Der Schotte versteht den Hamilton-Wechsel und lobt Dario Franchitti für seine Erfolge in Nordamerika: "Nur nach links zu lenken ist nicht einfach"
© Foto: xpbimages.com
Jackie Stewart war nie Mann, der lange um den heißen Brei herumgeredet hat. Damit fängt der Schotte auch im Alter von 73 Jahren nicht an und macht unumwunden klar, dass der Wechsel Lewis Hamiltons zu Mercedes für ihn ein Vabanquespiel ist. "Es ist ein Risiko", unterstreicht Stewart im Gespräch mit 'Metro' und pocht auf die Vorzüge, die ein Arbeitsplatz in Woking hat. "McLaren ist eine feste Größe im Formel-1-Geschäft, die Hersteller kommen und gehen." Sicherheit durch Tradition also.
Stewart wittert einen plötzlichen Ausstieg im Stile Toyotas, BMWs oder Hondas, sollten die Silberpfeile nicht erfolgreich sein. "Eine Vorstandsentscheidung, die fünf Minuten dauert", gibt der dreimalige Weltmeister zu bedenken. Auf der anderen Seite hat er Verständnis für die Psyche Hamiltons und erkennt in dem Wechsel den Wunsch, sportlich erwachsen zu werden. "Er ist nicht länger ein kleiner Junge, der Kart fährt", spielt der dreimalige Weltmeister auf dessen lebenslange McLaren-Laufbahn an.
Stewart bricht Lanze für US-Racing
Stewarts Saisonrückblick fällt insgesamt erfreulich aus: Er hätte sich sowohl mit Fernando Alonso als auch mit Sebastian Vettel als Champion anfreunden können, sein persönliches Highlight aber war der Lotus-Premierensieg des Kimi Räikkönen in Abu Dhabi - kein Wunder, schließlich steht Stewart bei Besitzer Genii Capital als Berater auf der Gehaltsliste. Neidisch, dass ein anderer Mann aus dem Norden der Britischen Inseln einen ihm misslungenen Coup vollendet hat, ist Stewart nicht.
Gemeint ist Dario Franchittis Sieg beim Indy 500, den Stewart um ein Haar schon Jahrzehnte zuvor eingefahren hätte. "Ich war acht Runden vor dem Ende in Führung", denkt Stewart an einen technischen Defekt zurück, der ihm einst den Sieg auf dem Brickyard kostete. "Manche Leute sind abschätzig gegenüber US-amerikanischen Fahrern und Motorsport, weil sie denken, es wäre simpel, nur nach links zu lenken", nimmt er Racing jenseits des Atlantik in Schutz, "aber das ist es nicht."
Moss, der Profi-Playboy
Franchitti zählt er deshalb nach vier IndyCar-Titeln zu den "Größten aller Zeiten" - eine Ehre, die Stewart selbst längst gebührt und auch den Protagonisten James Hunt und Niki Lauda in dem 2013 anlaufenden Kinostreifen Rush. Für den größten Lebemann der Formel-1-Geschichte hält er aber nicht den Weltmeister von 1976, dem dieser Ruf vorauseilt: "Sterling Moss war ein ziemlich guter Playboy. Er war schon beinahe so professionell darin, dass der Sport nicht gelitten hat." Bei Hunt sei das anders gewesen.
Und was wünscht sich eine Motorsport-Legende für das Jahr 2013? "Früher oder später einen Frankreich-Grand-Prix", entgegnet er angesprochen auf einen möglichen 20. Grand Prix im Kalender. Stewart lässt aber offen, ob in Magny-Cours, in Le Castellet oder auf einer anderen Strecke im Hexagon. Tradition ist in dieser Hinsicht Trumpf: "Die Franzosen haben im Jahr 1906 mit allem angefangen. Also würde es mir gefallen, wenn das Rennen zurück im Kalender wäre."