Sebastian Vettels Blackout in Baku, als er den Ferrari in der Safety-Car-Phase in Lewis Hamiltons Auto lenkte, erhitzt die Formel 1: Sogar der Ausschluss wurde gefordert
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Unfassbare Szenen in Baku am Ende der zweiten Safety-Car-Phase in Runde 19: Sebastian Vettel fährt nach Kurve 16 auf den Mercedes von Lewis Hamilton auf, weil er damit rechnet, dass der Brite aufs Gas steigt. Der aber bleibt fast stehen. Teile fliegen vom Frontflügel des Ferrari weg. Der WM-Leader ist fuchsteufelswild, gestikuliert wild mit beiden Armen. "Er hat bei mir einen Brake-Test gemacht! Was zur Hölle passiert hier? Ich denke, dass mein Auto beschädigt ist", funkt er.
Was dann folgt, sorgt für wilde Diskussionen: Vettel schert links aus, setzt sich neben den Mercedes, gestikuliert mit der linken Hand in Richtung des Briten. Dann lenkt er in den Silberpfeil und die beiden Vorderräder berühren sich. Hamilton funkt schockiert an seine Box: "Vettel hat im wahrsten Sinne des Wortes in mich reingelenkt und mich getroffen."
Ein Zwischenfall, der ein Nachspiel hat: "Für "gefährliches Fahren" erhält Vettel, der am Ende vor Hamilton Vierter wird, eine Zehn-Sekunden-Strafe, die er in Runde 34 absitzt. Und wunderte sich: "Gefährliches Fahren? Was habe ich getan?" Noch bevor es ein Urteil gibt, finden viele im Fahrerlager bereits klare Worte. Der Tenor: Vettel ist zu weit gegangen. Einige fordern sogar die Schwarze Flagge, also den Rennausschluss.
Lauda wirft Vettel ein Revanchefoul vor
"Lewis hat abgebremst, das ist meiner Meinung nach in Ordnung. Er bestimmt die Geschwindigkeit", analysiert der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende Niki Lauda die Situation. "Wenn der bremst, musst du abbremsen. Das ist auch hier so. Mich hat aber verwundert, dass Sebastian dann neben ihn fährt, herumgestikuliert und ihm gleichzeitig ins Auto fährt." Das Manöver ist für den Österreicher inakzeptabel: "Das geht nicht! Das war in meinen Augen ein Revanchefoul."
Die Bestrafung gehe für ihn in Ordnung, wie er gegenüber 'Sky' klarstellt: "Das ist ein Riesenfoul, das auch von den Rennkommissaren geahndet wurde. Zehn Sekunden - darüber kann man diskutieren, ob das genug ist. Aber die Entscheidung muss man respektieren. Es war klar Sebastians Schuld."
Dass Lauda auf Hamiltons Seite ist, darf durch seine Funktion nicht überraschen. Doch auch Ex-Formel-1-Pilot Timo Glock, eigentlich ein Freund Vettels, sieht den Ferrari-Piloten klar als Schuldigen. "Wieso er ihm da rein fährt? Keine Ahnung!", wundert sich der Deutsche gegenüber 'RTL' selbst über den "Kurzschluss" Vettels. "Das kann er uns nur selbst beantworten."
Timo Glock: "Das war schon bewusst..."
Glock glaubt nicht, dass Vettel unbewusst in Hamiltons Boliden lenkte: "Das sah schon danach aus, dass er da bewusst nach rechts fährt. Ich glaube nicht, dass er mit der Hand gegen das Lenkrad geschlagen hat." Sonst wäre er laut dem Odenwälder "in die andere Richtung gefahren. Das war schon bewusst, ihm es da zu zeigen."
Glock glaubt aber nicht, dass der Crash der beiden von Vettel absichtlich herbeigeführt wurde: "Das hat er wohl in der völligen Emotion überschätzt, und dann gehen auch mit ihm mal die Pferdchen durch." Vettels Vorwurf, Hamilton habe einen Brake-Test beim Ferrari-Piloten durchgeführt, um diesen einzuschüchtern, hält Glock für unberechtigt: "Er hat einfach aus der Kurve raus nicht beschleunigt, weil das Safety-Car vorne noch unglaublich nah dran ist. Er darf es ja vor der Safety-Car-Linie nicht überholen. Das hat er anscheinend versucht, für sich zu timen."
Vettel wollte hingegen vermeiden, wie beim vorigen Restart von hinten in Bedrängnis zu kommen und sei daher besonders aggressiv gewesen: "Er wollte sich in Position bringen und dann fährt er ihm hinten drauf, weil er damit gerechnet hatte, er beschleunigt aus der Kurve raus."
"Wie ein Verkehrsrowdy": Hill forderte Ausschluss
Während Glock mit Vettel zumindest ein bisschen Milde walten lässt, spricht sich der britische Ex-Weltmeister Damon Hill für einen deutlich härteren Umgang mit Vettel aus. "Er verhielt sich wie ein Verkehrsrowdy. Und wenn man das im Straßenverkehr macht, dann wird man eingesperrt", findet er gegenüber 'Sky Sports F1' klare Worte. Der Deutsche sei normalerweise "cool und kontrolliert", habe aber mit der Aktion bewiesen, dass er "ein Hitzkopf" sei.
Hill vergleicht die Situation mit dem Fußball: Wenn es eine strittige Situation gibt und ein Spieler revanchiert sich mit einer Tätlichkeit, käme normalerweise nur die Rote Karte in Frage. "Mich würde es nicht überraschen", meint der ehemalige Rivale von Michael Schumacher.
"Denn so etwas dürfen sie nicht zulassen. Er hat sein Auto benutzt, um einem anderen einen Schlag zu geben, weil er nicht mochte, was er getan hat. Das zeigt, dass es ihm an Kontrolle mangelt. Das zeigt seinen Ärger und seinen Frust. Damit hätte er beide Autos beschädigen können. Das darf im Sport keinen Platz haben und erlaubt sein. Das geht einfach nicht."
Dennoch sei er froh, heute kein Rennkommissar zu sein. Erinnerungen an Situationen wie Adelaide 1994, als Schumacher vorgeworfen wurde, Hill im Titelkampf absichtlich ins Auto gefahren zu sein, werden wach. Oder an Jerez 1997, als dem damaligen Ferrari-Piloten sogar Platz zwei in der Weltmeisterschaft aberkannt wurde, weil er Jacques Villeneuve im Titelkampf abgeschossen hatte. Hill geht einem Vergleich aber aus dem Weg: "All diese Situationen sind ein bisschen anders", sagt er gegenüber 'Sky'.