Vor einigen Monaten konnte Renault mit den Ideen von Mario Illien nicht viel anfangen - Nun scheint der "Motorenpapst" aber doch wieder ein heißes Thema zu sein
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Bei Renault gibt es aktuell viel mehr Fragen als Antworten. Nicht nur die Übernahme von Lotus und die damit verbundene Rückkehr als Werksteam zur Formel-1-Saison 2016 stehen weiter in den Sternen, auch beim eigenen Motor machen die Franzosen aktuell keine großen Fortschritte. In Brasilien präsentierte man eine überarbeitete Antriebseinheit, die bei Red Bull allerdings nicht für den erhofften Leistungsschub sorgte. Nun soll Renault ausgerechnet ein alter Bekannter auf die Sprünge helfen.
Die Rede ist - wieder einmal - von Mario Illien. Bereits vor exakt einem Jahr gab es Gerüchte darüber, dass Renault den Schweizer an Bord holen könnte. Zwar folgte auf diese Meldung schnell das Dementi, 2015 kam es aber immerhin zu einer Kooperation mit Illiens Firma Ilmor. Gerüchte besagen, dass die Zusammenarbeit ein ausdrücklicher Wunsch von Red Bull war. Renault stritt dies allerdings immer ab.
Ohnehin ist Illiens bisherige Arbeit am Renault-Aggregat überschaubar. Ilmor legte den Franzosen zwar Ideen zur Verbesserung des Verbrennungsmotors vor, letztendlich entschied sich Renault aber gegen die Pläne und dafür, weiterhin auf den eigenen Weg zu setzen - ohne großen Erfolg. Offenbar steckt man in der Motorenfabrik in Viry mittlerweile aber in einer Sackgasse, weshalb man nun doch wieder auf Illien zurückgreifen könnte.
"Wir müssen alle Energie und Ressourcen verwenden, die uns zur Verfügung stehen. Mir ist es egal, wo die Lösung herkommt - ich will die Lösung", stellt Renault-Formel-1-Geschäftsführer Cyril Abiteboul gegenüber 'Motorsport.com' klar und lässt damit die Tür für neue Ilmor-Ideen offen. "Mario hat Zugang zu einem Pool an Ressourcen, zu denen wir momentan keinen Zugang haben", weiß Abiteboul.
Illien nur als kurzfristige Lösung
Gleichzeitig stellt er aber klar: "Ich sage aber auch, dass das nur eine kurzfristige Hilfe ist. Ich sage nicht, dass es sich dabei um einen langfristigen Plan handelt." Somit würde Illien die klassische Rolle eines Feuerwehrmanns übernehmen. Er wäre damit lediglich für schnelle Fortschritte an der aktuellen Einheit verantwortlich, langfristig würde Renault aber die Kontrolle über das Projekt behalten.
Allerdings ist es weiterhin unklar, ob es für Renault überhaupt eine langfristige Zukunft in der Formel 1 geben wird. Die Übernahme von Lotus ist noch immer nicht perfekt und somit ist das weitere Engagement der Franzosen in der Königsklasse alles andere als sicher. Das macht auch die Arbeit von Abiteboul äußerst kompliziert. Konstruktive Gespräche mit anderen Herstellern sind so kaum möglich.
"Wenn ich mit jemandem aus Andy Cowells Gruppe (Mercedes; Anm. d. Red.) sprechen möchte, was soll ich ihm dann sagen? Er ist Teil von einem der erfolgreichsten Antriebs-Projekte in der Geschichte der Formel 1. Was soll ich sagen? Was für ein Projekt habe ich? Welchen Traum verfolge ich? Darauf kann ich nicht antworten. Das ist ein Handicap", erklärt Abiteboul.
Red-Bull-Abschied wäre "kein Drama"
Daher hat man sich bisher auch noch nicht fest auf eine Zusammenarbeit mit Illien geeinigt. "Zu diesem Zeitpunkt ist alles vorbehaltlich, denn ich weiß gar nicht, wo wir im nächsten Jahr sein werden", stellt Abiteboul noch einmal klar. Fakt ist nur, dass die Franzosen Red Bull und Toro Rosso 2016 mit Motoren beliefern müssen. Entgegen anderslautender Behauptungen wurden die Verträge offenbar nie gekündigt.
Großes Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit den Österreichern hat Renault allerdings nicht. Nachdem Motorsportberater Helmut Marko und Co. in der Vergangenheit immer wieder scharf gegen die Franzosen geschossen haben, kann man bestenfalls noch von einer Zweckehe sprechen. "Für Renault könnte es positiv oder negativ sein, wenn wir mit Red Bull weitermachen. Wenn nicht, dann ist das kein Drama", verrät Abiteboul dem Formel-1-Journalisten Adam Cooper.
Daher stört es ihn auch nicht, dass Red Bull parallel mit anderen Herstellern verwandelt hat. "Ich kenne nur die Gespräche, die wir zusammen geführt haben. Ich weiß nicht, was sie mit anderen Leuten besprochen haben", sagt Abiteboul und verrät: "Ehrlich gesagt beachte ich die Honda-Gerüchte kaum." Unter anderem soll Red Bull auch mit den Japanern verhandelt haben, McLaren soll jedoch sein Veto gegen die Partnerschaft eingelegt haben.