Die Zeit drängt: McLaren-Boss Zak Brown betont, dass sein Team zur Partnerschaft mit Honda steht - Einige Sponsoren scheinen aber langsam Druck zu machen
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Der Saisonauftakt in Melbourne droht für McLaren-Honda zum Debakel zu werden. Nachdem das Traditionsteam bei den Testfahrten in Barcelona wiederholt mit großen Problem zu kämpfen hatte, könnte das Rennen in Australien zu einer besseren Testsession werden - wieder einmal. "Nach zwei schwierigen Testwochen stellen wir uns auf ein schwieriges Wochenende in Melbourne ein", macht sich Fernando Alonso keine Illusionen.
"Wir werden mit unseren Möglichkeiten das Beste geben", verspricht der Spanier. Welche "Möglichkeiten" das letztendlich sein werden, hängt zu einem großen Anteil von Motorenpartner Honda ab. Die Japaner, deren Antriebseinheit im Winter in Spanien quasi pausenlos Ärger machte, tappten nach dem Ende der Testfahrten auf der Suche nach den Problemen noch ziemlich im Dunkeln - kein gutes Zeichen.
"Weil die Zeit vor dem ersten Rennen so knapp ist, hast du kaum Möglichkeiten für größere Änderungen", weiß auch Alonso. Und nach den Testfahrten erscheint es momentan kaum vorstellbar, dass der MCL32 in Melbourne überhaupt die Zielflagge sehen wird. Eine komplette Renndistanz am Stück absolvierten in Spanien nämlich weder Alonso noch Teamkollege Stoffel Vandoorne.
"Zuallererst müssen wir an der Zuverlässigkeit arbeiten, bevor wir irgendwelche Aussagen über die Performance treffen können", erklärt der Spanier und ergänzt: "Wir werden versuchen, das Wochenende so gut es geht zu genießen." Es klingt fast ein bisschen nach Sarkasmus und nach den üblichen Durchhalteparolen, die man von McLaren nun bereits seit Beginn der Saison 2015 hört.
"Partner erwarten Ergebnisse"
Stoffel Vandoorne erklärt vor seiner ersten Saison als Stammpilot in der Formel 1: "Es ist ein Traum, auf den ich in meiner ganzen Karriere hingearbeitet habe." Er fühle sich "absolut bereit" für die Aufgabe, doch trotzdem setze er sich vor dem ersten Rennen des Jahres "keine speziellen Ziele" - und das aus gutem Grund. Auch der ehemalige GP2-Champion weiß um die brenzlige Situation in Woking.
So darf sich auch der neue McLaren-Boss Zak Brown in seiner ersten kompletten Formel-1-Saison gleich einmal als Feuerwehrmann beweisen. "Wir sprechen mit Honda und versuchen gemeinsam herauszufinden, was die beste Langzeitstrategie ist. Allerdings brauchen wir auch kurzfristig Ergebnisse", so Brown gegenüber 'Racer'. Auffällig: Während des Gesprächs hebt Brown den Zeitfaktor immer wieder hervor.
"Wir werden ein guter Partner für sie (Honda; Anm. d. Red.) sein und die verschiedenen Szenarien durchgehen", verspricht Brown. "Aber wir müssen die Situation schnell verbessern. Also schauen wir uns alle Möglichkeiten an", sagt der 45-Jährige und erinnert: "Wir sind gegenüber Honda loyal, aber wir haben auch andere Partner, die Ergebnisse erwarten." Und genau hier liegt der große Balanceact für Brown und McLaren.
Viele Sponsoren sind bereits weg
"Sie sind großartige Partner und großartige Menschen", erklärt Brown im Hinblick auf Honda. Doch der McLaren-Boss muss sich nicht nur um den Motorenpartner kümmern, er ist auch dafür verantwortlich, dass andere wichtige Sponsoren des Teams nicht abspringen. Genau diese Gefahr besteht allerdings, wenn die Ergebnisse nicht besser werden. Einige Partner hat McLaren schon verloren.
Bereits zur Saison 2014 verabschiedete sich Titelsponsor Vodafone. Das war allerdings noch vor der Honda-Zeit, diesen Verlust kann man den Japanern also nicht in die Schuhe schieben. Doch 2015 verlor man unter anderem mit TAG Heuer einen langjährigen Partner und Sponsor, 2016 sprang zuletzt auch noch Exxon/Mobil ab. Beide engagieren sich mittlerweile bei Red Bull.
Es dürfte kein Zufall sein, dass Sponsoren, die McLaren teilweise über Jahrzehnte begleitet haben, das Team ausgerechnet in der wohl schwierigsten Phase der jüngeren Geschichte verlassen. "Wir wollen Rennen gewinnen - aber wir wollen sie mit Honda gewinnen", betont Brown, der sich durchaus bewusst ist, dass die Japaner viel Zeit und Geld in das gemeinsame Projekt mit Woking investiert haben.
Wettlauf gegen die Zeit?
Doch die Uhr tickt gegen McLaren. "Wie werden es hinbekommen, wir müssen es nur so schnell wie möglich schaffen", betont Brown noch einmal. Sollte es für das Team 2017 nämlich wieder einen Schritt zurück statt einen nach vorne gehen, würden sich einige Sponsoren wohl zweimal überlegen, ob sie ihre Partnerschaft mit dem Traditionsteam weiterhin fortsetzen wollen.
Aktuell lebt McLaren ohnehin fast nur noch von den Erfolgen der Vergangenheit. Der letzte Konstrukteurstitel (1998) liegt mittlerweile schon knapp 20 Jahre zurück. Doch gerade deshalb erklärt Brown, dass der Wechsel zu Honda, der weit vor seiner Zeit eingefädelt wurde, damals die "richtige Entscheidung" gewesen sei. "Letztendlich musst Du ein Werksteam sein, um Meisterschaften zu gewinnen", so Brown.
Doch ist die Beziehung zwischen McLaren und Honda überhaupt noch zu retten? Zwar läuft der Vertrag zwischen beiden Parteien noch bis 2024, doch zuletzt berichteten mehrere Medien, dass McLaren bei Ex-Partner Mercedes bezüglich einer Rückkehr schon einmal vorgefühlt habe. Bei Honda beteuerte man daraufhin, dass man weiterhin mit McLaren zusammenarbeiten wolle. Aber wie lange beruht das noch auf Gegenseitigkeit...?