Der Deutsche behauptet mit demonstrativer Gelassenheit, kein optimales Auto gehabt zu haben, während sein knapp geschlagener Kollege nur über den Spaßfaktor spricht
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Für Nico Rosberg war das Qualifying zum Brasilien-Grand-Prix am Samstag mehr Prestigeerfolg als großer Wendepunkt im Kampf um den WM-Titel. Die elfte Pole-Position der Saison sicherte ihm vorzeitig die Sondertrophäe für die meisten ersten Startplätze des Jahres, eine Fabelrunde in 1:10.023 Minuten die 0,033 Sekunden Vorsprung auf seinen Teamkollegen Lewis Hamilton. Dem Briten genügen zweite Ränge in Sao Paulo und Abu Dhabi, um sich die Fahrerkrone zu sichern.
Höchste Zeit, die mentale Kriegsführung zu initiieren: Rosberg will keinen optimalen Boliden am Lenkrad gehabt haben: "Ich war von den Einstellungen im Auto - da lässt es extrem beeinflussen - nicht im richtigen Bereich. Es ließ sich aber nicht mehr ändern", sagt der Wiesbadener. "Dann ist das Auto anders und das Risiko, einen Fehler zu machen, vorhanden. Ich musste einfach im Rhythmus bleiben. Daher musste ich mit nicht idealen Einstellungen fahren."
Trotzdem habe es noch für eine gute Runde gereicht. "Ich freue mich sehr. Es ist echt klasse, wieder auf Pole-Position zu sein", jubelt Rosberg. "Am Ende war es richtig eng." Toto Wolff kann sich bei 'Sky' ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen, wenn es um die angeblich so misslungene Setupwahl seines Schützlings geht. "Wahrscheinlich sind ein paar Psychospielchen dabei, aber das gehört auf diesem hohen Niveau dazu", weiß der Mercedes-Motorsportchef und unterstellt auch Hamilton Defizite.
Auch Hamilton hatte seinen Spaß
Wolff erklärt mit Blick auf die unklare Wetterlage am Sonntag und die neue Asphaltdecke des Autodromo Jose Carlos Pace: "Beide sind Kompromisse bezüglich des Setups eingegangen, weil wir auf dem härteren Reifen viel Untersteuern hatten. Deswegen ließe es sich nicht auf die Qualifying-Runde optimieren." Rosberg hat seine Gelassenheit nicht genommen: "Druck? Es ist das Gleiche wie sonst auch. Adrenalin und Spannung sind vorhanden, so viel ändert sich daran nicht."
Für den 29-Jährigen ist eine positive Herangehensweise der Schlüssel zum Erfolg, Patzer der Vergangenheit beeindrucken ihn nicht mehr: "Ich versuche, immer optimistisch zu bleiben und bin es auch. Aus Austin habe ich gelernt und weiß, was ich besser machen muss. Das werde ich morgen umsetzen." Hamilton will das verhindern und degradiert die Pole-Position zum Etappensieg: "Das war nur das Qualifying. Es hat riesig Spaß gemacht und ich hatte eine tolle Runde."
Williams laut Wolff im Rennen schwächer
Die Gute-Laune-Offensive des Briten geht weiter: "In Kurve 10 habe ich ein bisschen Zeit verloren und vielleicht noch ein paar Späne in der ersten Kurve, aber rauszufahren und zu kämpfen war toll. Darum geht es in einem Qualifying. Wenn es nur immer so knapp wäre...", schwärmt Hamilton. "Das begeistert die Menschen. Natürlich startet es sich auf der Pole-Position am besten, aber es sollte dank der Pitstopps und den Unbekannten beim Wetter spannend werden."
Sich mit dem in Sachen WM ausreichenden zweiten Platz zu begnügen, kommt nicht infrage: "Ich bin da, um zu gewinnen, wie alle anderen auch. Lasst und ein Rennen fahren!" Wolff ist angetan von dem Duell seiner wichtigsten Angestellten: "Nicht schlecht, der Kutscher", lobt er Rosberg und klopft auch Hamilton auf die Schulter: "Wir haben ausgerechnet, dass der Unterschied eineinhalb Meter auf der gesamten Streckenlänge beträgt. Die beiden schenken sich einfach nichts."
Dass auch die Williams-Piloten Felipe Massa und Valtteri Bottas in Schlagdistanz waren, ist dem Österreicher nicht entgangen: "Es war wesentlich knapper als sonst", sagt Wolff, relativiert aber bezüglich des Renntempos der beiden: "In den jüngsten Rennen hat man gesehen, dass sie Schwächen haben und sehr auf das Qualifying hin optimieren." Eher hat er einen formverbesserten Rosberg auf der Rechnung: "Er hat kleine Fehler gemacht. Er muss alles zusammenbekommen, dann kann er gewinnen."