"Im Vorjahr gab es gar keine Ausfälle, aber dieses Jahr begann es zu zwicken", so Newey. "Es hat uns viele Punkte gekostet, und so, wie das Punktesystem jetzt ist, tut das besonders weh." Dies könne man an Kimi Räikkönen sehen, der mit nur einem Sieg WM-Dritter wurde.
Singapur als entscheidende Wendemarke
Nach dem zweiten Lichtmaschinen-Defekt in Monza lag Sebastian Vettel in der WM sogar hinter dem Finnen auf Rang vier, doch mit dem Europa-Abschied kam auch bei Red Bull die Wende. "In Singapur haben wir all diese neuen Teile eingeführt, eine neue Nase, einen neuen Frontflügel, neue Seitenkästen, das Doppel-DRS", verrät der Designer das Erfolgsrezept.
"Das Doppel-DRS brachte nur im Qualifying etwas, aber der Rest zielte wirklich darauf ab, das Auto beständiger zu machen." Dies habe laut Newey auch Vettel geholfen: "Das kam Sebastians Fahrstil sehr entgegen, denn das Auto wurde dadurch am Kurveneingang stabiler, und wenn das der Fall ist, kann er mehr rausholen." Was folgte, waren vier Siege in Serie für den Heppenheimer - der Grundstein für den späteren WM-Titel.