Nach seinen 100 Testrunden in Abu Dhabi erläutert Robert Kubica ausführlich, wie es ihm körperlich ergangen ist und warum er auf das Williams-Stammcockpit hofft
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Robert Kubica hat seine ersten Erfahrungen am Steuer des 2017er Williams-Boliden gesammelt. Am Dienstag, dem ersten von zwei Tagen des Pirelli-Reifentests der Formel 1 auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi, drehte Kubica 100 Runden und erzielte dabei eine persönliche Bestzeit von 1:41.296 Minuten. Mit dieser Zeit rangierte er auf Platz acht im Klassement, bevor er den Tag planmäßig vorzeitig beendete.
"Ich finde, es war ein produktiver und intensiver Tag, wenngleich ich nicht den ganzen Tag lang im Auto saß", so Kubica, der den Williams FW40 für die Nachmittagsstunden an Stammfahrer Lance Stroll übergeben hat. Am Mittwochnachmittag wird der Pole allerdings nochmals auf die Strecke gehen.
Die "100 Runden mit einem für mich neuen Auto und und vielen verschiedenen Dingen, wie den zahlreichen unterschiedlichen Reifenmischungen" bezeichnet Kubica als "das, was wir uns vorgenommen hatten". "Was die gewonnenen Information betrifft, war es für mich ein produktiver Tag und ich hoffe, dass mein Feedback auch für das Team hilfreich sein wird", so der 32-jährige Pole, der sich Hoffnungen macht, für die Saison 2018 das zweite Williams-Stammcockpit zu ergattern.
Im August dieses Jahres hatte Kubica seine ersten Erfahrungen überhaupt am Steuer eines 2017er-Boliden gesammelt. Damals fuhr er auf dem Hungaroring den Renault RS27. Welche Unterschiede sind beim Vergleich Williams vs. Renault aufgefallen? "Es gibt eine ganze Reihe von Unterschieden. Obwohl die Jungs eine lange Saison hinter sich haben, war die Atmosphäre in der Box sehr gut. Das hat mich schon überrascht, wenn man bedenkt, wie lang und ermüdend die Saison für sie gewesen sein muss. Was das Auto betrifft, so ist es natürlich ein anderes. Das gilt aber auch für die Strecke und für die Reifen. Für mich war im Grunde alles neu."
"Dennoch konnte ich einige der Erfahrungen aus Budapest einfließen lassen", bemerkt Kubica, der vor einigen Wochen auf dem dortigen Hungaroring auch den 2014er-Williams getestet hatte und damit seinen Einstand im Williams-Team gegeben hatte. Am Set-up des aktuellen FW40 habe er am Dienstag nicht gearbeitet, wie der Pole betont: "Wir haben die Balance mehr oder weniger so gelassen, wie sie vom Team voreingestellt wurde. Natürlich muss man ein paar fahrerspezifische Anpassungen vornehmen, aber wenn wir noch mehr Zeit haben, dann lässt sich das noch ausweiten. Grundsätzlich ging es heute darum, Vergleiche mit verschiedenen Reifenmischungen zu fahren."
Einschränkungen ja, aber...
Eines unterstreicht Kubica ganz deutlich: "Für mich ging es heute nicht darum, das Maximum aus dem Auto herauszuquetschen. Das Ziel war es, von Beginn an ein vernünftiges Tempo zu fahren, sodass wir mit konstanten Runden die Reifen evaluieren konnten. Das war der Plan für den Tag und ich denke, den haben wir erfüllt."
Und noch etwas stellt der Pole, dessen Verletzungen am rechten Arm beim schweren Rallye-Unfall im Februar 2011 in Italien erheblich waren, klar heraus: "Jemand sagte, ich würde mit einer Hand fahren. Ich fahre nicht mit einer Hand, es ist gar nicht möglich, ein Formel-1-Auto mit einer Hand zu fahren. Es stimmt aber, dass ich ein paar Einschränkungen habe. Das menschliche Gehirn funktioniert so, dass es körperliche Einschränkungen überwinden kann. Das ist normales tägliches Leben und etwas, mit dem ich vertraut bin."
Kubica beschloss den Tag mit vier Longruns über jeweils 14 Runden. "Ich bin zufrieden damit, wie meine Longruns gelaufen sind, muss aber auch sagen, dass die schon bei den vorherigen Tests gut waren", macht Kubica bei Williams Werbung in eigener Sache und stellt bezüglich seiner Fitness heraus: "Das zeigt, dass sich mein Programm abseits der Strecke ausgezahlt hat."
"Wenn ich daran denke, wo ich herkomme, muss ich zufrieden sein", betont Kubica. Bezogen auf das Vertrauen ins Auto lässt er wissen: "Da gibt es natürlich noch Luft nach oben, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Ich glaube nicht, dass man nach der ersten Fahrt in einem neuen Auto mehr Selbstvertrauen haben kann. Mein Selbstvertrauen ist groß und ich bin zuversichtlich, dass ich es schaffen kann."
In diesem Zusammenhang stellt der ehemalige Formel-1-Stammfahrer heraus, dass alle seine Testfahrten, die er in diesem Jahr absolviert hat (zwei davon in 2017er-Autos) unterschiedliche Ziele hatten. "Ich habe jetzt insgesamt sechs Tests absolviert - alle mit unterschiedlichen Aufgaben und Zielen. Abgesehen von den ersten beiden für Renault, bei denen es um eine grundlegende Einschätzung ging, gab es immer feste Programme für entweder das Team oder für Pirelli. Das heißt, es gibt nicht wirklich Zeit, um die Tests für mich selbst zu nutzen. Alles, was ich tun kann, ist so viele Informationen wie möglich aufzusaugen, um sie für mich nutzen zu können."
Vorausschau auf Mittwoch und die Zukunft
"Natürlich wäre es besser, mit 80 Prozent Erfahrung und 20 Prozent Neuerungen zu fahren. Das ist aber nicht der Fall, weil ich mich jeweils nach wenigen Runden wieder an etwas Neues gewöhnen muss", so Kubica, der damit beispielsweise auf die unterschiedlichen Reifenmischungen, die er am Dienstag im Auftrag von Pirelli testen musste, verweist.
Am Mittwoch wird der Williams FW40 zunächst vom kürzlich von Renault zu Williams gelotsten Sergei Sirotkin gefahren, bevor Kubica das Auto am Nachmittag übernehmen wird. "Wenn ich morgen noch einmal einen so guten Tag wie heute oder vielleicht sogar einen noch besseren Tag haben sollte, dann wäre das klasse. Der heutige Tag hat mir sehr geholfen hinsichtlich des Selbstvertrauens und bezogen darauf, was möglich ist, was schwierig ist und was besser wird", unterstreicht Kubica.
Und so blickt der hoffnungsvolle Anwärter auf das zweite Williams-Cockpit vor seinem Einsatz am Mittwoch schon einmal weiter voraus: "Wenn das hier der Beginn von etwas gewesen sein sollte, dann war es ein guter Beginn, auf dem sich aufbauen lässt. Wenn daraus nichts werden sollte, dann war es trotzdem wert, es versucht zu haben."