Alain Prost spricht unter anderem über Räikkönen und Vettel und erklärt, warum Michael Schumachers Comeback nicht von Erfolg gekrönt war
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Noch ist Alain Prost hinter Michael Schumacher und Juan-Manuel Fangio der dritterfolgreichste Fahrer, was die Anzahl der gewonnenen WM-Titel angeht. Der Franzose holte zwischen 1985 und 1993 vier Weltmeisterschaften, spürt derzeit aber den Atem von Sebastian Vettel im Nacken, der auch nach drei Titeln noch lange nicht genug hat, und sich derzeit auf dem Weg zum vierten Streich befindet.
Damit hätte der Deutsche die Marke des "Professors" egalisiert. Doch während es Rekorde gibt, die man wirklich nur ungerne loswerden würde - man erinnere sich an Rubens Barrichellos Einstellen des Rekordes für die meisten Grand-Prix-Starts von Riccardo Patrese - ist Prost das in diesem Falle egal. Darum will er sich auch nicht auf einen Fahrer festlegen, der den Titel im aktuellen WM-Kampf holen soll. "Ich habe keinen Favoriten. Ich mag viele Fahrer und ich mag, wie sie sich gegenseitig herausfordern", so der 58-Jährige gegenüber der 'Welt am Sonntag'.
"Deswegen traue ich mir nur eine Vorhersage zu: Die Weltmeisterschaft wird erst im letzten Rennen entschieden. Wer dann oben steht? Keine Ahnung", entgegnet der Botschafter von Renault der Frage, ob ihm Sebastian Vettel oder Kimi Räikkönen als Weltmeister lieber wäre. Obwohl Prost den Heppenheimer und dem Mann aus Espoo für "sehr unterschiedliche Charaktere" hält, betont er: " Ich mag beide."
Freundschaft unter Teamkollegen möglich?
"Räikkönen ist witzig, ein extrem guter Pilot. Keiner geht so gut mit den Reifen um wie er. Vettel ist sehr schnell, ehrgeizig und vor allem noch motiviert. Nach drei WM-Titeln hintereinander ist das keine Selbstverständlichkeit. Damit hilft er dem Team sehr. Er hat als Kind angefangen, besser und besser zu werden. Er hat bis heute nicht damit aufgehört. Aber man kann nie sagen: Der ist der Beste und der andere ist der Zweitbeste. Das führt zu nichts. Dafür sind die Unterschiede zu gering und die Voraussetzungen zu unterschiedlich", so Prost.
Spekulationen zufolge könnten die beiden Freunde Räikkönen und Vettel im kommenden Jahr gemeinsam für Red Bull an den Start gehen, für den Franzosen wäre es "eine witzige Konstellation, ohne Zweifel". Dazu betont Prost, dass ein Verlust des Finnen "sehr schade" für Lotus wäre und er stellt sich die Frage: "Können Teamkollegen in einem Rennstall, der um den Titel kämpfen will, Freunde sein?" Sein Urteil: "Meine Erfahrung sagt eher das Gegenteil", sagt Prost rückblickend und kann damit nur auf seine legendären Duelle und Kämpfe mit Teamkollege Ayrton Senna bei McLaren anspielen.
Was haben Prost und Lotus-Pilot Räikkönen gemeinsam? Beide legten in ihrer Karriere ein Jahr Pause ein und kehrten erfolgreich in die Königsklasse des Motorsports zurück. Der Franzose krönte seine Rückkehr im Jahr 1993 sogar direkt mit seinem vierten und letzten WM-Titel. Soweit ist Räikkönen - zumindest noch - nicht. Diese beiden Comebacks könne man laut Prost aber nicht dem Wiedereinstieg Michael Schumachers 2010 vergleichen: "Als Räikkönen ging, wusste er, dass er eines Tages zurückkehren würde. Er ist einige Rallyerennen gefahren, hat sich fit gehalten und war mental nie ganz raus aus der Formel 1."
Schumachers Comeback unter anderen Voraussetzungen
"Bei mir war es ähnlich", betont Prost. "Ich habe ein Jahr ausgesetzt und mich in der Zeit aber auf das Comeback vorbereitet, körperlich und geistig." Bei Schumacher, der in seiner zweiten Karriere als bestes Ergebnis Rang drei vorweisen kann, seien völlig andere Vorrausetzungen im Spiel gewesen: "Er war drei Jahre weg. Ich bin sicher, dass er eigentlich gar nicht zurückkehren wollte. Das war nicht geplant, sondern eher eine Verkettung von Umständen", urteilt der ehemalige Weltmeister.
Ob die aktuelle Formel 1 ein Fall für den Franzosen wäre, ist nur spekulativ, doch auf dem Papier dürfte sie Prosts Stärken ansprechen. In Zeiten von Reifenhaushalten und Bummelzügen dürfte der Analytiker mit seinem runden und weichen Fahrstil gute Karten haben, zumal Prost schon damals dafür bekannt war, das Auto sicher und materialschonend über die Ziellinie zu bugsieren. Und wie man einen WM-Kampf taktisch führt, wissen Prost und Vettel gleichermaßen. Beide nehmen auch mal einen zweiten Platz und sichere Punkte in Kauf, anstatt auf Teufel komm raus den Sieg zu erzwingen.