Red Bull und Audi, also doch? Nach der Entmachtung von Ferdinand Piëch spricht Helmut Marko erstmals offen über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit...
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Bereits im Februar hat 'Motorsport-Total.com' berichtet, dass Audi mit Red Bull in die Formel 1 einsteigen könnte, doch nun nehmen die Gerüchte zunehmend an Fahrt auf. Denn erstmals spricht man auch bei Red Bull selbst offen darüber, dass eine Partnerschaft mit dem Volkswagen-Konzern Sinn ergeben könnte.
"Wenn wir nicht in naher Zukunft einen konkurrenzfähigen Motor kriegen, dann kommt entweder Audi oder wir steigen aus", sagt Motorsportkonsulent Helmut Marko gegenüber der 'BBC'. Gleichzeitig dementiert er, dass bereits formelle Gespräche stattgefunden haben: "Es gibt viele Gerüchte. Offiziell gab es keine Anfragen oder Gespräche." Aber er sagt auch: "Ich war am Telefon - nur nicht mit den Leuten, mit denen Sie glauben..."
Für Audi arbeitet seit 1. November der ehemalige Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali. Offiziell ist seine Aufgabe die Entwicklung neuer Geschäftsfelder in den Bereichen Dienstleistung und Mobilität. Inoffiziell hatte er laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' den Auftrag, eine Machbarkeitsstudie für einen Formel-1-Einstieg vorzubereiten. Diese wurde bereits vor Wochen vorgelegt - und von Volkswagen-Konzernchef Ferdinand Piëch zunächst abgelehnt.
Jahrelange Fehde: Piëch vs. Ecclestone
Doch Piëch musste seinen Vorsitz im Aufsichtsrat seither infolge eines internen Machtkampfes zurücklegen, was den Formel-1-Befürwortern bei Volkswagen Rückenwind verleiht. Denn der 78-jährige Österreicher hat während seiner Amtszeit stets durchblicken lassen, dass ein Einstieg in die Königsklasse nicht stattfinden wird, solange Bernie Ecclestone dort das Sagen hat. Zwischen den beiden Topmanagern gibt es seit Jahren Differenzen.
Doch das Problem hat sich erstens erledigt - und zweitens hatte Ecclestone gegenüber der 'BBC' schon vor Piëchs Entmachtung angeboten, dass er sich notfalls zurücknehmen würde: "Wenn das so ist, gehe ich. Ich würde liebend gern zurücktreten, wenn dafür diese Leute einsteigen." Und zur 'Sport Bild' meinte er kürzlich in einem Interview: "Bei mir stehen immer die Türen offen für neue Hersteller. Ich würde sie herzlich willkommen heißen."
Denn Ecclestone befürchtet, dass Red Bull aufgrund sportlicher Misserfolge und wegen Unzufriedenheit mit dem Motorenreglement aus der Formel 1 aussteigen könnte. Das möchte er insofern verhindern, als er besonders den Wert von Dietrich Mateschitz und seinen Ideen für den Grand-Prix-Sport zu schätzen weiß: "Sie werden nicht aussteigen, das will ich vermeiden", wird Ecclestone von der österreichischen Nachrichtenagentur 'APA' zitiert.
Eigener Red-Bull-Motor kein Thema
Aber Mateschitz glaubt nicht, dass Red Bull mit Renault noch einmal an frühere Erfolge anknüpfen kann, sieht zum französischen Hersteller aber laut 'Salzburger Nachrichten' "derzeit keine Alternative". Gerüchte, Red Bull könne einen eigenen Formel-1-Motor bauen, seien "nicht seriös", und bei einem großen Werk wie Mercedes, Ferrari oder Honda nur die zweite Geige zu spielen, komme aus sportlichen Gründen nicht in Frage.
Also Red-Bull-Audi? Mateschitz lässt sich zu diesem Thema nur entlocken, dass Red Bull bei Volkswagen seit Jahren in einer Stand-by-Position sei - genauer gesagt seit zur Diskussion stand, a) Toro Rosso zu übernehmen oder b) als Motorenlieferant einzusteigen. Denn als das aktuelle Motorenreglement ausgearbeitet wurde, saß Volkswagen mit am Tisch. Damals entschied man sich letztendlich gegen einen Formel-1-Einstieg.
Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' stand im vergangenen Winter eine Summe von 300 Millionen Euro für eine Komplettübernahme des Red-Bull-Teams in Milton Keynes im Raum. Die Idee stieß bei manchen Volkswagen-Vorständen auf Gegenliebe, wurde letztendlich aber abgewiesen. Doch Mateschitz, so hört man, hat seine Verkaufsabsichten deswegen nicht endgültig begraben - und könnte als Sponsor möglicherweise weiterhin an Bord bleiben.
Volkswagen hat andere Fragen zu klären
Zunächst einmal gilt es zu klären, wer denn bei Volkswagen überhaupt für solche Themen in der Verantwortung steht: "Die VW-Gruppe muss jetzt einmal aussortieren, wer der neue Chef ist", so Helmut Marko zur 'BBC'. "Wenn sie all diese Dinge erledigt haben, können sie vielleicht darüber nachdenken, was sie im Motorsport anstellen wollen." Und das könnte angesichts der aktuellen Verschiebungen im Machtgefüge bei Volkswagen noch Monate dauern.
Denn Piëch besitzt unverändert Volkswagen-Aktien im Wert von mehreren Milliarden Euro; und selbst wenn seine Entmachtung im Aufsichtsrat endgültig sein sollte, ist die Nachfolgefrage erst zu klären. Sollte Martin Winterkorn an seiner Stelle übernehmen, benötigt Volkswagen einen neuen Vorstandsvorsitzenden - und das würde an anderen Stellen einen Rattenschwanz nach sich ziehen. Die Formel 1 ist daher in Wolfsburg derzeit nicht hoch priorisiert.
Aber nicht nur bei Red Bull und Ecclestone, sondern auch bei der Konkurrenz wäre die Freude über einen Einstieg von Audi/Volkswagen in den Grand-Prix-Sport groß: "Es wäre eine tolle Geschichte, wenn Audi als VW-Tochter diese Herausforderung annehmen würde", findet zum Beispiel Mercedes-Sportchef Toto Wolff im Interview mit den 'Stuttgarter Nachrichten'. "Ein weiterer Hersteller wäre sicher ein Gewinn für die Formel 1."