Räikkönen: Kein Rentenvertrag, kein Theater

, 01.11.2012

Der Finne legt Wert darauf, keine langfristigen Kontrakte einzugehen und hält einen Grand-Prix-Sieg 2012 im Gegensatz zum WM-Titel noch für realistisch

Kimi Räikkönen ist ein Mann, der Freiräume braucht. Lotus ist nicht nur an der Rennstrecke und bei der Öffentlichkeitsarbeit bemüht, dem 33-Jährigen diese einzuräumen - deshalb ist die kürzlich bekanntgegebene Vertragsverlängerung um ein Jahr auch nicht als Versicherung des Teams zu verstehen. Es geht Eric Boullier nicht darum, einen formschwachen Räikkönen möglichst unkompliziert loszuwerden. Der Franzose erfüllt seinem Piloten den Wunsch nach Flexibilität bei der Karrieregestaltung.

Räikkönen erklärt, worum es ihm bei seiner Zukunftsplanung geht: "Ich bin glücklich damit, die Sache Jahr für Jahr anzugehen und zu sehen, was passiert", so der Ex-Weltmeister, der am Mittwoch in einem Interview davon sprach, nicht genau zu wissen, wie lange er noch in der Königsklasse ins Lenkrad greifen wolle. Immer wieder sind Gerüchte über eine Rückkehr in den Rallyesport zu vernehmen: "Es macht das Leben einfacher für mich. Ich sehe keinen Grund, langfristige Verträge abzuschließen."

Unkomplizierter Umgang bei Lotus

Dieser Marschroute bleibt Räikkönen treu und geht offen damit um, dass es für ihn in Zukunft andere Herausforderungen geben könnte als die Formel 1. "Wenn man weg will und etwas anderes machen möchte, gibt es so weniger Theater und weniger Probleme", erklärt er und darf behaupten, sich mit solchen Dingen auszukennen. Als Räikkönen 2008 bei Ferrari seinen Hut nahm oder nehmen musste, band ihn ein Kontrakt in Maranello für eine weitere Saison.

Missstimmung wie bei der Scuderia scheint es in Enstone nicht zu geben. Schließlich lobt Räikkönen die Lotus-Truppe in den höchsten Tönen und kann sich einen kleinen Seitenhieb auf Ferrari nicht verkneifen: "Ich mag die Leute, wirklich ein sympathischer Haufen. Für sie ist Motorsport eine Herzensangelegenheit und weniger politisch als bei vielen anderen, weil es kein Werksteam ist. Das macht den Unterschied." Einen Rallyeeinsatz hatte ihm die Teamführung dennoch verboten.

E20 braucht bessere Höchstgeschwindigkeit

Räikkönen nimmt es hin, weil er anderer Front Freiheiten erhält. "Ich habe hier eine gute Zeit und keinen Grund, mich zu beklagen", unterstreicht er. Auch nicht über seinen Boliden. Dem E20 hätte er auch beim Indien-Grand-Prix, der mit dem eher enttäuschenden siebten Rang endete, mehr zugetraut. "Ich dachte wirklich, dass wir beim vergangenen Rennen genügend Tempo hatten. Das ist der Grund, warum ich von meiner Entscheidung, das Auto zu verändern, enttäuscht war."

Nicht obwohl, sondern eben gerade weil es ein Setupproblem im Weg stand, bleibt Räikkönen optimistisch: "Im Qualifying hat es gehakt, aber im Rennen hatten wir gemessen an den Rundenzeiten eines der schnellsten Autos", betont er und erläutert, wieso er sich an Felipe Massa trotzdem die Zähne ausbiss. "Aufgrund unserer Höchstgeschwindigkeit auf der Geraden wären wir niemals in der Lage gewesen, jemanden zu überholen. Das war die größere Enttäuschung."

Siege in Reichweite, WM-Titel nicht

In Abu Dhabi soll das Paket passen: "Aber so läuft es eben manchmal, hoffentlich bekommen wir an diesem Wochenende alles hin und machen keine Fehler im Qualifying", blickt Räikkönen voraus. Mit "nur" sechs Podiumsplätzen als Highlights der Erfolgsbilanz soll 2012 nicht in die Lotus-Geschichtsbücher eingehen: "Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht noch ein Rennen gewinnen sollten, aber natürlich brauchen wir dafür eine Portion Glück. Abwarten."

Angesichts eines Rückstandes von 67 Punkten auf den WM-Führenden Sebastian Vettel bei 75 noch zu vergebenen Zählern bedeutet das für Räikkönen aber nicht die realistische Aussicht, 2012 seinen zweiten Weltmeister-Titel einzufahren. Dennoch stützt sich der Finne auf mathematische Fakten, die ihn zumindest in der Theorie noch zum Kandidaten machen: "Ich glaube, wir haben noch eine Chance, wenn wir dranbleiben", bestätigt er das Rechenexempel.

Doch Räikkönen ist Realist genug, um zu erkennen, dass es sich dabei um einen Papiertiger handelt: "Aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass unsere Konkurrenten bei keinem Rennen mehr das Ziel erreichen. Ich sehe nicht, dass das passiert", räumt er mit Blick auf die beeindruckende Red-Bull-Form und den wiedererstarkten Fernando Alonso ein. Aufgeben kommt dennoch nicht in die Tüte: "Wir werden es versuchen, unser Bestes geben und so viele Punkte wie möglich einfahren."

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