Mit Traumrunde zum neuen Monaco-Streckenrekord: Sebastian Vettel hält trotz der starken Performance den Ball flach - Man muss es umsetzen, wenn es zählt
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Perfekter Trainingsauftakt für Ferrari: Sebastian Vettel stellte am Donnerstag mit 1:12.720 Minuten einen neuen Streckenrekord im berühmten Fürstentum Monaco auf. Damit war der Deutsche um eine knappe halbe Sekunde schneller als Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo. Kimi Räikkönen folgte als Dritter. Vettel fuhr diese Traumrunde im Zuge einer Qualifying-Simulation mit dem violetten Ultrasoft-Reifen. Aber auch mit dem roten Soft fuhr Vettel starke Rundenzeiten.
Da Mercedes am Donnerstagnachmittag mehr als eine Sekunde Rückstand hatte (falsche Richtung beim Set-up), schlüpft die Scuderia in die Favoritenrolle. "Es ist erst Donnerstag", will Vettel das Trainingsergebnis nicht überbewerten. Trotz Rückstand in FT2 rechnet er mit den Silberpfeilen. "Ich weiß nicht, was bei ihnen heute los war. Es gibt sicher einen Grund dafür und sie werden am Samstag wieder mit voller Stärke dabei sein. Es wird eng, auch mit Red Bull."
Trotzdem ist eine halbe Sekunde Vorsprung eine starke Ansage. Vettel ist am Samstag ein heißer Tipp für die Pole-Position. Interessant: Am Ende des zweiten Trainings durften in der Startaufstellung Startübungen durchgeführt werden. Lewis Hamilton stellte sich auf die Pole-Position, Vettel reihte sich dahinter auf dem dritten Startplatz ein. Zufall? Es wird das wichtigste Qualifying des Jahres werden. 114 Meter sind es vom besten Startplatz zur ersten Kurve.
Zum letzten Mal startete im Jahr 2008 mit Felipe Massa im Fürstentum ein Ferrari von der Pole-Position. Ist diesmal Vettel an der Reihe? "Ob wir es dann umsetzen können, schauen wir mal", will er keine vollmundigen Ankündigen machen. "Auf eine Runde sah es ganz gut aus, das ist kein Geheimnis. Der Longrun ist schwer zu beurteilen, hier geht es im Verkehr immer rauf und runter. Da habe ich mich noch nicht ganz so wohl gefühlt. Da können wir noch einen Schritt zulegen. Es geht ums Finetuning, in jeder Kurve liegt noch etwas Zeit versteckt."
Und wo spielt der Ferrari SF70H seine Stärken aus? "Überall", antwortet Vettel wie aus der Pistole geschossen. "Das Auto hat gut funktioniert, über den Mittag konnten wir noch einen Schritt machen. Es geht um die Feinarbeit. Wir haben hier etwas mehr Zeit und können uns alles genau anschauen. Wir haben verstanden, was das Auto braucht, um noch schneller zu werden. Ob wir es dann umsetzen können, schauen wir mal."
"Hier ist es wichtig, ein gutes Gefühl für das Auto zu haben, um die Rundenzeit fahren zu können. Das beste Beispiel ist Daniel (Ricciardo; Anm. d. Red.) im Vorjahr, als er eine perfekte Runde gefahren ist, als es gezählt hat. Das wird für das Rennen am Sonntag sehr wichtig, aber es ist noch ein langer Weg. Im Rennen kann viel passieren. Wir versuchen unsere Hausaufgaben zu machen, damit wir für Samstag und Sonntag gut aufgestellt sind."
Breitere Autos: Ein paar "Küsse" der Leitplanken
Der perfekte Tag lief nur zu Beginn von FT2 nicht optimal, denn Vettel konnte erst mit einigen Minuten Verspätung auf die Strecke fahren. "Im ersten Training gab es eine Kleinigkeit, die länger brauchte, um behoben zu werden", erläutert der 29-Jährige. "Es war eine Vorsichtsmaßnahme, keine ernste Sache. Wir mussten den Unterboden abschrauben und waren dann etwas spät. Aber das war gar nicht schlecht, weil ich dann immer ein Fenster auf der Strecke hatte, wo ich die Runden ohne Verkehr fahren konnte."
Dennoch war auffällig, dass Vettel im Vormittagstraining einige Male die Randsteine küsste. Die breiteren und schnelleren Autos zollten ihren Tribut. "Wir sind schneller, wir haben mehr Grip. Der neue Asphalt trägt sicherlich auch dazu bei", erklärt Vettel seinen Streckenrekord. "Wenn es schneller geht, ist es für uns immer besser und macht mehr Spaß. Es rutscht zwar immer noch viel, am liebsten hätte man, dass es gar nicht rutscht. Aber wir dürfen uns nicht beschweren. Die Länge des Autos spürt man nicht so sehr, die Breite ein bisschen."
Räikkönen zweimal in der Boxengasse geblitzt
"Man hat sich über das Jahr schon daran gewöhnen können und man fährt ja nicht freiwillig irgendwo in die Bande. Es ist ein bisschen enger, vor allem bei den schnellen Richtungswechseln in der Schikane. Heute Morgen habe ich ein paar Mal die Wand geküsst. Es war nichts kaputt am Auto, aber nach dem dritten oder vierten Mal habe ich mir gesagt, ich sollte es sein lassen", schmunzelt Vettel. "Am Nachmittag war es dann okay. Es ist keine große Umstellung. Man merkt, dass die Autos ein wenig breiter sind, aber wenn man die Linie trifft, passt auch der Abstand zur Leitplanke."
Teamkollege Räikkönen musste am Donnerstag etwas "Kleingeld" an die FIA bezahlen. Im ersten Training wurde der Finne in der Boxengasse mit 61,7 km/h geblitzt. Dafür gab es eine Strafe von 200 Euro. Im zweiten Training erwischte ihn die FIA mit 63,4 km/h, wofür 400 Euro fällig wurden. Erlaubt sind in der engen Boxengasse in Monaco 60 km/h. Ansonsten lief sein Tag weitestgehend reibungslos. Räikkönens Longruns waren konkurrenzfähig, aber bei der einen schnellen Runde hatte er deutlich Rückstand auf Vettel. Räikkönen brauchte auch länger, um die violetten Reifen ins optimale Arbeitsfenster zu bringen.