Worauf Lewis Hamilton und Nico Rosberg die Niederlage von Sepang zurückführen, ob sie eine Wiederholung befürchten und wem Schanghai entgegenkommt
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In Sepang trauten viele Fans ihren Augen nicht: Im Vorjahr hatte Ferrari gerade mal zwei Podestplätze eingefahren, und plötzlich kämpfte Sebastian Vettel erfolgreich gegen die scheinbar unbesiegbaren Mercedes-Silberpfeile. Ein Sieg im zweiten Rennen - damit hätten nicht einmal die größten Vettel- und Ferrari-Fans gerechnet.
Dementsprechend groß ist die Spannung vor dem dritten Saisonrennen in Schanghai: War Malaysia ein Gradmesser für die Saison, oder siegte Vettel nur, weil Mercedes Probleme hatte? "Wir haben nicht gewonnen, weil sie ein Problem hatten, sondern weil wir wir es verdient haben", widerspricht Vettel im Vorfeld des Grand Prix von China dieser These. "Das ist sehr positiv."
Nico Rosberg, der sich in Sepang nicht nur hinter Vettel, sondern auch erneut hinter seinem Stallrivalen Lewis Hamilton anstellen musste, nimmt die neue Gefahr aus Maranello ebenfalls ernst. "Das war ein Schock", sagt der Vizeweltmeister, schwächt dann aber ab: "Okay, das Wort Schock ist vielleicht ein bisschen zu hart, aber es hat nicht viel gefehlt, denn wir hatten das überhaupt nicht erwartet. Wir waren sehr zuversichtlich, dass wir die Schnellsten sind, das war also sehr überraschend und auf jeden Fall ein großer Weckruf für uns."
Hamilton: Trainingsdefekt war schuld
Mercedes spürte in Malaysia erstmals seit der Reglementrevolution 2014, dass man auch ohne technische Probleme verwundbar ist. Rosberg versucht, dies positiv zu sehen: "Das merkt man auch im Team, denn wir haben jetzt einen frischen Impuls bekommen, was gut für uns ist, weil uns das vorantreibt."
Doch was waren wirklich die Gründe, warum Mercedes in Sepang nicht an die Form vergangener Rennen anschließen konnte? Hamilton schlägt selbstkritische Töne an: "Wir haben viele Fehler gemacht und hätten vieles besser machen können." Der 30-Jährige verweist auf seinen Technikdefekt am Freitag, der ihn ein ganzes Training kostete.
"Wenn wir die Probleme im Training nicht gehabt hätten, dann hätten wir besser gewusst, wie lange die Reifen halten werden", spielt er darauf an, dass Mercedes im Rennen einen Boxenstopp mehr machen musste als Ferrari. Das Problem: Man hatte wegen des Defekts kaum Zeit, den F1 W06 im Longrun auszuprobieren. Und so war das Setup nicht ausgefeilt genug.
Keine Katastrophe für Weltmeister
"Unser Longrun war wirklich kurz, dauerte nur sechs Runden, dabei sind die Runden danach die wichtigsten", erklärt der Weltmeister. "Wir hätten beim Setup ein paar Dinge geändert, wenn wir diese Runden hätten fahren können."
Hamilton versucht aber, die richtigen Relationen herzustellen: Das Wochenende in Malaysia war zwar ein Rückschlag, aber keine bittere Niederlage. "Obwohl es ein schwieriges Wochenende für uns war, wurden wir immer noch Zweiter und Dritter", stellt er klar. "Das ist keine große Katastrophe, das kann man lassen. Man kann nicht jedes Wochenende hinbekommen und dass man einmal ein Training verpasst, das kann immer passieren."
Vettel: Wo ist der Vorsprung?
Ähnlich schätzt auch Vettel die Lage ein. Er glaubt, dass sein Team ein perfektes Wochenende benötigt, damit man den Silberpfeilen gefährlich werden kann. "Der Vorsprung, den sie bei den Wintertests und in Australien gehabt haben, den hatten sie nicht in Malaysia, aber der löst sich leider nicht einfach so in Luft auf", hält der viermalige Weltmeister ein Wunder für unwahrscheinlich. "Sie sind auch hier die Favoriten, und wir müssen schauen, dass wir ein sauberes Wochenende ohne Fehler und Probleme mit dem Auto haben und somit die Form bestätigen können, die wir nicht nur in Malaysia hatten, sondern auch schon in Australien."
Das könnte sich auch auf das Mercedes-Stallduell auswirken: Bislang gingen Rosberg und Hamilton stets mit der gleichen Strategie ins Rennen, damit die beiden einander mit den gleichen Waffen bekämpfen können. Wenn aber eine Bedrohung aus einem anderen Lager auftaucht, könnte Mercedes gezwungen sein, die Strategien zu splitten, damit man flexibler ist und zumindest mit einem Auto bessere Chancen auf den Sieg hat.
"Für mich als Fahrer ist es natürlich ungut, aber so ist es halt", ist Rosberg bewusst, dass sein Team wenig Handlungsspielraum hat. "Ich fahr für Mercedes, und so früh im Jahr müssen wir natürlich viel ans Team denken. Es kommt voll auf Ferrari drauf an. Wenn sie voll da sind, kommt das vielleicht öfter."
Schanghai: Rosberg rechnet mit Dominanz
Dennoch ist er zuversichtlich, dass Mercedes an diesem Wochenende wieder die alte Hackordnung herstellt. Und zwar nicht vorrangig wegen der Flügel-Updates, die das Team nach Schanghai gebracht hat, sondern wegen der Charakteristik der Strecke: "Die wird uns viel mehr liegen als Malaysia, und daher bin ich mir sicher, dass wir hier wieder stärker sein werden und das Rennen unter uns ausmachen werden."
Tatsächlich galt Schanghai seit langem als guter Boden für Mercedes: Auf dem Kurs, der ungewöhnlicherweise nicht die Hinterreifen, sondern die Vorderreifen belastet, sicherten sich Mercedes und Rosberg 2012 den ersten Grand-Prix-Sieg. Damals galt der Silberpfeil als chronischer Hinterreifen-Fresser, doch die niedrigen Temperaturen und die Charakteristik des Kurses machten diese Schwäche wett. Das könnte Mercedes auch diesmal in die Karten spielen.