Piero Ferrari widerspricht Briatores Forderung, eine Teambasis in Großbritannien aufzubauen, und verweist auf ein unrühmliches Kapitel der Ferrari-Geschichte
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Piero Ferrari, Sohn des legendären Enzo Ferrari, sieht keinen Bedarf, dass Ferrari einen Stützpunkt in Großbritannien aufbaut. "Es ist nie einfach, ein Rennteam mit über 1.000 Mitarbeitern zu führen, und wir hatten organisatorische Probleme, aber jetzt stimmt die Richtung", meint der Italiener gegenüber dem Blog von Ferrari-Insider Leo Turrini, dass die Scuderia in Maranello bleiben muss.
Damit reagiert der 71-Jährige, der zehn Prozent von Ferrari besitzt, auf die ständigen Forderungen von Ex-Renault-Teamchef Flavio Briatore, der die Krise Ferraris darauf zurückführt, dass die meisten Spitzeningenieure im Grand-Prix-Sport traditionell in Großbritannien leben, wo es eine Art Formel-1-Silicon-Valley gibt. Ein Problem, unter dem auch das Toyota-Werksteam mit Sitz in Köln Marsdorf litt. Abgesehen von Ferrari, Toro Rosso und Sauber haben alle Rennställe ihre Teambasis in Großbritannien.
"Ich würde ein schönes Gebäude zwischen Red Bull, McLaren und Williams hinbauen", meinte Briatore kürzlich gegenüber 'Radio Rai'. "Wenn Sie Champagner produzieren, dann am besten in Frankreich. Wenn Sie Parmaschinken herstellen, sollte Ihr Standort Parma sein. Und in der Formel 1 muss man in Großbritannien sein." Erst diesen Sommer trennte sich Ferrari von Technikchef James Allison, dessen Kinder in Großbritannien leben und der nach dem Tod seiner Ehefrau wieder auf die Insel zog.
Doch Piero Ferrari beruft sich auf die Vergangenheit, um eine Teambasis in Großbritannien auszuschlagen. Er sieht es noch heute als seinen "größten Fehler" an, dass er Enzo Ferrari davon überzeugte, "dass wir auf einen großen Designer von außen setzen müssen". Eine Anspielung auf John Barnard: Von 1987 bis 1990 und erneut zwischen 1993 und 1995 fungierte der Brite als Technikchef für die Scuderia.
Da er sich weigerte, nach Italien zu ziehen, arbeitete er Ferrari aus seinem Büro in Großbritannien zu. Teilweise wurden Baupläne via Fax hin und hergeschickt, was auch zu Missverständnissen führte. Meist überarbeitete der österreichische Designer Gustav Brunner Barnards Autos in Maranello, wodurch Ferrari in der zweiten Saisonhälfte konkurrenzfähiger war. "Barnard hat sich nie auf unsere Kultur eingelassen", meint Ferrari heute. "Das war ein großer Fehler."
Aus diesem Grund hält er es für die beste Idee, dass Chassis und Motor am gleichen Ort gebaut werden. "Ich stimme Marchionne zu, dass wir auf die Siegerstraße zurückkehren können, indem wir der Ferrari-Tradition treu bleiben."