Rechenspiele vor "Abu Double": Junge, bring' das Auto heim!

, 09.11.2014

Wie Nico Rosberg noch Weltmeister wird, warum beide Mercedes-Piloten mit dem Messer zwischen den Zähnen fahren und wieso Felipe Massa nicht helfen will

Zum zweiten Mal in der Geschichte der Formel 1 fällt eine WM-Entscheidung der Fahrer in Abu Dhabi. Das stand bereits vor dem Brasilien-Grand-Prix am Sonntag fest, allerdings haben sich nach dem vorletzten Rennen des Jahres die Begleitumstände des Showdowns auf dem Yas Marina Circuit herauskristallisiert. Lewis Hamilton hat trotz seiner Interlagos-Schlappe die Zügel in der Hand, während Nico Rosberg auf Schützenhilfe angewiesen ist. "Jetzt steht ein echter Thriller bevor", stimmt Toto Wolff ein.

Was sich der Mercedes-Sportchef vor dem Hintergrund doppelter Punkte und einer Differenz von 17 Zählern zwischen den Silberpfeilen längst ausgerechnet haben wird: Hamilton ist Champion, wenn er mindestens Zweiter wird oder nicht mehr als zwei Plätze hinter Rosberg ins Ziel kommt, sofern dieser nicht siegt. Bei jedem besseren Resultat als der Teamkollege oder einem doppelten Nuller hätte der Brite selbstredend das bessere Ende für sich.

Der Deutsche muss im Umkehrschluss gewinnen und hoffen, dass Hamilton von einem weiteren Konkurrenten geschlagen wird. Platz zwei reicht Rosberg nur, wenn sein Stallgefährte maximal Sechster wird. Rang drei berechtigt zum Jubeln, wenn Hamilton höchstens Siebter wird. Bei einem Ausfall des Klassenprimus müsste Rosberg es zumindest als Fünfter über die Ziellinie schaffen. Dass die Defekthexe eingreift, wäre für Wolff ein grausames Szenario.

Beide Piloten wollen auf Sieg fahren

Der Österreicher sagt 'RTL': "Alle Teile, die in Abu Dhabi im Auto sein werden, werden doppelt gecheckt werden und wenig Laufleistung haben." Niki Lauda glaubt, dass das unermüdliche Arbeiten des Teams dafür gesorgt hat, dass auf den W05 Hybrid Verlass ist: "Wir haben jetzt eine Serie von Rennen hinbekommen, wo alles im Griff war. Komplett ausscheiden kann man es aber nicht. Es sind Extrem-Autos, Extrem-Motoren und Extrem-Getriebe, die immer wieder aufmucken können", weiß der Aufsichtsratsvorsitzende.

Doch welche Herangehensweise bevorzugen die Piloten? Für Rosberg ist der Fall klar, schließlich wird er aller Voraussicht nach in Abu Dhabi gewinnen müssen, um eine Chance zu haben: "Ich bin voll motiviert und werde voll attackieren. Ich muss mich selbst zwingen, optimistisch zu sein und daran zu glauben, denn das ist für mich das Beste", sagt der 29-Jährige bei 'Sky Sports F1' und beginnt mit den Griffen in die psychologische Trickkiste: "Heute hat er einen Fehler gemacht, von daher kann im letzten Rennen alles passieren."

Hamilton zeigt sich von seinem Ausrutscher auf der Jagd nach der Führungsübernahme während der Boxenstopps unbeeindruckt: "Es ging nicht um den Titel, sondern um Punkte. Ich habe mich von dem erholt, was passiert ist, vielleicht besser als früher", sagt er und zieht das Positive aus einem stärkeren Sonntag als Samstag: "Ich werde wieder so fahren, hoffentlich ein bisschen besser. Ich war zwar der Schnellste, aber nicht über das gesamte Wochenende. Das war aber nicht das ganze Jahr über der Fall."

Vater Hamilton: "Bring' das Auto nach Hause!"

Auch ihre Bosse sind überzeugt, dass die Zeit der Zurückhaltung beim Wüstenrennen vorbei ist. "Sie schenken sich beide nichts. Sie haben einen Racerinstinkt", meint Wolff. Lauda glaubt an einen durch den Hamilton-Fauxpas motivierten Rosberg mit einem Plus an Selbstvertrauen. Aus Sicht des Österreichers ist die WM-Entscheidung letztlich Routine. "Du musst das Training richtig fahren, die Reifen verstehen, dich wieder auf die Pole-Position stellen. Das läuft für einen Rennfahrer ganz normal und ohne Emotionen ab."

Der Druck käme wenn überhaupt erst gegen Rennende auf. Zur Zurückhaltung rät einzig Vater Hamilton im Gespräch mit 'Sky Sports F1', kann sich aber ein breites Grinsen nicht verkneifen: "Bring' das Auto einfach nach Hause. Das sage ich ihm immer: Bring' das Auto einfach nach Hause", so Anthony über seinen Tipp für Lewis. Er glaubt dank des überlegenen Mercedes-Boliden an das goldene Familienrezept: "Und wenn ihm das gelingt, dann ist er unter den ersten Zwei, oder?"

Massa: Lieber siegen als helfen

Rosberg hat bereits jemanden ausgemacht, der für ihn Schützenhilfe leisten soll. "Er ist derjenige", sagt Rosberg in der Pressekonferenz von Sao Paulo und deutet auf den in Interlagos drittplatzierten Williams-Piloten Massa: "Ich brauche Felipes Hilfe." Der kleine Brasilianer entgegnet, auf einen Sieg zu hoffen. "Nein, das ist keine Hilfe. Nicht so schnell bitte", fordert Rosberg schmunzelnd. Fakt ist auch: Seine Chance sind nur deshalb einigermaßen realistisch, weil es die kontrovers diskutierten doppelten Punkte gibt.

Die Leser von 'Motorsport-Total.com' halten von der Regelnovelle wenig. In einer Umfrage mit 3.055 abgegebenen Stimmen votieren 93,06 Prozent gegen das Bonbon für die Scheichs, nur 6,94 Prozent können der Sache etwas abgewinnen. Ob sich Hamilton und Rosberg, deren langjährige Freundschaft aufgrund der Konkurrenzsituation im Titelkampf auf Eis liegt, nach dem Saisonfinale in die Arme fallen? "Wahrscheinlich ziehen sie zusammen in eine Wohnung", scherzt Massa nicht wissend, dass beide Mercedes-Piloten in Monaco im gleichen Apartmenthaus untergekommen sind. "Dann würden sie ja noch viel Geld sparen", fügt der Brasilianer lachend hinzu.

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