Ross Brawn und Co. würden die Formel 1 nach der Absetzung von Bernie Ecclestone gerne umkrempeln - Aktuell sind ihnen dabei allerdings noch die Hände gebunden...
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Ross Brawn hat seine Arbeit als neuer Sportchef der Formel 1 noch gar nicht richtig aufgenommen, da steht bereits ein ganzer Haufen potenzieller weitreichender Änderungen in der Königsklasse im Raum. Vom Aus der Strategiegruppe war bereits die Rede, dem Ende der Bonuszahlungen für die Topteams, und auch eine Budgetobergrenze steht - wieder einmal - im Raum. Viele Fans würden die Änderungen mit offenen Armen empfangen, doch Fakt ist, dass diese einige Zeit brauchen werden.
"In Bezug auf die kommerziellen Verträge können wir sehr wenig unternehmen", bremst Brawn im Gespräch mit 'auto motor und sport' die Erwartungen. Hintergrund: Die Einnahmenverteilung in der Formel 1 ist bis 2020 vertraglich geregelt. Bis zu diesem Zeitpunkt können Brawn und Liberty also ohnehin nicht an den zugesicherten Bonuszahlungen für die Topteams rütteln.
2016 erhielt beispielsweise alleine Ferrari einen Bonus in Höhe von 105 Millionen US-Dollar - leistungsunabhängig wohlgemerkt. Red Bull (74 Millionen), Mercedes (74), McLaren (32) und Williams (10) erhielten ebenfalls Bonuszahlungen. "Die Geldverteilung und Entscheidungsprozesse sind festgeschrieben", erklärt Brawn. Mit anderen Worten: In den Bereichen, in denen Liberty gerne etwas ändern würde, sind ihnen die Hände aktuell noch gebunden.
"Der Regelfindungsprozess ist für die nächsten Jahre festgeschrieben. Da wird es keine Alleingänge geben. Woran wir arbeiten müssen ist die Frage, ob dieser Prozess noch gut genug ist, und ob wir uns für das neue Abkommen etwas anderes überlegen", grübelt der 62-Jährige. Allerdings darf durchaus bezweifelt werden, dass die Topteams ihr Privilegien einfach so hergeben werden.
"Agieren statt reagieren"
"Ich erhoffe mir aber auch hier, dass wir als Rechteinhaber in Zukunft früher über Regeländerungen nachdenken und uns mehr in die Zusammenarbeit mit den Teams und der FIA einbringen. Jede Gruppe in der Formel 1 hat seine Prioritäten. Die Teams wollen Rennen gewinnen. Die FIA will eine gesunde Formel 1 haben und den Sport fair und ordentlich regieren", erklärt Brawn.
"Unsere Priorität muss es sein, den Sport so unterhaltsam und attraktiv wie möglich für die Zuschauer gestalten. Das soll aber nicht so geschehen, dass wir abwarten, bis etwas nicht funktioniert. Oder etwas ändern, ohne zu eine Vorstellung zu haben, wie es sich auf der Rennstrecke auswirkt. Wir wollen früh genug Schwachpunkte und Verbesserungsbedarf aufspüren", verspricht er.
"Unser Ziel ist es zu agieren und nicht mehr auf jede vermeintliche Krise zu reagieren", so Brawn. "Zuerst muss man einmal erkennen können, was eine Krise ist. Dann muss man in der Lage sein, zu reagieren. Aber es hat keinen Sinn immer nur auf Probleme zu antworten. Wir wollen die Probleme an der Wurzel packen, bevor sie welche werden", erklärt der 62-Jährige.
Langfristige Planung im Vordergrund
"Deshalb schauen wir jetzt bereits, wo wir den Sport 2018 und 2019 haben wollen. Ich werde eine kleine Gruppe von Spezialisten zusammenstellen, die mir Vorschläge und Ideen erarbeitet, wie wir den Sport verbessern können. So etwas existiert im Moment nicht. Die Teams sind zu sehr mit ihren eigenen Aktivitäten beschäftigt", sagt Brawn. Schnellschüsse soll es in den kommen Jahren nicht mehr geben.
"Ich will sicherstellen, dass wir die richtigen Schritte machen, statt wild in der Gegend herumzuschießen. Eine gute Lösung, die Zeit braucht, ist immer noch besser als eine, die nicht funktioniert", erklärt der langjährige Weggefährte von Rekordchampion Michael Schumacher, der sich 2016 "auf jeden Fall die Rennen zu Beginn der Saison" vor Ort anschauen möchte.
"Und ich werde zu den Testfahrten kommen, weil ich sehen will, wie die Autos aussehen. Wir haben eine radikale Regeländerung vor uns und sollten früh genug herausfinden, welche Auswirkungen das auf die Show haben könnte. Ich will vorbereitet auf das sein, was mich in Melbourne erwartet", so Brawn. Unklar ist derweil auch, was die Formel 1 in Zukunft generell erwartet. Zum jetzigen Zeitpunkt sind Dinge wie ein Budgetobergrenze oder eine fairere Verteilung der Einnahmen nicht mehr als eine Idee.