Adrian Newey erklärt, was beim neuen Reglement die größten Herausforderungen gewesen sind - Warum die Änderungen von 2009 weitaus gravierender waren
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Die Premiere der neuen Formel-1-Boliden der Saison 2017 bei den Testfahrten auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya ist gut gelaufen: Die neuen Autos sehen spektakulär aus und sind deutlich schneller als ihre Vorgänger. Fernando Alonso ließ sich sogar zu der Aussage hinreißen, dass man sich für die Boliden der vergangenen Jahre "entschuldigen" müsse. Für die Aerodynamiker bedeuteten die Regeländerungen vor allem jede Menge Arbeit, da völlig neue Autos konstruiert werden mussten.
Aber kaum zu glauben: Adrian Newey betont, dass die Regeländerungen für die Formel-1-Saison 2017 aus aerodynamischer Sicht gar nicht so gravierend gewesen seien. "Gegenüber den Änderungen von 2009 fallen sie wesentlich geringer aus", so der Red-Bull-Designguru. Der Grund liegt in der Fahrzeugphilosophie: Als 2009 die breiten Frontflügel eingeführt wurden, wurden die Aerodynamiker nämlich aus ihrer Komfortzone gerissen. Der Luftstrom neben dem Frontflügel musste nun nämlich außen an den Rädern vorbei geleitet werden statt wie zuvor innen.
Das hatte damals Auswirkungen auf das gesamte Aerokonzept des Autos. Sämtliche Erfahrungen aus einem Viertelfahrhundert waren plötzlich obsolet. Auch als 2014 der Frontflügel leicht verkleinert wurde, änderte sich das Konzept nicht. Bei den Änderungen 2017 wächst nun der Flügel mit dem Auto mit. Die Lektionen der vergangenen acht Jahre können also weiterhin angewandt werden. "Die Luftströme werden nicht sehr viel anders geleitet als in den vergangenen Jahren" bestätigt Newey.
Dickere Aufhängungen behindern Aerodynamik
Natürlich gibt es aber auch Unterschiede. Der höhere Anpressdruck führt in Kombination mit der Erhöhung des Fahrzeuggewichts um 26 auf 728 Kilogramm zu strukturellen Herausforderungen. Vor allem die Aufhängungen müssen widerstandsfester konstruiert werden und fallen damit dicker aus. Das wiederum gefällt den Aerodynamikern natürlich nicht, da dies zu weiteren Verwirbelungen führt. "Da gibt es immer einen Kampf", gibt der 58-Jährige zu und spottet: "Jetzt liegen wir beim Gewicht auf Sportwagen-Niveau."
Eine weitere Schlüsselstelle ist der Frontflügel an der Stelle des Übergangs vom genormten Mittelteil zur freigestellten Zone. Aus diesem Grunde werden die Teams auch dieses Jahr wieder Dutzende verschiedener Frontflügelversionen entwickeln.
Am interessantesten ist aber die Region rund um die Bargeboards - also an der Stelle, vor den Seitenkästen, an der das Auto in die Breite wächst. Hier wurden zum ersten Mal seit einer Ewigkeit neue aerodynamische Freiheiten geschaffen, die vorher verboten waren. "Diese Aufhebung in das Spannendste überhaupt bei den neuen Regeln", freut sich Newey, der seit Jahren einen Kreuzzug gegen zu restriktive Reglements führt.
"Das ist ein Bereich, in dem es weitreichende Möglichkeiten gibt. Und man sieht, dass dieser Bereich seit der Präsentation der Autos derjenige ist, in dem sich am meisten tut." Und das wird auch in Zukunft so weitergehen. Zu weit ins Detail geht er hier nicht - schließlich hält jedes Team seine Informationen so geheim wie möglich.