Red Bull in Spa: Mit Verstappen-Abstimmung näher dran

, 26.08.2017

Red Bull ist mit den Plätzen fünf und sechs im Spa-Qualifying in Schlagdistanz - Max Verstappen hängt Daniel Ricciardio in Sachen Set-up und auf der Strecke ab

Es war das erwartete Resultat für das Red-Bull-Team beim Qualifying zum Großen Preis von Belgien in Spa: Mit den Plätzen fünf und sechs konnten Max Verstappen und Daniel Ricciardo zwar nicht mit den Top-Teams Mercedes und Ferrari mithalten, dennoch blickt vor allem der Niederländer optimistisch auf den Rennsonntag. Der Grund: Der Abstand nach vorne ist auf der Powerstrecke in Spa geringer als befürchtet. Mit seiner schnellsten Runde in 1:43.380 Minuten liegt Verstappen nur etwas über acht Zehntelsekunden hinter Pole-Mann Lewis Hamilton, auf Kimi Räikkönen auf Rang vier fehlen nur 0,110 Sekunden.

Während der 19-Jährige mit seinem Ergebnis zufrieden sein kann, grübelt Teamkollege Ricciardo über seine Performance. Mit fast einer halben Sekunde Rückstand auf Verstappen bekam der Australier eine ordentliche Niederlage aufgebrummt, schon zum achten Mal in der Formel-1-Saison 2017 musste er sich seinem über acht Jahre jüngeren Kollegen geschlagen geben. Schon in den beiden ersten Qualifying-Abschnitten war Verstappen der deutlich schnellere der beiden Red-Bull-Piloten - zudem kommt er in Spa wesentlich besser mit der Abstimmung des RB13 zurecht.

Im Abstimmungsdschungel am Freitag setzte der Youngster instinktiv auf die richtige Abzweigung, während Ricciardo auf Risiko pokerte und falsch abbog. Im Wissen um den Leistungsnachteil des Renault-Antriebs auf den langen Geraden und Anstiegen in Spa-Francorchamps fuhr er mit extrem wenig Flügel. "Man kann nur noch den Flügel abmontieren, wenn man noch weniger Luftwiderstand haben will", erklärte Teamboss Christian Horner den riskanten Versuch seines Piloten, der sich nicht auszahlte. Denn während der Australier in den Sektoren 1 und 3 zwar mithalten konnte, war er im kurvenreichen Mittelsektor chancenlos und rutschte nur herum.

Verstappen konzentriert sich auf die Stärken des RB13

Weil auch ein Kompromiss bei der Abstimmung nicht fruchten wollte, schwenkte der Australier fürs Qualifying komplett auf Verstappens konservative Linie. "Was den Abtrieb anbelangt, sind wir auf den Ansatz von Max gegangen, den er gestern ausprobiert hat", gibt er zerknirscht zu. Der Niederländer konnte damit immerhin das Maximum aus dem Paket herausholen und jubelt: "Die Abstimmung war meine Idee. Wir hatten versucht, einen Kompromiss zu finden, aber der hat nicht funktioniert. Also haben wir uns wieder auf unsere Stärken konzentriert - und die liegen ganz klar in Sektor zwei."

Im Klartext: Mit viel Flügel und mehr Downforce holte Verstappen seine Zeit im langen zweiten Sektor und nahm dafür in Kauf, dass er im ersten und dritten Abschnitt ohnehin nicht auf das Speed-Level von Mercedes und Ferrari kommen würde. Tatsächlich konnte er so in allen drei Quali-Abschnitten in Schlagdistanz zu den Top-Autos bleiben und war im zweiten Streckensektor auf einem Niveau mit Valtteri Bottas im Mercedes und Kimi Räikkönen im Ferrari. Auch wenn es am Schluss nicht reichte, um in die silberne und rote Phalanx einzudringen, zeigt sich der 19-Jähige zufrieden: "Für mich war es ein perfektes Qualifying", jubelt er trotz Platz fünf.

Mit seiner fehlerlosen Vorstellung beeindruckte der Youngster erneut auch Teamchef Horner. "Max ist einfach wirklich gut im Qualifying", weiß er im Interview mit 'Sky Sports F1', während sich der so Gelobte sogar ans Vorjahr erinnert, als er es überraschend auf den zweiten Startplatz schaffte. "Ich habe meine Runde wirklich genossen. Es hat sich sogar ein wenig wie im vergangenen Jahr angefühlt. Da wurde ich zwar Zweiter, aber meine Runde heute war sehr ähnlich. Ich war am Limit und habe alle Sektoren zusammengebracht, was nicht allzu oft passiert."

Daniel Ricciardo grübelt: Schon zum achten Mal hinter Max

Nun hofft der junge Niederländer, dass er anders als im Vorjahr, als er in Kurve eins mit Räikkönen touchierte, diesmal ohne Zwischenfall durch die erste Runde kommt. Danach setzt er vor allem auf zwei Dinge: einen Regenschauer und die Unterstützung der tausenden holländischen Fans an der Strecke. "Wir wissen, dass auf dieser Strecke alles passieren kann. Momentan sieht es nicht nach Regen aus, hoffentlich ändert sich das noch." In Richtung seiner Unterstützer dankt er: "Die Fans sind eine riesige Motivation für mich. Neben der Strecke ist ja praktisch alles orange, wie beim Fußball, wenn die Nationalmannschaft spielt."

Ricciardo schwant derweil, wie schwierig es allein werden wird, seinen bestens aufgelegten Teamkollegen zu schlagen. Denn noch immer zeigt sich der Australier nicht zufrieden mit dem Verhalten seines RB13. "Es fühlte sich besser an, aber immer noch nicht hundertprozentig", gibt er nach dem Umschwenken auf Verstappens Set-up zu Protokoll und rätselt: "Im zweiten Sektor hätte ich noch mehr herausholen können. Ich weiß nicht, was wir da falsch gemacht haben, aber wir haben nicht das Maximum herausgekitzelt. Ich glaube nicht, dass es am Downforce-Level lag, eher an den Reifen. Vorne hat es sich nicht ideal angefühlt, vielleicht lag es am Reifendruck", seufzt der Australier.

Nun lautet die Devise "Augen zu und durch" - groß herumprobieren will der 28-Jährige vor dem Rennen nicht mehr: "Jetzt können wir eh nichts mehr ändern, aber selbst wieder mit weniger Flügel würde das mir morgen nichts bringen. Ich wäre zwar auf den Geraden schneller, aber es würde meine Reifen mehr herannehmen und mich zu viel in Sektor 2 kosten." Mit dem konservativen Ansatz hofft der Mann aus Perth immerhin noch auf einige gute Punkte im Spa-Rennen: "Im Laufe eines Stints verändern sich die Reifen, einige bekommen Probleme mit Blasenbildung, das zeigt uns die Erfahrung der letzten Jahre. Auf dieses Szenario hoffen wir."

Red Bulls Credo: Diesmal ohne Beschädigung durch die erste Runde

Und so lautet auch seine Devise, zunächst heil durch die Startphase zu kommen. "Die erste Kurve hier wird sehr interessant, ich glaube, dass es etwas Kleinholz geben wird", prognostiziert der Australier. "Wir können das als Chance sehen, vor die schnelleren Autos vor uns zu kommen."

Ganz abgeschrieben hat trotz Set-up-Problemen und PS-Nachteil auch der Weltmeisterschafts-Führende Sebastian Vettel das Red-Bull-Team noch nicht: "Es wäre nicht das erste Mal, dass Red Bull das Tempo im Vergleich zum Qualifying deutlich steigert. Außerdem ist das im Qualifying vielleicht nicht ihre beste Strecke, aber wenn man in einem langen Rennen auf die Reifen aufpassen muss, dann könnten sie stark sein. Man sollte sie nie vergessen oder unterschätzen", so der Deutsche.

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