Flavio Briatore: "Vergleichen wir Vettel nicht mit Schumacher oder Senna" - Peter Schöggl geht davon aus, dass Ferrari mehr als eine Sekunde aufgeholt hat
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In unserer Analyse der Formel-1-Testfahrten 2015 haben wir geschrieben, dass Ferrari im Vergleich zum März 2014 den Rückstand auf Mercedes von rund zwei Sekunden auf weniger als eine reduziert hat. Eine Einschätzung, die von den Experten geteilt wird. Denn auch Peter Schöggl, Chef des Geschäftsbereichs Motorsport beim österreichischen Antriebsstrang-Spezialisten AVL, ist sich sicher, dass Ferrari einen großen Sprung gemacht hat.
"Wenn man die Testfahrten analysiert, hat sich Ferrari um 1,1 Sekunden verbessert", rechnet Schöggl bei 'ServusTV' vor. Und er traut dem neuen Team von Sebastian Vettel zwischen dem Test Barcelona II und Melbourne sogar einen weiteren Schritt zu: "Sie waren immer noch 0,8 Sekunden hinter Mercedes. Mit der kurzen Nase sind es vielleicht nur noch 0,6 Sekunden." Aber: "Es sind eben immer noch 0,6 Sekunden..."
Indes begrüßt der ehemalige Weltmeistermacher von Michael Schumacher und Fernando Alonso, Flavio Briatore, dass Ferrari nach den nicht zufriedenstellenden Leistungen der vergangenen Jahre einen radikalen Umbruch eingeleitet hat: "Wenn ich dort gewesen wäre, hätte ich es genauso gemacht", sagt er über das Köpferollen unter anderem von Präsident Luca di Montezemolo, Teamchef Stefano Domenicali und Technikchef Pat Fry.
"Sie hatten zu viele Leute, zu viele Überschneidungen, zu viele Missverständnisse", analysiert Briatore beim italienischen TV-Sender 'Sky Sport 24'. Aber man müsse der neuen Führung unter Präsident Sergio Marchionne und Teamchef Maurizio Arrivabene Zeit geben: "Sie haben dieses Auto nicht gestern gebaut, sondern das wurde schon vor eineinhalb Jahren begonnen. Wenn es ein gutes Auto ist, dann ist es noch unter Domenicali und Montezemolo entstanden."
Briatore wünscht sich zwar "einen konkurrenzfähigen Ferrari", glaubt aber, dass "Mercedes und der Mercedes-Motor in Australien dominieren" werden. Vor allem wundert er sich, dass die italienischen Medien und auch die Tifosi Sebastian Vettel schon voll akzeptiert zu haben scheinen - etwas, wofür Michael Schumacher jahrelang gebraucht hat: "Die Italiener haben früher nie über Vettel geredet, aber jetzt, wo er bei Ferrari ist, ist er der Fahrer der Vergangenheit und der Zukunft."
"Davor war es so, als hätte er in der Formel 1 nicht existiert. Er gehört sicher zu den fünf oder sechs besten Fahrern, und mit einem guten Auto war er unschlagbar. Aber vergleichen wir ihn nicht mit Schumacher oder Senna", sagt Briatore. Schöggl widerspricht teilweise: "Man sollte nicht vergessen, dass Vettel eine Italien-Connection hat. Er ist für Toro Rosso gefahren, war mit Ferrari-Motor unterwegs. Vettel und Ferrari, Vettel und Italien, das war schon lange eine gute Beziehung."