Stadtrundfahrt per Taxi: Webber versteht "skurrile" Strafe nicht

, 24.09.2013

Obwohl eine Taxifahrt nicht per Reglement verboten ist, wurde Mark Webber in Singapur bestraft - und versteht es nicht: Trotzdem ist die Lage eigentlich eindeutig

Eine Taxifahrt kostet in Deutschland im Normalfall ein paar Euro. In der Formel 1 hat sie Mark Webber hingegen zehn Startplätze beim nächsten Rennen in Südkorea gekostet - wobei das nur der halben Wahrheit entspricht, denn einerseits wurde die Aktion nur mit einer Verwarnung bestraft, die beim Australier in Summe dann zu einer Zurückversetzung geführt hat - und zum anderen wurde gar nicht die Taxifahrt an sich bestraft.

Denn eine solche Aktion ist laut Regelbuch nämlich nicht verboten. Fernando Alonso und Mark Webber wurden aus anderen Gründen für ihr Vergehen verwarnt. Der Spanier wurde für Bruch des Artikels 30.13 des Sportlichen Reglements belangt, in dem steht, dass ein Fahrer nicht unnötig langsam oder unberechenbar fahren darf - und auch nicht so, dass andere Fahrer oder Personen dabei gefährdet werden können.

Eine Überwachungsaufnahme zeigte allerdings, wie Lewis Hamilton dem plötzlich stoppenden Fernando Alonso gerade noch hat ausweichen können und auch zur Gefahr für Webber selbst hätte werden können. "Ich war auf meiner In-Lap, kam dort um die Kurve, und da stand Fernando. Ich war wirklich schockiert! Ich bin dann rechts ausgewichen, aber wenn Mark dort gerade langgelaufen wäre, hätte ich ihn auch leicht überfahren können", erklärte der Mercedes-Pilot gegenüber 'Fox Sports'.

Die Erlaubnis der Marshalls fehlte

Mark Webber wurde hingegen nach Passus 30.9 (b) belangt, der es Fahrern nur erlaubt, die Strecke zu betreten, wenn sie die ausdrückliche Genehmigung eines Marshalls haben. Es wurde berichtet, dass sich Webber sogar gegen ein Verbot der Marshalls hinweggesetzt hätte, doch dem widerspricht der Red-Bull-Pilot deutlich: "Es gab keine Interaktion mit irgendeinem Marshall, nachdem wir den Brand gelöscht hatten", ließ er via 'Twitter' verkünden. Doch damit ist auch klar, dass Webber keine Erlaubnis hatte.

Die Verwarnung war daher die logische Konsequenz der Rennstewards. Und da es nach der Kollision mit Nico Rosberg in Bahrain und dem Ignorieren der Gelben Flaggen im Training von Kanada schon die dritte Verwarnung in diesem Jahr für Webber gehagelt hat, muss er in Südkorea nun zehn Startplätze zurück. Nach Pastor Maldonado in Brasilien im vergangenen Jahr ist der 37-Jährige nun der zweite Fahrer, den diese Strafe trifft.

Doch so richtig einsehen möchte der Australier seine Bestrafung nicht. "Für Fernando und mich sind die Verwarnungen für unsere Aktion nach dem Rennen ziemlich skurril, gelinde gesagt", twitterte er über das soziale Netzwerk. Was witzig klingt, ist in Wahrheit tiefe Frustration, wie TV-Experte Martin Brundle bestätigt: "Ihr habt keine Ahnung, wie angepisst er über die Strafversetzung in Südkorea ist", schrieb auch der Ex-Pilot bei 'Twitter'.

Berger: Man fällt schnell runter...

Doch Webber bleibt wohl nichts anderes übrig, als die Strafe hinzunehmen und sie in zwei Wochen abzusitzen. "Es ist sehr frustrierend, aber die Stewards haben ihre Entscheidung getroffen", wird er von der australischen Zeitung 'West Australia' zitiert. "Das wird mein Rennen in Südkorea beeinträchtigen, was hart zu schlucken ist." Die Formel-1-Welt ist gespalten, was die Aktion und ihre Auswirkungen betrifft.

Einer, der solche Taxifahrten noch aus seiner eigenen Zeit kennt - und sie damals auch gemacht hat - ist Gerhard Berger. Und gerade weil er einige Erfahrungen damit gemacht hat, hält der Österreicher die Aktion für total wahnsinnig. "Wir haben das früher immer gemacht - und es war so gefährlich", erzählt er bei 'ServusTV'. "Ich erinnere mich, dass ich manchmal da oben gesessen habe, nur der Fahrer hat nach zwei Stunden auf Tempo 300 kein Gefühl mehr für die Geschwindigkeit."

"Der kann kaum langsam fahren, der kann das nicht einschätzen", kann er der Hilfestellung von Alonso nichts abgewinnen. "Und gerade bei diesen Rückfahrten zur Box, da fährt er nach Gefühl im Schritttempo durch die Kurve, aber es ist nicht Schritttempo. Man fällt da ganz schnell runter." Sein Fazit laut also: "Man hat das aus diesem Grund verboten, und es ist klar, und man sollte es nicht machen. Es ist jetzt kein großes Vergehen, aber ich verstehe, dass da eine Strafe verhängt wurde."

Klärungsbedarf in Südkorea

Doch so ganz stimmt die Aussage von Berger wohl nicht, denn explizit verboten ist das Mitnehmen eines anderen Piloten auf dem Auto nicht. In Südkorea soll noch einmal über das Thema diskutiert werden, auch wenn die FIA nicht plant, einen Extrapassus einzuführen. Dafür soll die Thematik anders angegangen werden. Den Piloten soll noch einmal verschärft mitgeteilt werden, dass das Betreten der Strecke ohne Anweisungen der Marshalls verboten ist - genauso wie das grundlose Anhalten auf dem Kurs. Taxifahrten seien so theoretisch ausgeschlossen, da kein Fahrer mehr auf die Strecke laufen kann, wenn andere Autos in der Nähe sind.

Alles wird einzig aus dem Grund der Sicherheit so gehandhabt. Natürlich ist Sicherheit in der modernen Formel 1 ein zentrales Element, doch David Coulthard findet, man kann es auch übertreiben. "Sie haben gesagt, dass es 'potenziell gefährlich' sei. Aber wen haben Webber und Alonso denn in Gefahr gebracht? In Realität höchstens sich selbst", schreibt er in seiner BBC-Kolumne. Und das würden Rennfahrer sowieso jedes Mal tun, wenn sie in den Boliden steigen.

Der ehemalige Teamkollege des bestraften Australiers sieht eigentlich gar keine Sicherheitsbedenken, denn die Auslaufrunde sei der sicherste Zeitpunkt am gesamten Wochenende. "Ich würde keinem Rennfahrer in irgendeinem anderen Umstand trauen, aber in der Auslaufrunde nach einem Grand Prix macht er nur eines: Das Auto kontrolliert zurückbringen - egal in welcher Stimmung er ist", so der Schotte.

Auch wenn Regeln nun einmal Regeln sind, betont Coulthard, dass er die daraus resultierende Strafversetzung von Mark Webber für "viel zu hart" halte. "Natürlich sollten Regeln eingehalten werden, aber das heißt nicht, dass eine schlechte Regel bleiben sollte." Doch der Ex-Pilot sagt dies aus Überzeugung und nicht, weil der Australier mal sein ehemaliger Teamkollege gewesen ist oder besonders sympathisch sei. "Es hat auch nichts damit zu tun, dass es seine letzte Saison ist. Es ist einfach falsch."

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