Sauber-Fahrer: Zeit für frischen Wind?

, 06.08.2012

Experte Marc Surer glaubt, dass Sauber mit einem Topfahrer mehr rausholen könnte, und empfiehlt seinen Landsleuten Heikki Kovalainen statt Kamui Kobayashi

Der Sauber-Ferrari C31 stand in dieser Saison schon zweimal auf dem Podium (Zweiter in Sepang und Dritter in Montreal, jeweils durch Sergio Perez), doch die meisten Experten sind sich darüber einig, dass mit diesem Auto sogar noch mehr gehen würde. Sogar Peter Sauber selbst ist der Meinung, dass der C31 der beste Sauber ist, den sein Team je gebaut hat - die BMW-Jahre einmal ausgenommen.

Aber eher bescheidene Qualifying-Leistungen (Top-10-Quote von nur 31,8 Prozent, erst zweimal in einer der ersten drei Startreihen) sowie gelegentlich inkonstante Vorstellungen der beiden Fahrer führen dazu, dass am Renntag seltener gejubelt werden kann, als das eigentlich möglich sein sollte. Viele fragen sich daher: Was würde ein zuverlässiges Kaliber wie Fernando Alonso erst mit dem besten Sauber aller Zeiten anstellen?

"Bei Perez ist es noch entschuldigt, weil er relativ neu ist. Aber auch da muss man natürlich sagen, dass er irgendwann wissen sollte, wie es geht", findet 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer. "Bei Kamui Kobayashi muss man ganz klar sagen: Der Mann hat zu viele Schwankungen. Er gefällt mir zwar, ist ein super Racer, aber er hat zu große Schwankungen, bringt es manchmal nicht auf die Reihe. Mit seiner Erfahrung müsste man das jetzt schon hinkriegen."

Perez an Kobayashi vorbeigezogen?

"Also ja, ein Topfahrer würde deutlich mehr rausholen, aber das gilt nicht nur für Sauber", vermutet der Schweizer und spielt damit vor allem auch auf Williams an, momentan mit 53:80 Punkten Rückstand hinter Sauber auf dem siebten Platz der Konstrukteurs-WM. Teamintern führt Kobayashi zwar im Qualifying-Duell knapp mit 6:5, nach Punkten liegt er gegen Perez aber mit 33:47 im Rückstand. Kein Wunder, dass der Eindruck vorherrscht, Kobayashis Formkurve zeige nach unten.

Der Japaner ersetzte am Saisonende 2009 den verletzten Timo Glock bei Toyota und brillierte dabei zwar nicht durch überragenden Speed, zeigte aber Herz, als er den angehenden Weltmeister Jenson Button in Sao Paulo rundenlang hinter sich hielt. Auch in seiner Sauber-Premierensaison 2010 - der letzten in der Formel 1 ohne die Überholhilfen DRS und KERS - tat er sich besonders durch seine Kämpferqualitäten im Rad-an-Rad-Duell hervor.

"Leider ist es so, dass die Fahrer, die super überholen konnten, nicht mehr hervorstechen, denn durch das DRS kann das jeder. Das ist schade, weil eine Fähigkeit nicht mehr zur Geltung kommt", bedauert Surer, aber Sauber-Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn bezweifelt, ob teamintern wirklich eine Verschiebung pro Perez stattgefunden hat: "Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich der Fall ist. Die Ergebnisse zeigen nicht das vollständige Bild."

Kaltenborn nimmt Kobayashi in Schutz

"Kamui hat gute Leistungen erbracht, aber er hatte ein bisschen Pech", analysiert sie. "Im Qualifying gab es zweimal Probleme am Auto - nur an seinem - und andererseits trug die riskante Strategie von Sergio in Malaysia Früchte, sodass er plötzlich im Rampenlicht stand. Einige Faktoren haben Sergio in die Hände gespielt, während bei Kamui so manches nicht geklappt hat. Aber es ist noch eine halbe Saison zu fahren und Kamui kann durchaus zu Sergio aufschließen."

Kaltenborn will ihren derzeitigen Fahrern noch Zeit geben und wird die Entscheidung für 2013 "nicht so bald" bekannt geben. Die immer lauter werdende Kritik an Perez/Kobayashi kann sie nicht nachvollziehen: "Die Entwicklungskurve von beiden ist gut. Man darf nicht vergessen, dass Kamui erst in seiner dritten und Sergio erst in seiner zweiten vollen Saison ist." Insgesamt stellt die Österreicherin den beiden ein "zufriedenstellendes" Zeugnis für 2012 aus.

Vertraglich scheint es laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' so zu sein, dass Perez dank des Telmex-Deals noch bis Ende 2013 an Sauber gebunden ist (sofern Carlos Slim ihn nicht bei einem Topteam unterbringen kann), während Kobayashis Vertrag am Saisonende ausläuft. Für das Cockpit des Japaners bewerben sich mehrere Kandidaten - darunter auch Heikki Kovalainen, den Sauber nur zu gerne verpflichten würde.

Surer empfiehlt Kovalainen

"Das macht Sinn", findet Surer. "Kovalainen hat erkannt, dass das seine letzte Chance ist, in einem mittleren Team neu anzufangen, und bringt derzeit eine Leistung, die sensationell ist, denn seine Teamkollegen sind weit weg von ihm. Der drängt sich wirklich auf für eine bessere Aufgabe. Wahrscheinlich war er zu früh in einem Topteam, aber er hat jetzt einen Neustart gemacht und ist jetzt reif für eine größere Aufgabe. Das wäre einer."

"Und wir dürfen Adrian Sutil nicht vergessen", bringt er einen weiteren Namen ins Spiel. "Adrian ist ein sicherer Wert, wie er in den vergangenen Jahren immer wieder bewiesen hat." Dass der ehemalige Force-India-Pilot 2012 ein Jahr Zwangspause gemacht hat, sei kein Problem: "Gegenüber anderen, die wieder zurückgekommen sind, ist er noch heiß. Er hat noch nicht abgeschlossen, und das ist ganz wichtig."

Fraglich ist allerdings, ob Sauber in der Fahrerfrage überhaupt frei entscheiden kann oder auch auf finanzielle Gesichtspunkte Rücksicht nehmen muss. Sutil würde wenig, Kovalainen gar kein Geld mitbringen - und in Hinwil muss seit Monaten jeder Franken zweimal umgedreht werden. Da könnten plötzlich auch Kandidaten wie Bruno Senna interessant werden - oder man überredet Slim dazu, in ein rein mexikanisches Team mit Perez und Testfahrer Sergio Gutierrez zu investieren...

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