Red Bull: 43 Punkte und viele interne Spannungen

, 24.03.2013

Trotz optimaler Punkteausbeute herrscht bei Red Bull gereizte Stimmung: Vettel ignoriert in Sepang die Anweisungen des Teams und attackiert Teamkollege Webber

Für die Fans war der zweite Grand Prix der Saison 2013 ein ziemlich unterhaltsames Rennen. Zu Beginn hatten die Piloten bei schwierigen Bedingungen stark zu kämpfen. Später trocknete der Kurs ab und als die Positionen bezogen schienen, duellierten sich sowohl die Red-Bull- als auch die Mercedes-Piloten hart. Mark Webber lag bis zum finalen Boxenstopp in Führung und kam neben Teamkollege Sebastian Vettel, der etwas eher stoppte, zurück auf die Strecke.

Webber hatte von Teamchef Christian Horner die Anweisung erhalten, Tempo rauszunehmen, um Auto und Reifen zu schonen. Diese strategische Entscheidung teilte das Team auch Weltmeister Vettel mit. Doch der ignorierte die Anweisungen des Teams und nahm den Kampf mit dem in Führung liegenden Webber auf. "Sie sind ihre Rennen gefahren", bilanziert Motorsport-Konsulent Helmut Marko gegenüber 'Sky Sports F1'. "Wir haben keine Fahrer, die ihre Positionen nicht verbessern wollen. Wir hatten uns Sorgen über den Reifenverschleiß gemacht. Ich muss gestehen, dass es außer Kontrolle geriet."

"Christian bemerkte, dass wir auf die Reifen aufpassen müssen und die Positionen halten wollen. Doch man kann in solchen Situationen nicht mit Rennfahrern sprechen", weiß Marko, der mit seinen Piloten ein Machtwort sprechen will und stichelt gegen die Konkurrenz von Mercedes: "Das Team muss ein Machtwort sprechen, weil wir die Fahrer unter Kontrolle haben sollten. Es ist nicht wie bei Mercedes, wo es eine klare Nummer eins und eine klare Nummer zwei gibt. Wir behandeln die Fahrer gleich."

Horner kritisiert Vettel

Auch Teamchef Horner war entsprechend verärgert, versuchte sich vor den Kameras aber möglichst souverän zu präsentieren. Das Verhalten von Vettel kritisiert der Brite aber gegenüber 'RTL' entschlossen: "Es war eine reine Fahrerentscheidung. Nach dem finalen Boxenstopp haben wir sie fahren lassen. Durch die Probleme, die wir an diesem Wochenende mit den Reifen hatten, wollten wir die Fahrer kontrolliert zu Ende fahren lassen."

"Sie kamen nebeneinander aus der Box heraus. Mark konnte zu dem Punkt vorne bleiben. Wir wollten es zu dem Zeitpunkt nach Hause fahren. Es waren 43 Punkte möglich", bemerkt Horner. "Wir sehen nicht die 25 Punkte für den Sieg sondern die 43, die möglich sind. Zu dem Zeitpunkt war es den Fahrern wichtiger, wie sie selbst dastehen. Sie haben das Team hinter ihre eigenen Bestrebungen gestellt. Da war der Wunsch des Fahrers größer als der Teamgeist."

"Sie haben es wie bereits in der Vergangenheit gemacht und sind hart gegeneinander gefahren. Sebastian hat selbst die Entscheidung getroffen. Er wollte das Rennen gewinnen. Zum Glück haben sie sich genug Platz gelassen", schildert der verärgerte Red-Bull-Teamchef, der sich sicher an den Grand Prix in der Türkei vor drei Jahren erinnerte, bei dem es zwischen seinen Piloten zu einem unnötigen Unfall kam.

"Wir haben es beiden Fahrern klar gesagt", betont Horner. "Sebastian hat sein Interesse über das des Teams gestellt. Das Team wollte die maximal möglichen Punkte holen, er die 25 für den Sieg. Natürlich sorgt das jetzt für ein großes Medieninteresse. Wir setzen uns noch einmal hin du bereden das in Ruhe. zum Glück endete es nicht wie damals in der Türkei", berichtet er. Das Medieninteresse wurde aber bereits bei der Interviewzeremonie auf dem Podest geweckt. Webber machte aus den Vorfällen kein Geheimnis und wirkte entsprechend verärgert. "Die werden nie zusammen Weihnachten feiern, das war uns bewusst", relativiert Horner, der das Erreichte nicht in den Hintergrund rücken möchte: "Wir haben 43 Punkte geholt. Es ist eine fantastische Teamleistung, auch die Leistung an der Box."

Webber macht sich bereits auf dem Podium Luft

Webber, der das Rennen kontrolliert zu Ende fahren wollte, fühlte sich um einen sicheren Sieg betrogen und ließ seinem Unmut auf dem Podium freien Lauf. "Mit den Intermediates lief es anfangs gut. Dann kontrollierte ich das Rennen. Alles sah gut aus im Hinblick auf die Schlussphase. Nach dem letzten Stopp gab mir das Team zu verstehen, dass das Rennen gelaufen wäre. Wir sollten Motorleistung wegnehmen und das Rennen zu Ende fahren. Ich wäre natürlich auch lieber Rennen gefahren, aber unterm Strich liegt die Entscheidung beim Team. Wir besprechen jedes Mal vor dem Rennen, auf die Reifen Acht zu geben und das Auto ins Ziel zu bringen", betont der Australier. "Letztlich traf Seb heute seine eigenen Entscheidungen und erhielt dafür wie üblich Unterstützung. So läuft es halt."

Damit übt Webber erneut Kritik am Team. Es war nicht das erste Mal, dass sich der Formel-1-Routinier hintergangen fühlte. Dass es keinen Nummer-eins-Fahrer-Status gibt, wird seitens Red Bull immer wieder betont. Doch daran glaubt Webber nicht. Entsprechend sensibel geht das Team mit diesem Problem um. Nach den Attacken von Vettel funkte man Webber "wir haben es ihm gesagt" zu und wollte ihm damit sagen, dass sein Teamkollege gegen die Anweisungen des Teams handelte.

Vettel: Egoist oder verbissener Racer?

"Es war ein enges Rad-an-Rad-Duell, wo für beide Fahrer nicht viel Platz übrig blieb", erklärt Vettel direkt nach dem Rennen. Zu dem Zeitpunkt wusste der Deutsche noch nicht, ob Teamkollege Webber die Öffentlichkeit teilhaben lässt oder nicht. "Es war ein enger Kampf. Ich denke, ich war vielleicht ein wenig zu früh zu scharf, denn ich war am Schluss auf den weicheren Reifen. Ich habe den Kampf genossen, die Oberhand behalten, aber es war sehr eng. Mark war immer ein wenig voraus, während ich im Verkehr feststeckte. Mitte des Rennens war ich nicht sicher, ob es die richtige Strategie ist. Am Ende scheint es aber sehr gut funktioniert zu haben, denn wir konnten einen Extrasatz sparen, der uns ein wenig mehr Speed gegeben hat."

"Es ist sehr heiß heute, ich denke, wenn es etwas zu sagen gibt, dann machen wir das intern. Mit Sicherheit haben wir beide das genossen. Ich stehe jetzt in der Mitte, also habe ich es vermutlich ein wenig mehr genossen. Wir haben noch viel Zeit, darüber zu reden", so Vettel. Doch direkt nach seinen Eindrücken präsentiert Webber seine Version der Vorfälle und stellt seinen Teamkollegen damit in ein schlechtes Licht.

Bereits in der Pressekonferenz entschuldigt sich Vettel bei Webber und gesteht, dass er einen Fehler gemacht hat. "Ich denke, so ist das manchmal im Leben: Wenn man die Chance hätte, etwas anders zu machen, würde man das machen. Ich kann es nur wiederholen: Ich habe einen Fehler gemacht und muss mich dafür bei Mark entschuldigen. Wenn ich es ändern könnte, würde ich es tun. Es war nicht richtig. Wenn ich mir dessen bewusst gewesen wäre, hätte ich mit Sicherheit nicht so attackiert und wäre so viel Risiko eingegangen."

"Letztendlich war es trotzdem denke ich ein gutes Ergebnis fürs Team, auf das wir stolz sein können. Wir haben die Reifen denke ich besser geschont als wir dachten und haben uns dadurch erst fürs Ende in eine starke Position bringen können", schildert Vettel. "Ich glaube, die Hauptlehrstunde ist heute, dass ich es hätte besser machen müssen. Die Situation kam heute so zustande und ich war mir dessen während des Rennens gar nicht so bewusst, sonst wäre ich wie gesagt auch nicht so ein hohes Risiko eingegangen. Als ich dann meinen Helm abgezogen habe und gesehen habe, dass Mark nicht so glücklich war und ganz kurz mit ihm geredet habe - er hat es sehr direkt auf den Punkt gebracht - dann schlug es ein wie ein Blitz. Es ist sicherlich keine schöne Situation. Es gibt heute sehr viel, worüber man sich freuen kann. Aber stolz bin ich darauf sicher nicht."

Webbers Reaktion ein Schock für Vettel

"Die Situation ist nun so, wie sie ist. Wir hassen uns nicht, also glaube ich nicht, dass wir uns in den nächsten Rennen um irgendetwas Sorgen machen müssen. Ich habe es heute verbockt und entschuldige mich dafür. Ich war mir der Sache nicht bewusst, sonst wäre ich nicht so viel Risiko gegangen, jemanden zu überholen, den ich in diesem Moment nicht hätte überholen sollen. Bevor wir auf das Podium gestiegen sind, haben wir ein paar Worte gewechselt. Es war ein Schock und mir fällt es nicht leicht, das zuzugeben. Aber das ist die Wahrheit, und bei der möchte ich bleiben", so Vettel.

"Ich schere mich nicht um die Kritiken, die jetzt kommen werden. Ich schulde Mark und dem Team eine Erklärung. Das ist alles", hebt der Weltmeister der vergangenen drei Jahre hervor. "Jeder andere hat natürlich das Recht auf eigene Meinung. Das ist kein Sieg, auf den ich stolz bin - denn es hätte Marks Sieg sein sollen."

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