Reglement 2014: Antrieb, Abtrieb und Abgase

, 16.08.2013

Die Technikchefs James Key (Toro Rosso) und Mark Smith (Caterham) erklären die Auswirkungen des 2014er-Reglements: Motor im Mittelpunkt

Mit der Einführung eines erheblich veränderten technischen Reglements zur Saison 2014 gehen große Hoffnungen einher. Die Formel 1 soll mit effizienteren Antrieben moderner auftreten, die Aerodynamik wieder etwas mehr in den Hintergrund rücken. Man nimmt Abschied vom V8-Triebwerk, nutzt ab dem kommenden Jahr kleine 1,6-Liter-V6-Turbos, die pro Rennen maximal 100 Liter Benzin verbrennen sollen. Die Hybridtechnik rückt mehr in den Fokus, die Autos werden schwerer, die Flügel kleiner.

Die grundlegenden Änderungen im Reglement sorgen bei den Technikchefs der Formel 1 für Kopfzerbrechen. Seit vielen Monaten sind die Fachleute auf der Suche nach optimalen Konfigurationen und etwaigen Lücken im Regelwerk, die gewinnbringend genutzt werden können. Die Motorenhersteller Ferrari, Mercedes und Renault lassen ihre V6-Turbos auf den Prüfständen bis zur Maximaldrehzahl von 15.000 U/min rennen.

"Der Motor ist allein bezüglich der Größe komplett anders. Am Triebwerk wird ein relativ großer Turbolader hängen. Die Lage des Turboladers hat wiederum Auswirkungen auf das Getriebe", beschreibt Caterham-Technikchef Mark Smith gegenüber 'Formula1.com'. Caterham baut seine Getriebe nicht selbst, sondern bezieht sie aus dem Hause Red Bull. Dennoch haben die Techniker um Smith viel Arbeit vor sich. Die Kupplung muss entworfen und gebaut, die neuen Anlenkpunkte für die Aufhängung festgelegt werden.

"Auch die Ableitung der Abgase wird ganz anders aussehen als bisher", nennt Smith einen weiteren wichtigen Punkt. Ab 2014 werden die Formel-1-Fahrzeuge nur noch ein Auspuff-Endrohr aufweisen. Die Abgase sollen nach oben austreten, hinter dem Endrohr dürfen keine Bauteile platziert werden, die den Abgasstrom aerodynamisch nutzen. Angeströmte Diffusoren und Leitelemente sind somit tabu. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die aerodynamische Balance.

Cool bleiben - aber wie?

"Die größte Herausforderung von allen ist aber die Kühlung. Da zerbrechen sich derzeit viele ihre Köpfe", sagt Smith. "Eine Lösung zu finden, die ausreichend kühlt, ist nicht sonderlich schwierig. Eine Lösung zu finden, die kühlt, aber gleichzeitig aerodynamisch eine optimale Performance gewährleistet, das ist die große Schwierigkeit. Im Rahmen dessen ist die Integration des großen Ladeluft-Kühlers eine erhebliche Herausforderung."

"Hinzu kommen noch die größeren Energierückgewinnungs-Systeme, die einen erhöhten Kühlbedarf mit sich bringen", ergänzt Toro-Rosso-Technikchef James Key. "Man muss außerdem das Getriebe, die Hydraulik, das Wasser und Öl kühlen. Das alles muss auf engstem Raum passieren. Da werden neue Technologien zum Einsatz kommen. Das ist nichts, was man einfach von heute übernehmen könnte." Bei Toro Rosso arbeitet seit Monaten eine Crew an der Analyse des neuen Reglements, um optimale Wege finden zu können.

Die Formel-1-Autos werden ab dem kommenden Jahr rund 50 Kilogramm schwerer sein als bisher. Das Minimalgewicht wurde auf 690 Kilogramm angehoben. Angesichts der umfangreichen Kühlsysteme und vielen Elemente zur Rückgewinnung von Energie sei diese Grenze kaum zu erreichen, meinen Smith und Key. Eine weitere große Herausforderung: Ab 2014 müssen die Teams acht Übersetzungsverhältnisse nennen, die im Verlauf der Saison genutzt werden dürfen.

Wo sind die Lücken im neuen Regelwerk?

"Das ist schwierig, wenn man einen neuen Antrieb und veränderte Aerodynamik hat. Wie soll man das korrekt vorhersagen?", fragt sich Key. "Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Zusammenspiel aller neuen Komponenten. Einzelne Bauteile können sich erheblich auf das Gesamtpaket auswirken. Ein Beispiel ist die Integration des Motors. Diese hat aerodynamische Auswirkungen, sie schlägt sich im Design des Getriebes nieder und beim Chassis. Das hängt alles zusammen."

Wegen recht enger Vorgaben im Bereich Aerodynamik werden sich die Autos äußerlich vermutlich sehr ähnlich sehen. Die großen Unterschiede werden "unter der Haube" sein. "2009 war es so, dass die Autos fast alle gleich aussahen und auch in Sachen Performance nahe beieinander lagen", so Smith. "Man brauchte Innovationen, um dort auszubrechen. Und die kamen auch. So wird es 2014 auch sein." Die Teams kamen ab 2009 mit F-Schacht, Doppeldiffusor, angeblasenem Diffusor.

Beide namhaften Techniker sind sich in Bezug auf 2014 einig: "Die Antriebe werden mehr im Fokus stehen." Beide eint auch die große Ungewissheit in der Entwicklungsarbeit. "Man hat keine Anhaltspunkte. Bei einem stabilen Reglement weiß man genau, in welchem Maß man sich steigern muss. Nun gibt es solche Referenzen nicht, man muss sich dennoch klare Ziele setzen und hoffen, dass sie hoch genug gesteckt sind", sagt James Key. "Man hat stets die Angst im Hinterkopf, man könnte etwas übersehen haben."

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