Niki Lauda über Rosberg-Stärke: "Hat sich Härte antrainiert"

, 09.11.2016

Kein Zurückziehen im Zweikampf, volle Konzentration auf das Wesentliche: Diese Faktoren haben Nico Rosberg aus Sicht seines Chefs die neuen Erfolge beschert

Am kommenden Wochenende hat Nico Rosberg im Grand Prix von Brasilien 2016 einen Matchball. Mit einem Sieg in Sao Paulo könnte sich der Deutsche vorzeitig seinen ersten Weltmeistertitel sichern - völlig unabhängig vom Rennergebnis seines Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton. Seit 2013 hatte Rosberg im Stallduell gegen den Briten stets das Nachsehen gehabt, in diesem Jahr strahlt er nach Ansicht vieler Beobachter mehr Stärke, Konsequenz und Willen aus.

Im gebürtigen Wiesbadener, dessen Vater Keke 1982 der Titelgewinn mit nur einem Saisonsieg gelungen war, habe ein Prozess des Umdenkens zu den neuen Stärken geführt. Dies meint Mercedes-Formel-1-Aufsichtsrat Niki Lauda. "Er hat sich hingesetzt und sich gefragt: Was kann der Hamilton besser als ich?", so der Österreicher im Interview mit 'Auto motor und sport'. Trotz seines großen Einsatzes sei er in den Jahren zuvor nie gegen das Talent von Hamilton angekommen.

"Weil Nico wie ich früher immer das große Bild im Auge hatte, und deshalb lieber mal im Zweikampf zurückgesteckt hat. Lewis hat einfach draufgehalten, ist in jede Lücke reingefahren und kam damit immer durch", sagt Lauda. Die zurückhaltende Vernunft ist konsequenter Härte gewichen. "Statt in Depressionen zu verfallen, hat er sich diese Härte antrainiert. Und jetzt merkt Lewis plötzlich, dass er gegen diesen Nico mit seinem Naturtalent allein nicht mehr ankommt", schildert der dreimalige Formel-1-Weltmeister.

Hamilton reagiert: Ohne Arbeit geht es halt nicht

Jener Prozess habe bereits zum Ende der vergangenen Saison eingesetzt. Analyse der eigenen Schwächen im Duell gegen Hamilton, Abweisen aller möglicher Ablenkungen und Attacke auf der Strecke - so das neue Rezept. "Der Nico lässt sich von niemandem reinreden, ich glaube, nicht mal von seinem Vater. Er macht ganz allein sein eigenes Ding", sagt Lauda. Entsprechend habe es 2016 teamintern mehrfach gerappelt. "Da hätte er früher zurückgesteckt", ist sich der Österreicher sicher.

Die Verhandlungen über den neuen Mercedes-Vertrag legte Rosberg in die Hände von Gerhard Berger. Zuvor hatte der Deutsche seine Kontrakte immer selbst verhandelt. "Toto und ich haben mit Nico vielleicht zweimal über den neuen Vertrag gesprochen, dafür 50 Mal mit Gerhard", berichtet Lauda. Zeitgleich kokettierte Hamilton mit seiner Leichtigkeit. Er flog von Party zu Party und suchte abseits der Grand-Prix-Wochenenden immer mehr Ablenkungen.

Erst seit Anfang Oktober hat der Brite sein Programm umgestellt, um auf die konsequente WM-Attacke seines Teamkollegen reagieren zu können. Nachdem ihm Rosberg die WM-Führung durch einen Sieg in Malaysia wieder abgeknöpft hatte, hielt sich Hamilton mit Feiern zurück. "Lewis hat verstanden, dass sein Naturtalent nicht mehr ausreicht, gegen diesen kompletten Rosberg zu bestehen. Deshalb investiert er jetzt viel mehr Zeit in das Auto, die Reifen und das Setup. Die Frage ist, ob Lewis noch genug Zeit bleibt, das umzusetzen", meint Lauda zwei Rennen vor dem Ende der Formel-1-Saison 2016.

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