Kimi Räikkönen holt für die Scuderia Ferrari die zweite Bestzeit - "Haben aus der Vergangenheit gelernt", so der "Iceman" - Medien schuld an schlechter Stimmung?
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Zweimal Bestzeit, zweimal Zweiter - so liest sich die Ergebnisliste der ersten Testwoche in Barcelona aus Sicht der Scuderia Ferrari. Kimi Räikkönen konnte am Dienstag und Donnerstag für die Roten anschreiben, Teamkollege Sebastian Vettel musste sich nur der silbernen Konkurrenz geschlagen geben. Hat Ferrari in der Winterpause das neue Reglement von allen Topteams am besten umgesetzt? Oder wird man zumindest die Lücke zu Mercedes zufahren können?
Für den Spitzenmann des letzten Testtages ist seine Bestmarke noch kein Grund um auszuflippen. "Iceman" Räikkönen analysiert, wenn auch etwas kränklich, gewohnt unaufgeregt: "Bisher hat alles gut funktioniert." Seine Rundenzeit von 1:20.872 Minuten auf dem weichen Soft-Reifen reicht immerhin für die drittschnellste Zeit der gesamten Woche. Auf seinen Teamkollegen Vettel verliert er allerdings knapp eine Sekunde. Der Deutsche drehte am Mittwoch die schnellste Soft-Zeit in 1:19.952. Nur Mercedes-Debütant Valtteri Bottas war in diesen vier Tagen noch schneller unterwegs (1:19.705 Minuten, gefahren auf Ultrasoft).
Während die Rundenzeiten bei den ersten Tests noch wenig Aussagekraft besitzen, da die Testprogramme der Teams stark variieren können und die Hosen voraussichtlich erst im ersten Qualifying in Australien endgültig heruntergelassen werden, gibt die Kilometeranzahl zumindest einen Gradmesser für die Standfestigkeit der Boliden an. In dieser Wertung findet man die Scuderia Ferrari auf dem starken zweiten Platz. Insgesamt fuhren Vettel und Räikkönen, die ohne gröberes technisches Problem ihr Testprogramm abarbeiten konnten, 468 Runden (2.179 Kilometer). Auf Spitzenreiter Mercedes fehlen somit 90 Runden, was in Spanien etwas mehr als einer Grand-Prix-Distanz entspricht.
Erwartungen erfüllt: 500 Kilometer mehr als 2016
Nachdem Vettel am Mittwochabend erstmals zur Presse sprach - Ferrari hatte zuvor keine Informationen preisgegeben -, gab am Donnerstag auch Räikkönen sein erstes Statement zur Lage der roten Nation ab. Der Eindruck des 36-Jährigen stimmt: "Das sind komplett neue Autos, daher ist es nicht einfach, einen Vergleich anzustellen. Bisher hat alles gut funktioniert. Wenn man die Autos mit dem Vorjahr vergleicht, dann fühlen sie sich deutlich besser an. Das hat man aber auch erwartet von den Regeländerungen. Ich bin glücklich, wie alles funktioniert bisher."
Der Finne spricht von "sehr reibungslosen" Testfahrten bisher. Er lobt die Arbeit der Ferrari-Mannschaft über den Winter und sieht Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr. "Ich denke, dass wir aus den Vorjahren gelernt haben. Wird das reichen? Das werden wir in der Saison sehen. Bisher habe ich ein gutes Gefühl. Alles läuft wie erwartet." Bei den ersten Saisontestfahrten 2016 lief es für die Roten weit weniger erfreulich. Mit dem SF16-H fuhren Vettel und Räikkönen in der ersten Testwoche 2016 in Barcelona nur 353 Runden, was einen Unterschied von über 500 Kilometer zur diesjährigen ersten Testwoche ergibt.
"Wir haben in vielen Bereichen dazugelernt", weiß Räikkönen zu berichten. "Als Team funktionierten wir schon im Vorjahr sehr gut und so war es auch in der Winterpause", bestätigt er und fügt hinzu: "Wir sind zufrieden mit dem Testverlauf. Wir hatten nicht wirklich Probleme und alles lief reibungslos ab." Solch einen Saisonauftakt wünsche man sich natürlich immer, fügt der Weltmeister von 2007 an. Aber: "Natürlich wünscht man sich immer, ein bisschen mehr zu machen. Aber das ist schon sehr gut, wenn man es mit den Tests vor einem Jahr vergleicht. Es lief nun viel geschmierter."
Konservative Reifenwahl, Spielerei an Elektronik-Einstellung?
Nur am Mittwochabend sorgte der rote Renner kurzzeitig für eine Unterbrechung. Sebastian Vettel war auf der Start-Ziel-Geraden mit dem SF70-H ausgerollt. Er wollte in seiner Medienrunde am Abend nicht ins Detail gehen und verriet nur, dass Ferrari bei diesem Versuch etwas ausprobieren wollte. Der Verdacht lag nahe, dass es ein Versuch mit wenig Sprit gewesen ist und Vettel ohne Benzin auf der Strecke liegen geblieben ist. Doch wie die Kollegen von 'auto motor und sport' spekulieren, könnte man an Motor- oder Elektronik-Einstellungen getüftelt haben. Jedenfalls sei es bei dem Zwischenfall zu "keinem ernsthaften" Problem gekommen, versicherte der viermalige Weltmeister.
Kaum überraschend war daher die gute Laune des Heppenheimers, der in der Presserunde bereits wieder zu Scherzen aufgelegt war, und sich im Vergleich zu Räikkönen bester Gesundheit erfreute. Weit mehr überraschte Ferraris konservative Reifenwahl bei den ersten Tests. Nur der Soft, der Medium und der Hard wurden abgesehen von den Regenmischungen auf den Ferrari geschraubt. Weder der weichere Supersoft noch der Ultrasoft wurden angerührt. Schnelle Versuche und Qualifying-Simulationen wird man wohl erst in der zweiten Testwoche sehen.
Wo steht Ferrari in der Rangordnung also nach dem ersten Beschnuppern der Teams? Vergleicht man die Testergebnisse mit jenem des Vorjahres, dann fällt auf, dass die Roten auch 2016 Tagesbestzeiten (zweimal Vettel, einmal Räikkönen) einfahren konnten. Dominator Mercedes befand sich da nur im Mittelfeld, was darauf schließen lässt, dass man auch 2017 mit voreilig gezogenen Rückschlüssen vorsichtig sein muss. Auffallend war bisher jedoch schon, dass sich sowohl Vettel als auch Räikkönen wohler fühlten im Auto und der Ferrari insgesamt sehr stabil aussah.
Räikkönen gibt Medien Schuld an schlechter Stimmung
Dass die Stimmung im Team nach einem enttäuschenden Vorjahr wieder positiv ist, merkt aber auch Räikkönen. "Ich denke, es war immer schon sehr positiv", meint der Ex-Champion sogar. "Wir versuchen gut zusammenzuarbeiten. Aber ihr (die Journalisten; Anm. d. Red.) versucht, negative Stimmung zu verbreiten. Das Team hat sich nicht wirklich verändert im Vergleich zum Vorjahr."
Die Tifosi hoffen natürlich darauf, dass nach zehn Jahren ohne Fahrertitel der Erfolg endlich zurückkommen wird. Die Konkurrenz von Mercedes und Red Bull - die Bullen haben jedoch einen schwierigen Start erwischt -, darf jedoch nicht unterschätzt werden. Sowohl Vettel als auch Räikkönen halten sich mit Einschätzungen zurück. "Ich sehe auch nur die Rundenzeiten. Wer weiß, was die anderen gemacht haben. Wir kennen nur unser Testprogramm", so der "Iceman". Vettel scherzte am Mittwoch: "Ich habe keine Kristallkugel (crystal ball), nur zwei andere Kugeln (balls), die mir aber nicht viel verraten."
Am Dienstag wird der Deutsche das Testprogramm für die Scuderia in Spanien wieder aufnehmen und an seine 267 Runden anknüpfen. Räikkönen (201 Runden) sitzt planmäßig am Mittwoch wieder im Cockpit. "Wir haben noch eine Woche vor dem ersten Rennen, da werden wir versuchen, noch einmal einen guten Test zu fahren", bekräftigt der Blondschopf.