Nach dem enttäuschenden Heimrennen in Spielberg will Red Bull von Antriebspartner Renault eine klare Marschroute sehen - Alain Prost: "Muss viel, viel besser werden"
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Die bisherige Formel-1-Saison 2014 war für die Weltmeistermannschaft von Red Bull eine herbe Enttäuschung. Der Sieg von Daniel Ricciardo in Montreal (einer Motorenstrecke!) kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dem Renault-Antrieb im Heck des RB10 an Leistung und Zuverlässigkeit fehlt. Die "Bullen" hatten angekündigt, nach dem Grand Prix in Österreich eine Bilanz ziehen zu wollen. Renault steht dieser Tage heftigst unter Druck.
"Die Strecke in Spielberg ist eine Power-Strecke, wo lange Zeit unter Volllast gefahren wird. Es ist kein Zufall, dass acht Autos mit Mercedes-Motoren vorne dabei waren", meint Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Es wird in den kommenden Tagen ein Lagebericht erwartet. Laut Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz ist nichts ausgeschlossen. Die klare Ansage des Milliardärs: "Alternativen gibt es immer." Allerdings nicht so schnell. 2015 wird das Team weiter mit Renault-Antrieben fahren.
"Wir nähern uns der Mitte der Saison, aber an der Situation hat sich seit Melbourne nicht wirklich etwas verändert", klagt Horner über mangelnde Entwicklung der Renault-"Power-Units". "Wir erkennen derzeit keine Fortschritte. Zuverlässigkeit und Performance sind unakzeptabel. Das muss sich ändern. Es kann so nicht weitergehen. Das ist nicht gut für Renault und nicht gut für Red Bull", so der Brite. "Es muss vorangehen. Was auch immer sie probiert haben, es hat nicht funktioniert."
"Das ist nicht unsere Baustelle, wir sind diesbezüglich nicht in der Verantwortung. Es ist frustrierend", meint Horner, der Renault allerdings offen gegenüber steht. "Wir müssen als Partner gemeinsam an Verbesserungen arbeiten. Es wird auch im kommenden Jahr ein Renault-Antrieb im Heck unseres Autos sein. Wir wollen konkurrenzfähig sein und vorne mitfahren. Das geht auf der aktuellen Grundlage nicht. Standfestigkeit und Leistung - an diesen Bereichen muss man noch in diesem Jahr arbeiten."
Prost schonungslos: "Habe darauf hingewiesen"
"Mein Einfluss ist begrenzt, aber ich spreche einige Dinge an", sagt Renault-Berater Alain Prost im Gespräch mit 'Sky Sports F1'. Der französische Ex-Weltmeister verrät: "Ich habe schon im vergangenen Jahr mehrfach darauf hingewiesen, was passieren kann. Es war damals nicht ganz klar, welches Ausmaß das alles haben würde. Man konnte aber schon erkennen, wie viel mehr Aufwand Mercedes betreibt - auch finanziell."
"Mercedes hat das Werksteam, Renault hat nur externe Partner. Da sind kommerzielle Dinge eher mal das Thema. In Sachen Organisation läuft bei Renault einiges anders. Ich wüsste schon, wie man es angehen könnte, bin aber nicht sicher, ob man es so machen wird", sagt Prost. Der Franzose spricht Klartext: "Es muss sich etwas ändern! Das kann doch nicht sein, dass jemand viermal in Folge Weltmeister mit einem Renault-Motor wird und jetzt geht nichts mehr. Es muss viel, viel besser werden."
"Man muss es akzeptieren können, dass man ab und zu verliert. Aber doch nicht so", meint Prost, der als Markenbotschafter von Renault überraschend deutliche Worte wählt. Die große Frage dieser Tage: Kann die Mannschaft aus Viry-Chatillon den Hebel auf die Schnelle umlegen? Falls man dies den Verantwortlichen glaubhaft darlegen kann, dann hat die Ehe eine realistische Chance. Wenn nicht, dann wird Red Bull tatsächlich eine Alternative suchen müssen. Und diese könnte der Bau eines eigenen Antriebs sein.
"Wir müssen jetzt erst einmal wissen, welchen Plan Renault hat. Uns geht es nicht um den ganz kurzfristigen Erfolg, sondern vor allem um das Potenzial auf lange Sicht. Es ist uns wichtig, dass wir im kommenden Jahr gut aussehen können", beruhigt Horner. "Einen eigenen Motor zu bauen, ist im Moment jedenfalls nicht Teil unserer Planungen. Es ist nicht unser Wunsch, zum Motorenbauer zu werden. Wir wollen lieber mit einem starken und konkurrenzfähigen Partner zusammenarbeiten."